Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition)
Stadt, die Amok laufen werden, wenn wir nicht eingreifen und diese Angelegenheit ein für alle Mal vom Tisch schaffen.«
»Aha«, machte Shade. »Zum Beispiel ein paar von Ihren Spielerkumpels, Bürgermeister?«
»Detective«, knurrte der Bürgermeister. »Seien Sie nicht albern – wo es so viele Schwarze gibt, wird es immer auch eine Menge Glücksspiel geben.«
Shade lachte.
»Kommen Sie, Ihre Spielkameraden sind doch samt und sonders weiß.«
Der Bürgermeister sog hörbar die Luft ein.
»Sind sie«, räumte er ein.
In diesem Augenblick spürte Shade eine Forderung in der Luft hängen, die offiziell jenseits jeder Rechtsvorstellung lag, inoffiziell aber lebenswichtig war, und Schweißtropfen kullerten von seiner Stirn. Er wischte sie weg und sagte: »Gott, genau das richtige Wetter für wichtige Entscheidungen. Was soll ich tun?«
»Die Kerle kriegen«, sagte der Bürgermeister.
»Einmal das«, fügte Captain Bauer hinzu. »Und, wenn möglich, dem Steuerzahler die Kosten für einen Prozess ersparen.«
Bei dieser Bemerkung fiel Shade auf einmal eine Geschichte über Bauer ein, die man sich seit Langem bei Treffen der Friends of Police und überall dort, wo die Freunde der Polizei ihre heimlichen Helden feierten, erzählte und die er nie hatte glauben wollen. Dieses Stück Recht-und-Ordnungs-Mythologie behauptete, dass der gute Captain vor Jahren einen ähnlichen Auftrag erledigt hatte, als nämlich die Carpenter-Brüder den Aufstand geprobt und Mr. B. herausgefordert hatten. Der damalige Detective Bauer und sein Partner Ervin Delahoussaye hatten sich urplötzlich in einem abgelegenen Getreidesilo befunden, der bis auf vier bereits entwaffnete Carpenter-Brüder völlig leer war. Dann hatten die Brüder die Detectives angeblich tätlich angegriffen und damit ihren eigenen Tod verschuldet. Später hatte der Coroner festgestellt, dass alle Brüder zweimal in den Kopf geschossen worden waren, und das Ganze war als gerechtfertigte Gewaltanwendung in die Akten gewandert. Bauer war umgehend zum Captain befördert worden, und junge wie alte Cops hatten seine Treffsicherheit gepriesen. Delahoussaye, der eindeutig keine Führungsqualitäten besaß, hatte sich sechs Wochen später seine Pistole in den Mund gesteckt.
Und jetzt wusste Shade plötzlich, dass diese Geschichte stimmte und dass er verdammt vorsichtig sein musste.
»Wollen Sie mir damit sagen, ich soll sie abservieren, Captain?«
»Nicht allein. Es gibt noch andere Leute, die hinter den Motherfuckern her sind. Einer von denen wird Ihnen helfen.«
»Könnte auch ein bisschen Geld dabei rausspringen«, fügte Bürgermeister Crawford hinzu. »Eine inoffizielle Belohnung.«
»Nein«, sagte Shade. »Ich will kein Geld. Ich bin reich genug, um unabhängig zu sein. Ich meine, ich war so lange arm, dass es mir nichts mehr ausmacht, und das verschafft einem mehr Seelenfrieden, als Rockefeller je hatte.« Schon wieder musste er sich den Schweiß vom Gesicht wischen. »Muss ich das unbedingt machen?«, fragte er dann.
»Jetzt schon«, antwortete Bauer. »Außerdem haben unsere auswärtigen Freunde speziell nach Ihnen gefragt.«
»Verstehe.«
»Detective«, sagte der Bürgermeister und schlenderte auf Shade zu, »Sie kennen sich hier aus. Sie sind aus Frogtown – wieso scheint Ihnen das denn so fernab der Normalität?«
»Normalität ist schwer zu definieren, Bürgermeister. Das Merkwürdige ist leicht zu erkennen, aber mit der Normalität ist das so eine Sache.« Shade senkte den Kopf und versuchte angestrengt, die Sache von allen Seiten zu betrachten, dann hob er den Kopf wieder und sah dem Captain ins Gesicht. »Mit wem soll ich zusammenarbeiten?«
»Mit Shuggie Zeck«, antwortete Bauer. »Sie haben die richtige Entscheidung getroffen, Shade, jedenfalls auf lange Sicht. Shuggie wartet schon in der Kneipe Ihres Bruders auf Sie, in der Catfish Bar.«
7
Bei einem Teller Hühner-Gumbo an einem kleinen weißen Tisch in Maggies Keyhole fungierte Wanda Bone Bouvier gezwungenermaßen als Publikum für eine von Hedda Zecks diffusen Geschichten aus ihrer Vergangenheit. Hedda, die ihren beträchtlichen Körperumfang unter einem weiten gelben Sommerkleid zu verbergen suchte, ließ Wanda wissen, dass ihr Leben bis zu diesem Moment, da sie diese starke Bloody Mary hinunterkippte, eine verschlungene Mär aus schal gewordener Liebe, verkanntem Talent und ähnlich traurigem Mist gewesen war.
»Also«, erzählte Hedda, »da steht Shuggie und, Honey, ich meine, er steht
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