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Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition)

Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition)

Titel: Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Woodrell
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hier, das hab ich wirklich nicht verdient, Mann.«
    »Wir werden ja sehen.« Sundown deutete auf einen Stuhl neben dem Turngerät. »Nehmen Sie doch erst mal Platz.«
    Duncan setzte sich und sah zu seinem Gastgeber auf, der über ihm hing wie eine dräuende Gewitterwolke.
    »Ich bin viel herumgekommen, Mr. Cobb, und ich habe einen gewissen Respekt bei den Leuten auf der Straße erworben.«
    »Hab ich gehört«, erwiderte Duncan. »Ich hab viele Leute über Sie reden hören, Mann, und immer respektvoll. Sehr respektvoll.«
    Sundown grinste, und seine weißen Zähne blitzten.
    »Das ist schön. So was hört man gern. Ich weiß, dass mich manche Leute für ein bisschen unheimlich halten, aber ich glaube, ich hatte einfach Glück.«
    Duncan nickte eifrig.
    »Ich hab noch nie was Schlechtes über Sie gehört, Mann.«
    Nach einer weiteren Lächelpause ging Sundown neben Duncan in die Hocke und legte ihm die schwielige Hand aufs Knie. Dann drohte er Duncan mit dem Finger.
    »Es geht hier so einiges vor«, sagte er dabei, und die trügerische Sanftheit verschwand aus seiner Stimme. Jetzt erinnerte sein Ton an Gefechte mit Rasiermessern, und man hörte vor allem, dass ihm derlei großen Spaß machte. »Vielleicht können Sie mich ins Bild setzen.«
    »Was? Wie meinen Sie das?«
    »Zum Beispiel, was Ihren Vetter Jewel angeht, der durch die Stadt zieht und Schwarze umlegt.«
    »Oh.«
    Benny, der nickend durchs Zimmer gegangen war und alles eingehend inspiziert hatte, begann plötzlich der verriegelten Tür Tritte zu versetzen. Er verlor seine roten Plateauschuhe. Sie schlitterten über den nackten Boden, und er machte mit bloßen Füßen weiter. Die Schläge hallten im Zimmer wider, aber die Tür rührte sich keinen Millimeter.
    Powers ging auf Benny zu.
    »Benny, was zum Teufel ist in dich gefahren?«
    Benny wandte sich mit einem bedröhnt-trotzigen Ausdruck um. Er sprach langsam und stockend.
    »Da drin bewahren sie die Pingpongbälle auf«, stammelte er. »Man muss einen Quarter als Pfand dalassen, wenn man einen benutzen will. Jedes Mal. Ich wollte schon immer mal da rein. Jetzt hab ich endlich die Chance.«
    »Mit dem Knaben arbeite ich nicht mehr zusammen«, schimpfte Lewis irritiert und nervös. »Sorgt bloß dafür, dass er mich vergisst, hört ihr?«
    »Benny, geh raus«, befahl Sundown mit ruhiger Stimme. Er sah Benny nach, dann tätschelte er wieder Duncans Knie und drohte mit dem Zeigefinger. »Ich glaube, Sie sollten mir alles mitteilen, was ich wissen möchte, Cobb. Und lassen Sie uns – nur so zum Spaß …«, er grinste breit, »… einmal annehmen, dass Ihr Leben davon abhängt.«
    In Duncans Augen erschien eine schüchterne Schlauheit, als wüsste er genau, dass Lügen aussichtslos waren, er aber gezwungen war, sie trotzdem zu erzählen. Aufmerksam blickte er von einem Gesicht zum anderen. Kein tröstlicher Anblick.
    »Ich weiß nicht, was Sie meinen, Mann. Wirklich nicht.«
    Sundown verzog den Mund, seufzte und nickte betrübt.
    »Lewis – zeig ihm, was ich meine.«
    Lewis Brown, ein Mann, in dessen Ohren das Stöhnen anderer Menschen wie Musik klang, trat neben Duncan.
    »Ich möchte dir Folgendes sagen«, erklärte er leise. »Mir gefällt deine Einstellung. Ehrlich. Trotzdem wird es mir großen Spaß machen, sie zu ändern.«
    Als Duncan wieder sehen konnte, merkte er, dass er mit dem Kopf nach unten am Reck hing, an Hand- und Fußgelenken festgebunden. Sein Zahnfleisch fühlte sich matschig an, seine Arme wie gerädert. Und seine Augen funktionierten nicht wie üblich: Eins ließ sich öffnen, das andere nicht.
    Sein ganzes Leben schien auf einen einzigen, umfassenden Schmerz reduziert.
    »Er ist wieder da«, verkündete Powers. »Das Auge auf der guten Kopfseite hat gerade geblinzelt.«
    Sundown beugte sich zu Duncans funktionsfähigem Auge vor. Seine Miene war streng und nicht gelangweilt.
    »Es wird bestimmt nicht besser«, sagte er. Duncans Arme schienen irgendwie ausgeleiert, und an den Schultern waren mehrere Extra-Knubbel, wo die Knochen aus den Gelenkkapseln gesprungen waren. Lila und blaue Blutergüsse bedeckten sein Gesicht, nur das eine Auge war einigermaßen unversehrt.
    »Oohh«, stöhnte er. »Ohh, Gott! Ich bin’s nicht. Ich bin nicht Jewel. Mann! Ohh!«
    Sundown hob eines seiner baumstammdicken Beine und legte die Fußspitze auf die weiche Stelle zwischen Duncans Schulter und Arm.
    »Mann, ich weiß doch, dass du mit ihm unter einer Decke steckst«, sagte er. »Und Pete Ledoux hat

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