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Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition)

Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition)

Titel: Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Woodrell
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ins Jenseits befördert hat, Shade. Ich erzähle Ihnen das, weil Sie’s wissen müssen, und weil es die reine Wahrheit ist, aber nichts davon ist offiziell.«
    Shade nickte und warf einen Blick auf den Bürgermeister, der ganz gelassen mit gekreuzten Beinen auf seinem Stuhl saß, die Hände im Schoß gefaltet, das Gesicht geschwollen und bunt wie eine Hexenmaske, mit der man Kinder erschrecken konnte.
    »Ich bin ganz Ohr, Captain«, sagte er dann und sah seinen Vorgesetzten wieder an. »Was ist passiert?«
    »Folgendes«, begann Bauer mit einer Reihe von vage bedrohlichen theatralischen Gesten, wobei er seine Stress-Gummibälle so heftig in den Händen quetschte, dass die Muskelstränge in seinen Unterarmen beeindruckend anschwollen. »Das beste Geld in der Gegend lag auf einem sehr feinen Tisch, und mehrere Gentlemen mit tadellosem Ruf saßen zusammen mit einer bunten Mischung echter Spielertypen, die dem Ganzen einen etwas verwegenen Anstrich verleihen sollten, um diesen Tisch und …«
    »Lassen Sie Ihren Sarkasmus«, unterbrach der Bürgermeister mit einem atonalen Basskeuchen.
    Bauer nickte grimmig und fuhr fort: »… ungefähr um Mitternacht kamen drei Kerle mit Skimasken durch die Tür spaziert. Können Sie sich den Rest selbst zusammenreimen?«
    »Die Kerle mit den Skimasken wollten das gute Geld, und sie hatten Schusswaffen mitgebracht, um ihrer Forderung Nachdruck zu verleihen, und Bell hat Wache geschoben. Nahe genug dran?«
    »Ja. Aber Bell hat nicht nur Wache geschoben, er war außerdem ein leidenschaftlicher Spieler, und deshalb saß er mit den anderen am Tisch, statt die Tür im Auge zu behalten.«
    Jetzt nahm Bauer sich seine Gummibälle noch einmal richtig vor und knirschte dazu kräftig mit den Zähnen. »Sehen Sie, Mr. B. hat schon lange niemand mehr so in die Suppe gespuckt, und wir sind wohl ein bisschen nachlässig geworden. Aber jetzt, wo das passiert ist, haben alle eine Stinkwut und befinden sich außerdem in einer etwas misslichen Lage.«
    »Nachdem man Bell umgelegt hatte«, sagte Shade, »wollten sich ein paar der anwesenden Stützen der Gesellschaft wahrscheinlich nicht die Hände schmutzig machen und haben die Leiche deshalb vor dem Krankenhaus abgeladen. So ungefähr richtig, Captain?«
    »Sie haben’s erfasst«, antwortete Bauer.
    »Wer waren die?«, fragte Shade. »Ich würd mich gern mit ihnen unterhalten.«
    »Ich fürchte, das geht nicht, Shade. Ich erzähl Ihnen alles, was es zu erzählen gibt, aber nichts davon kommt in die Akten.« Bauer sah Shade durchdringend an. »Für die Akten: Officer Bell ist außerhalb der Dienstzeit ermordet worden, möglicherweise bei dem Versuch, einen Raubüberfall zu vereiteln.«
    »Glauben Sie, das kauft uns jemand ab?«
    Aus der dunklen Ecke kam eine monotone, japsende Antwort: »Es ist vollkommen gleichgültig, ob die Leute es glauben oder nicht. Irgendwann wird sowieso Gras über die Sache wachsen.«
    »Das ist Ihre Meinung, Bürgermeister.«
    »Jawohl, Detective Shade«, sagte der Bürgermeister, und seine Stimme war heiser vor gezwungener Höflichkeit. »Das ist vielleicht die Meinung eines einzelnen Mannes, aber dieser Mann hat in dieser Gegend einen nicht geringen Einfluss.«
    »Sie haben sich die Nase geputzt, stimmt’s, Bürgermeister?«, erkundigte sich Shade.
    »Wie bitte?«
    »Einer von den Kerlen, über die wir uns grade unterhalten, hat Ihnen eins auf die Nase gegeben, sodass sie sich mit Blut und Schleim gefüllt hat, und Ihre erste Reaktion war, sich zu schnäuzen.« Shade schüttelte den Kopf. »Aber in so ’nem Fall ist der erste Instinkt irreführend, denn wenn man sich ’nen zermatschten Riechkolben putzt, schwellen einem die Augen zu. So wie bei Ihnen.«
    »Wie kommen Sie auf die Idee, dass ich dort anwesend war?«
    »Weil Sie jetzt hier sind.«
    In St. Bruno galt Bürgermeister Crawford als quasi unangreifbar. Er hatte sich meisterhaft beim kleinen Volk eingeschmeichelt – ein Mann, eine Stimme –, und man mochte ihn auch persönlich wegen seines verwegenen Charmes, seiner lässigen Haltung gegenüber Verbrechen ohne Opfer und wegen seines großen Erfolgs als Tanztee-Herzensbrecher.
    Jetzt blickte er von Shade zu Bauer und nickte säuerlich.
    »Okay«, sagte Bauer, »es ist so, Shade: Unsere kleine Metropole funktioniert nach einem bestimmten System, und jetzt schmeißen uns plötzlich so ein paar beknackte Cowboys einen Haufen Scheiße ins Getriebe. Das ist für keinen gut. Es gibt mehrere Gruppierungen in dieser

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