Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition)
nicht.
Aber Crane blieb einfach stehen und bequasselte die Raubtierfrau, als wollte er eine Wahl gewinnen und als wäre sie das Wählervolk. Seine Hände gingen nach oben und zur Seite und manchmal tätschelten sie die Schulter der Frau.
Es war höchste Zeit. Jewel wusste nicht, wie lange sein Vetter und der Frog warten würden, aber er war jetzt schon furchtbar spät dran. Er überlegte, ob er einfach den Gehweg hinuntergehen und Crane gleich dort abservieren sollte. Das war jetzt nicht der Plan, aber die Umstände entwickelten sich auch nicht plangemäß.
Er beobachtete die beiden noch eine Weile und wartete ab, doch dann packte ihn plötzlich ein bebendes Verlangen, das ihn auf den Gehweg und in Cranes Richtung trieb. Er marschierte mitten auf dem Gehweg, wobei er anfangs noch auf seine Flinte achtete – doch dann ließ er sich von der Größe des Augenblicks überwältigen, hob die Flinte mit der rechten Hand und zielte, als wäre sie eine Pistole.
Die Passanten beschleunigten ihr Tempo, als Jewel sich näherte. Manche rannten los. Eine ganze Armee elegant gekleideter Fremder machte ihm Platz. Manche japsten und riefen Gott um Beistand an, während andere dank ihrer guten Umgangsformen einfach nur den Blick abwandten.
Als Jewel nur noch eine Cadillac-Länge von Crane entfernt war, schlug die Frau die Hand vor den Mund und stolperte ein paar Schritte rückwärts.
»Oh, Mr. Crane«, rief sie. »Was soll das?«
Der Gewehrlauf, der aufgrund der breiteren Streuung und des gefährlicheren Aussehens abgesägt war, zielte auf den leicht ergrauten Kopf von Teejay Crane.
Crane wich genau wie die Frau ein Stück zurück, als wäre die Flinte rein zufällig auf ihn gerichtet und würde sich auf jemand anderen richten, wenn er nur aus dem Weg ging. Doch die Mündung folgte ihm, und plötzlich sackten seine mächtigen Schultern nach vorn. Er blickte auf seine Füße und hob die Hände, als könnten ihn seine hellen Handflächen retten.
»Ich bin nicht besonders überrascht«, sagte Crane dumpf. »Ich hab’s geahnt.«
Als Jewel einen Schritt auf ihn zumachte, beschloss Crane, alles auf eine Karte zu setzen. Er versuchte, schneller wegzuhumpeln, als der Schrot ihm folgen konnte, doch sobald er den ersten Haken schlug, traf ihn ein Schuss in die Schulter. Im Fallen drehte er sich, sodass er wieder Jewel anschaute.
Der hatte den Knall gar nicht richtig gehört, spürte aber irgendwie, dass sein Arm vibrierte. Er pumpte noch eine Ladung in die Kammer. Auf dem Gehweg war Blut, und es spritzte aus Crane heraus wie aus einem kleinen Springbrunnen. Die Leute verschwanden von der Straße. Jewel blickte auf Crane hinunter, der ganz schmale Augen hatte und enttäuscht die Lippen aufeinanderpresste, als würde er sich über irgendeine Bagatelle ärgern.
Mit dem nächsten Schuss durchlöcherte Jewel die Stirn des Mannes. Dann drehte er sich blitzschnell um die eigene Achse.
»Das ist kein Witz!«, schrie Jewel. Er hörte das Echo seiner Stimme, vielleicht hatte er aber auch zweimal geschrien.
Mit der Mündung des Gewehrs auf den Boden gerichtet machte er sich auf den Weg zur Benton Street, aber mehrere Männer standen dort vor einer Ladenfront, und einer von ihnen steckte die Hand in sein Jackett.
»Lass das«, rief Jewel und wich zurück. »Ich seh wohl nicht recht!«
Er blickte die Straße hinauf und hinunter, machte kehrt, ließ die Flinte fallen und rannte den Weg zurück, den er gekommen war. Zuerst in gemäßigtem Trab, seine Route so klar vor sich wie im Traum, doch dann verpasste er die Seitenstraße. Er wollte umdrehen, weil diese Gasse doch der einzige andere Durchgang zum Fluchtauto war. Aber die Leute, die zwischen den geparkten Wagen Deckung gesucht hatten, tauchten wieder auf, und jemand rief, man solle ihn umbringen.
Da begann er zu rennen, so schnell er nur konnte. Durch Straßen, die er noch nie gesehen hatte. Straßen mit Leuten, die ihn nicht leiden konnten, das wusste er – selbst wenn sie ihn von Kindheit an gekannt hätten.
Jewels Gehirn fing an, vage Redensarten und kindische Weisheiten auszuspucken.
Manche Indianer können hundert Meilen am Tag zurücklegen. In der Wüste. Den Fleischvorrat am Gürtel.
Die Leute weigerten sich, ihm Platz zu machen, und er schob sie wortlos beiseite. Er hatte sich verirrt, und das Laufen fiel ihm immer schwerer. Sein Atem ging flach, und seine Füße landeten nicht da, wo er sie haben wollte. Seine Beine fühlten sich an, als hätten sie lauter Risse.
Ein
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