Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition)
hatte sich die Schnittwunden an seinen Seiten angesehen und gesagt: »Da hat’s dich übel erwischt, mon ami. Komm in mein Haus, da kümmern wir uns drum. Und geh den Niggern aus dem Weg.«
Die ganze Zeit, während Jewel den Weg entlangschlich, der den Fluss hinaufführte, hatte er Sachen wie »buenas noches« und »hasta luego« im Kopf, denn er glaubte fest, dass er nach Mexiko fliehen würde. Und er konnte doch überhaupt kein Mexikanisch. Aber erst mal konnte er sich ja verarzten und noch ein Stück den Fluss runterschmuggeln lassen, irgendwohin, wo es einen Flughafen gab, und von dort ins Latinoland, wo es diese absolut läppischen Gesetze gab und man für alles, was man anstellte, einfach nur eine Geldbuße zu entrichten hatte – wie bei einem Strafzettel für Falschparken. Jawoll, das war der richtige Ort, um Gras über die Sache wachsen zu lassen.
Ganz in der Nähe hörte er ein plötzliches Platschen, ein verdächtiges Platschen, das Platschen von etwas, das eventuell groß genug war, um mit aufgerissenem Maul an Land zu kommen. Jewel sah sich um, konnte aber nichts entdecken.
Der Verband begann sich zu lösen. Der große pockennarbige Kerl in der Küche war hektisch gewesen, hatte es furchtbar eilig gehabt, und Ledoux hatte das Pflaster nicht ordentlich verklebt. Jetzt taten die Schnitte zwar nicht mehr besonders weh, und sie bluteten auch kaum noch, aber es wäre Jewel lieber gewesen, wenn Ledoux endlich aufgetaucht wäre, denn er wurde allmählich hundemüde.
Wenn Pete die Sache in die Hand nahm, dann konnte Jewel sich entspannen, einfach ins Boot steigen und sich entspannen.
Als Pete Ledoux ins Haus trat, sah er beim Fenster eine glimmende Zigarette.
»Peggy?«, fragte er.
»Wo ist der Wagen?«, fragte sie zurück.
»Die Straße runter. Ist der Kleine gekommen?«
»Ich hab ihm gesagt, er soll am Dock warten. Der ist wie ’n kleiner Hund. Hat sich einfach dort hingelegt.«
»Gut.«
»Ich hätt ihn gehört, wenn er abgehauen wär«, sagte sie. »Ich hol mir ein Bier – willst du auch eins?«
»Nee.« Ledoux ging ins Schlafzimmer, während Peggy sich das Bier aufmachte. Als er zurückkam, hatte er eine Remington 876 dabei. »Wo sind meine Schrotpatronen?«
»Woher soll ich das wissen?« Peggy kippte die Hälfte des Biers in einem Zug hinunter und wischte sich mit der Hand über den Mund. »Du hast sie benutzt, als du neulich diesen fetten Alligatorhecht alle gemacht hast.«
»Ich weiß. Die mit den Plastikhülsen liegen auf dem Kühlschrank.«
»Stimmt«, erwiderte sie, langte hinauf und brachte eine verbeulte Schachtel Schrotpatronen Kaliber 12 mit Plastikhülsen zum Vorschein.
»Die kannst du behalten«, wehrte Ledoux ab. »Das ist billiges Scheißzeug, absolut für ’n Arsch.«
Peggy trank ihr Bier aus und warf die leere Dose in den Müll.
»Du bist doch ein ganzer Kerl, Petey. Warum nimmst du nicht einfach ’nen Knüppel und schlägst die kleine Rotznase tot?«
Ledoux schüttelte den Kopf.
»Er ist noch ein Kind«, sagte er. »Das bedeutet, er hat ’ne Menge Energie. Das könnte ’ne Riesensauerei geben. Oder er könnte mir entwischen.«
»Dann nimm eben die Plastikteile.«
»Bleibt mir wohl nichts anderes übrig.« Er wedelte mit der Hand vor Peggys Gesicht herum. »Wenn du den Haushalt ordentlich führen würdest, dann wüsste ich auch, wo die guten Patronen sind. Du verschlampst einfach alles.«
»Ah, Petey, Schätzchen – wenn ich den Haushalt ordentlich führen würde, dann würdest du blitzschnell jeden Respekt vor mir verlieren. Und Respekt ist wichtig in der Ehe.«
»Wenn die Kanone wegen der billigen Scheißdinger klemmt, dann kriegst du ’ne Ohrfeige von mir, weil deine Schlamperei dran schuld ist.«
»Es ist sowieso immer alles meine Schuld«, meinte Peggy, öffnete den Kühlschrank und holte sich ein frisches Bier.
Ledoux grunzte unzufrieden, dann nahm er die Patronen und ging mit grimmigem Gesicht zur Tür hinaus.
Die Schritte näherten sich wie Trommelschläge auf den Planken, die zum Dock führten.
Jewel stand auf.
»Pete?«
Die Schritte kamen näher.
»Pete?« Ein Zittern überlief Jewel, und er sprang zurück. »Hey, Mann. Was willst du mit der Knarre, hä?«
»Entspann dich, Cobb«, knurrte Ledoux, während er an Jewel vorbeiging. »Fang nicht an rumzuspinnen.« An einem der Dockpfosten war ein Boot mit Außenbordmotor vertäut. Ledoux stieg ein, wobei er mit einer Hand an dem Pfosten das Gleichgewicht hielt. Er legte die Waffe auf dem Dock ab
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