Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition)
dass Fett und Glassplitter gegen seine Arme und seinen Brustkorb spritzten.
»Er ist bestimmt bewaffnet«, schrie Thomas. »Pass auf!«
Vorsichtig schlich Powers Jones im halbdunklen Flur die Wand entlang, auf jenen Sekundenbruchteil lauernd, der die Sache beenden und sein Gehalt in Zukunft deutlich erhöhen würde. Die Bratpfanne krachte zu Boden, und man hörte lautes Klirren.
Inzwischen ertastete Suzes Hand die Pistole, die sich ihr schmerzhaft ins Kreuz presste, und ein Instinkt sagte ihr, dass sie kämpfen musste. Der Nigger in den Blumenklamotten war mit Sicherheit der gefährlichere, das sah man auf den ersten Blick. Sie rollte blitzschnell von der Couch und feuerte ein paarmal blindlings auf die naheliegendste Bedrohung.
Die Schüsse bohrten sich in die Flurwand, schlugen Krater in die Decke. Ein feiner Staubregen rieselte herab.
»Sie schießt!«, schrie Thomas jetzt. »Mach sie fertig!«
Powers Jones warf sich flach auf den Bauch. Keuchend lag er im dunklen Flur, in der Bruchbude eines Redneck-Niggerkillers, mit einem Lahmarsch von Partner und einer weißen Nutte, die auf gut Glück versuchte, ihn umzulegen.
»Hilf mir mal einer!«, rief er. »Verflucht, Thomas, sie ist doch direkt neben dir!« Keine Antwort. »Thomas!«
Badezimmertüren hatten Schlösser, wie jede Frau wusste, und die waren dazu da, unerwünschte Personen auszusperren. Mit einem akrobatischen Sprung hechtete Suze zur Toilette, knallte die Tür hinter sich zu und schob den Riegel vor. Mit dem Gesicht zur Tür sank sie in die Ecke zwischen Badewanne und Klo, die Beine ausgestreckt, die Pistole auf dem Schoß.
Powers Jones ging auf die Knie und lauschte.
Das Fenster führte auf das Vordach des Friseursalons und von dort auf eine schmale Gasse. Im Fensterrahmen steckten noch Glasreste, aber Jewel zwängte sich durch und fiel auf das knapp zwei Meter tiefer liegende Vordach. Die Glassplitter schnitten ihm tief in die Seiten, aber das tat längst nicht so weh wie der Aufprall bei der Landung.
Umsicht und Besonnenheit außer Acht lassend sprintete Powers Jones zum Fenster und beugte sich hinaus. Zweimal feuerte er auf Jewel, sah dann aber, wie dieser vom Dach rollte und verschwand. Eine Frau mit blauen Haaren stand in der Gasse und hatte ihre neue Frisur in einem kleinen Spiegel begutachtet. Jetzt starrte sie mit aufgerissenem Mund zum Fenster empor.
»Weg hier!«, kreischte sie.
Powers begegnete ihrem Blick und schüttelte dann träge den Kopf.
»Vergiss es«, sagte er.
Er ging zurück in Richtung Eingangstür. Jetzt war auch Thomas ins Zimmer gekommen und schwang vor der Badezimmertür seine Pistole.
»Da drin«, sagte er. »Sie ist da drin.«
Powers Jones starrte den jüngeren Mann mit seinem vernichtendsten Blick an, dann ging er schnell an ihm vorbei und zur Tür hinaus.
»Hey, Mann, warte«, rief Thomas ihm nach. »Ich hab die Tür bewacht, stimmt’s?«
Er blickte unentschlossen vom Bad zur Wohnungstür und feuerte dann drei Salven in Richtung Toilette. Holz splitterte, etwas Schweres zerbrach, ein schriller Schrei ertönte, dann ein Ächzen. Thomas zog sich rasch zurück, denn vielleicht war dieser verwundete Fuchs ja zäher als gedacht und tauchte mit gezückter Pistole noch einmal auf. An der Wohnungstür drehte er sich um, betrachtete das Schlachtfeld, schüttelte sich und rannte los.
14
Da muss Voodoo im Spiel sein, dachte Jewel. Irgendeine Art Voodoozauber, der mit den Wolken zusammenhängt oder mit den Tauben vielleicht. Hier ist irgendeine Niggerhexerei am Werk – so viel ist sicher. Wie hätten sie mich sonst so schnell finden können?
Jewels Fortbewegungsart vereinte eine sorgfältig geplante tänzerische Choreografie mit der Geschwindigkeit einer paranoiden Operndiva: rennen, zu Boden fallen, Deckung suchen, zu den Dächern hochsehen, aufspringen und weiterrennen.
Seine Seiten taten eigentlich nicht weh, nur manchmal spürte er ein unangenehmes Stechen. Er legte die Hände über die Schnittwunden beiderseits der Taille. Dafür, dass sie nicht wehtaten, bluteten sie reichlich.
Allmählich senkte die Nacht einen schützenden Schleier über ihn, aber Jewel blieb dennoch nicht unbeobachtet. Der Gehweg schien voller Menschen, die ihr Lebtag geübt hatten, wie man wegschaut und trotzdem die Schuhgröße und das Geldbeutelpotenzial eines jeden einschätzt, den man noch nie im Leben zuvor gesehen hatte, Officer. Ehrlich.
Jewel registrierte sie alle. Zwischen den Fingerspitzen seiner in die Seiten gepressten
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