Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition)
Der Mann sah Shade an und nickte. »Ich hab dem Gesetz noch nie geholfen – und wissen Sie was? Ich fühl mich jetzt auch nicht besser als vorher, Bulle.«
»Weiter so, solange du noch auf Bewährung bist, okay?«
Schnellen Schrittes machte sich Shade wieder auf den Weg. Bis Frogtown war es noch ein ganzes Stück, aber er brachte es rasch hinter sich. Ein paarmal kam er an Leuten vorbei, die gleich kapierten, hinter wem er her war und nach Norden zeigten, nach Norden, dorthin, wo Shade sein ganzes Leben verbracht hatte. Ein Haufen Häuser und Erinnerungen, Fehlschläge und zweifelhafte Eroberungen, ein Stück Erde, das er besser kannte als seinen eigenen Vater.
Und das ihm auf jeden Fall eine größere Orientierungshilfe gewesen war.
13
Powers Jones, der braunhäutige Mann mit den Südsee-Klamotten, brauste die Voltaire Street hinunter wie ein Hurrikan. Beim Chalk & Stroke machte er halt. Die Tür stand sperrangelweit offen: wahrscheinlich hoffte man, einen kühlenden Windhauch hereinzulocken, aber es kamen höchstens Fliegen. Powers stand in der Tür und musterte die Kundschaft. Es war die Art von Billardsaal, wo der Qualm so dick war, dass man ihm die Hand schütteln konnte, bevor man ihn einatmete. Hier war nichts, was für Powers Jones von Interesse gewesen wäre, also ging er weiter.
Ein Ford Kombi fuhr konstant ein paar Meter hinter dem tropischen Fremden her. Gelegentlich machte Powers ein paar Handzeichen in seine Richtung und schüttelte den Kopf. Schließlich blieb er auf der gegenüberliegenden Straßenseite vor einem düsteren Friseursalon stehen und sah zu einem klapprigen Fenster hinauf, wo im Halbdunkel das Licht einer Lampe auszumachen war. Er signalisierte dem Ford, ein Stück weiter weg zu parken, dann ging er zu ihm hinüber.
Er öffnete die hintere Wagentür und stieg ein. Auf den Vordersitzen saßen zwei junge Schwarze. Powers stützte sich mit den Ellbogen auf die Rückenlehne und beugte sich zu ihnen vor.
»Hier ist es«, sagte er. »Das ist die Wohnung von diesem Bauerntrottel. Dann verdient mal eure Piepen.«
Mit einer steifen Halsbewegung sah sich der Fahrer um; er war so cool, dass er sich am liebsten überhaupt nicht gerührt hätte. Sein Komplize, eindeutig ein Neuling in dieser speziellen Branche, war sichtlich nervös.
»Ich behalt die Tür im Auge«, meinte er. »Das hab ich schon öfter gemacht.«
Powers Jones steckte sich eine Salem an und lehnte sich zurück.
»Ich mach das schon«, sagte er. »Also entspann dich, Thomas. Wir können sowieso nichts tun, bis wir wissen, ob das Weißbrot auch wirklich zu Hause ist.«
»Das Licht brennt«, bemerkte Thomas.
»Klar, aber das könnte auch brennen, um Einbrecher abzuhalten. Wir warten, bis wir sicher sind, dass er daheim ist.«
»Und wann wird das sein?«
»Haha!« Powers lachte. »Sobald der Idiot seine dämliche Fresse zum Fenster raushängt. Und das wird er garantiert tun, falls er da ist, weil er nämlich nicht bloß unglaublich fickrig, sondern anscheinend auch noch unglaublich blöd ist, haha.« Powers Jones legte die Beine über die Vordersitze, sodass seine Füße zwischen den beiden Neulingen baumelten. »Er ist so hirnverbrannt doof, dass sich alle auf seine Beerdigung freuen.«
Suze lehnte sich gegen die Badezimmertür und klopfte wieder. Sie trug ihren zweiteiligen blauen Badeanzug mit den weißen Tupfen, die bei jeder ihrer Bewegungen auf und ab hüpften. Sie beugte sich zum Türknauf hinunter, als wäre er eine Gegensprechanlage.
»Komm schon, Baby«, sagte sie. »Komm raus. Es gibt dein Lieblingsessen – Fischstäbchen mit gebratenem Okra.« Keine Antwort. »Ist dir schlecht? Du warst ziemlich käsig vorhin. Du solltest in den Kneipen hier in der Gegend lieber nichts essen. Ich kriege immer mit, wie sie nachts die Katzen füttern, und dabei sehen sie nicht gerade wie Tierfreunde aus. Iss lieber was aus der Packung. Das ist hygienischer.«
Vor einer halben Stunde war Jewel heimgekommen, mit zerwühlten Haaren, einem Gesicht, das da, wo es nicht totenbleich aussah, blutrot gewesen war, und durchnässten Klamotten. Als Erstes hatte er sich seine Pistole vom Küchenschrank geschnappt. Suze hatte gefragt, was los war. Da hatte er so komisch gelächelt, dass es ihr kalt den Rücken runtergelaufen war. »Ach, ich muss nur was nachsehen, das ist alles.« Seither war er im Badezimmer und schwieg.
»Hör mal, Jewel, soll ich das Zeug wegschmeißen, oder was? Es bleibt nicht so lang knusprig, weißt du.«
Endlich
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