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Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition)

Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition)

Titel: Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Woodrell
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hatte neue blaue Flecken auf den Beinen und Dreck in den Ohren. »Papa, ich hab Hunger.«
    »Dann iss was«, erwiderte Willie. »Hol dir ’n Hotdog.«
    »Mom hat gesagt, ich darf den Herd nicht anfassen.«
    »Dann fass ihn nicht an, Junge. Iss ’n kalten Hotdog. Schmeckt auch gut. Wickel ihn in ein Stück Brot und iss ihn kalt.«
    Mit gesenktem Kopf und hängenden Schultern tappte Mick zur Küche und tat so nur allzu deutlich seine Meinung über einen kalten Hotdog kund.
    »Willie«, sagte Shade, »wann hebst du endlich deinen Arsch hoch, marschierst da rein und machst dem Kind was zu essen?«
    »Das Gipsbein fühlt sich an wie ’ne Kette mit Eisenkugel, Mann. Wenn ich damit rumlaufe, tut mir sofort die Hüfte weh.«
    Alle schlechten Väter erinnerten Shade an seinen eigenen. »Scheiße schwimmt oben, und ich finde, du bewegst dich ziemlich schnell in Richtung Oberfläche, Dastillon«, sagte er.
    »Er kann für sich selbst sorgen«, erwiderte Willie pampig. »Das musste ich auch immer. Mich hat niemand gefüttert, bloß meine eigenen langen Finger.«
    »Ich mach dem Jungen ein paar Würstchen«, verkündete Shade und stand auf.
    »Mach das, Shade, aber verwöhn ihn nicht. Die Welt ist kein Kindergarten, das soll er ruhig jetzt schon lernen, wo er noch klein ist, dann ist der Schock später nicht so schlimm.«
    Das, dachte Shade, war die Moralphilosophie von Frogtown in einem einzigen Satz, der gut auf einen Autoaufkleber gepasst hätte: Die Welt ist kein Kindergarten.
    Die Küche war sauber und ordentlich; hier setzte sich Betty durch. Shade fand eine schwarze Bratpfanne im Backofen und stellte sie auf den Herd. Dann öffnete er den Kühlschrank und entdeckte hinter einem Becher Joghurt eine große Packung roter Würstchen.
    »Wie viele möchtest du, Tiger?«, fragte er Mick.
    »So viele«, antwortete Mick und hielt zwei Finger hoch.
    Shade zündete das Gas an, stellte die Pfanne darauf und legte die Würstchen hinein. In einer Schublade fand er eine Gabel, mit der er sie herumschieben konnte.
    »Hey«, rief Willie aus dem Wohnzimmer. »Hey, wo ihr schon mal dabei seid, schmeißt für mich auch drei rein, ja? Ich bin bettlägrig.«
    »Ich kann dich nicht hören«, bellte Shade zurück.
    Während die Würstchen warm wurden, holte Mick zwei Scheiben Brot und quetschte Senf darauf. Shade hatte den Herd voll aufgedreht, und schon bald brutzelten die Würstchen zischend vor sich hin. Schließlich stellte er die Flamme aus und gab Mick die Gabel.
    »Bon appetit, Tiger.«
    Shade ging zurück ins Wohnzimmer und baute sich vor Willie auf.
    »Okay, Willie, die Hausarbeit ist nicht umsonst. Für wen hat Bell kassiert?«
    »Mann, du bist doch von hier – rate mal.«
    »Rudy Regot? Delbert McKechnie? Shuggie Zech?«
    »Ja, Shuggie«, erwiderte Willie. »Mach ich da was kaputt, wenn ich dir das sage? Ich meine, ich hab gehört, dass du mit ihm letztes Jahr ganz gut befreundet warst.«
    »Das hast du gehört, hä?«
    »Das weiß jeder. Ich wette, ihr wart ein ziemlich schwieriges Paar.«
    »Du hast recht, Willie, das war alles letztes Jahr.« Shade setzte sich wieder neben Willie. »Und was hast du für Ärger mit ihm?«
    »Du kennst mich, Mann. Ich hab geglaubt, ich hätte ’n neues System für Seven Card, aber ich fürchte, es war wohl eher ’ne Pechsträhne. Das sagt jedenfalls Betty zehn- bis fünfzigmal pro Tag. Es war eigentlich nichts Besonderes dabei, ich hab bloß versucht, die Fehler aus dem System auszumerzen und dabei ein paar Kröten gesetzt, die ich eigentlich nicht hatte. Da hat Officer Bell mich aufgefordert, sie rauszurücken.«
    »Und hast du sie rausgerückt?«
    »Du Arschloch – natürlich! Hab das Auto verkauft. Schließlich hab ich bloß zwei Beine. Jetzt muss Betty zu Fuß zur Arbeit. Die Glückliche, ich bin verkrüppelt, bis die Regenzeit vorbei ist.« Er schob den Rückenkratzer unter den Gips und bewegte ihn langsam auf und ab. »Und der Kerl hat sich köstlich amüsiert. Hat ein Gesicht gemacht, als würd er sich Tina Turner vornehmen, dabei hat er nur mein Bein zermantscht.«
    »Weißt du genau, dass Shuggie ihn geschickt hat?«
    »Na ja, es war Shuggies Spiel, bei dem ich die Schuldscheine kassiert hab. Shuggie ist auf dem Weg nach oben, Shade. Er und Mr. B. sind jetzt Kumpels, soviel ich gehört hab.«
    »Das hat doch jeder schon gehört.«
    »Himmel, tut mir leid, dass ich dich langweile, Mann.« Willie lehnte sich zurück und zupfte wieder an seinem Rückenkratzer herum. »Wenn du den Mörder

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