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Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition)

Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition)

Titel: Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Woodrell
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’nen großen Nigger, der sich nicht schick anzieht. Wenn ich einen seh, erschieß ich ihn, weil er bestimmt mit den Bullen unter einer Decke steckt.
    Die Minuten krochen dahin, als hätte jemand Daddy Zeit die Kniescheiben zerschossen. Auf der Uhr in Shevlins Fenster war es jetzt neun nach fünf.
    Jewel begann, unruhig auf und ab zu gehen.
    Immer wieder sah er sich nach der zweiten Mülltonne um, wo ein kleines Stück des Gewehrschafts aus dem Abfall ragte. Der Arsch kommt vielleicht zweimal im Jahr zu spät und dann ausgerechnet heute. Ein schrecklicher Gedanke durchzuckte Jewel: Vielleicht hat ihn jemand mitgenommen, weil der braune LTD ’nen Platten hat, und wenn ihn einer mitgenommen hat, dann erkenn ich ihn gar nicht. Oder vielleicht hat er selber den Reifen gewechselt. Vielleicht ist er einer von diesen tüchtigen Niggern, und er hat seine Hundert-Dollar-Schuhe ausgezogen und den Mantel auf den Vordersitz gelegt und sich dann barfuß drangemacht, den Reifen selbst zu wechseln.
    Herrgott.
    Und Duncan und der Frog kapierten gar nicht, was los war und fuhren wieder weg oder so.
    Da hörte er keifende Stimmen in der engen, dreckigen Gasse. Er drehte sich um und sah seinen Freund, den Penner, wie er unfreiwillig zu einer Drei-Personen-Variante des Seventh-Street-Walzers gebeten wurde. Gelallte Flüche sabberten durch die Luft, und der Penner krümmte sich über seine Flasche, während seine beiden aufrecht stehenden Tanzpartner ihn abwechselnd in den Rücken traten.
    Was für einen Krach dieses Gesocks macht, dachte Jewel. Wie kann man nur so leben?
    Einer der beiden verbündeten Säufer sagte etwas zu dem geizigen Schnapsbruder, der da auf dem Boden lag. Er müsse seinen Besitz teilen, so wie alle – so wie ich gestern, als ich ’nen guten Tag hatte.
    »’ne kleine Flasche!«, schrie der Penner, während er seinen Wein noch enger umklammerte. »Kleine Flaschen sind für’n Arsch!«
    Der strafende Two-Step setzte wieder ein, und für den Bruchteil einer Sekunde überlegte sich Jewel, ob er hingehen und eingreifen sollte. Aber so sind diese Typen halt, dachte er, und außerdem würden sie nur blöd grinsend rumlallen, wenn er sie mal tüchtig durchwalkte. Und drittens war das hier immerhin Amerika – das heißt, man kann sich nehmen, was immer man kriegen kann, aber dass man es auch behält, dafür muss man selbst sorgen.
    Jewel hatte sich so daran gewöhnt, dass seine Suche nach einem gewissen Farbton enttäuscht wurde, dass er den braunen LTD erst bemerkte, als dieser schon ein ganzes Stück an ihm vorbei war. Panisch drehte er sich um und warf einen prüfenden Blick auf die Mülltonne, dann trat er auf den Gehweg, um zu beobachten, wie der Wagen parkte.
    Der braune LTD fuhr an den Straßenrand, auf der Seite, auf der sich auch der Club befand, etwa fünfzig Parkplätze entfernt.
    Die Fahrertür öffnete sich nicht.
    Jewel sah auf die Uhr. Es war fast zwanzig Minuten später als geplant, und Crane war immer noch nicht aus der braunen Kiste ausgestiegen. Was machte er bloß da drin?
    Jewel stieß mit dem Fuß gegen die leere Falstaff-Flasche, sah nach unten und trat dagegen. Die Flasche fiel um und drehte sich wie ein Kreisel, bis sie schließlich zum Stillstand kam.
    Als Jewel aufsah, hüpfte sein Magen wie ein kapitaler Seebarsch, und seine Hände wurden ganz schlaff. Teejay Crane trat auf den Gehweg und humpelte nun unaufhaltsam Jewels mitternächtlichem Showdown entgegen.
    Jewel hastete zur Mülltonne, der zweiten von oben, holte seinen Komplizen heraus und entsicherte ihn. Als er zum Gehweg zurückging, fühlte er sich, als würde er schweben. Er lehnte sich gegen die Wand des Clubs, die Flinte hinter seinem Rücken versteckt.
    Als Crane noch etwa zwanzig Autolängen entfernt war, wurde er von einer dunkelhäutigen Frau in blauen Turnschuhen und einem Schal mit Leopardenmuster angesprochen. Er blieb stehen.
    Jewel konnte nicht hören, was die beiden redeten, aber er sah, dass die Beschreibung, die man ihm gegeben hatte, zutraf. Crane war groß, und er war sehr schick. Er trug ein rotes Zuhälter-Samtjackett, das aussah, als müsste ein ganzes Bauarbeiterteam drei Tage arbeiten, um es bezahlen zu können. Scheißzuhälter.
    Crane lächelte die Frau an und sagte Sachen, die beide dazu veranlassten, den Oberkörper hin und her zu bewegen und den Mund zu verziehen.
    Mach schon, Mann, dachte Jewel, während er sich mit der Flinte hinten gegen das Bein schlug. Lass sie laufen. So toll ist die auch wieder

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