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Im Tal der bittersüßen Träume

Im Tal der bittersüßen Träume

Titel: Im Tal der bittersüßen Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Mr. Paddy.«
    »Wenn's Ihnen Spaß macht, bitte! Ich wußte gar nicht, daß es so billig ist, Ihnen einen Gefallen zu tun.«
    Sie stiegen beide in ihre Wagen. Paddy wartete, bis Pater Felix einen Meter zurückgestoßen hatte und dann in die Straße nach Santa Magdalena einbog. Antonio Tenabo sah seinen Chef mißbilligend an. Er wertete das als eine Niederlage.
    »Fahr ihm nach«, sagte Paddy, gab Tenabo einen Stoß, rutschte auf den Beifahrersitz und wartete, bis Tenabo um den Wagen herumgelaufen war und hinter dem Lenkrad Platz genommen hatte. »Mach einen Umweg an der Kirche vorbei! Ich will sehen, wieviel Arbeitsscheue und angeblich Kranke da herumlungern.«
    Er irrte sich. Der Vorplatz der Kirche war leer. Nur Pater Felix war schon da und wuchtete gerade eine Kiste mit Weinflaschen aus seinem alten Jeep. An der Mauer des Pfarrgartens hockten ein paar greise Indios im Schatten eines überhängenden Baumes und dösten vor sich hin. Sonst war das Dorf wie ausgestorben, nicht einmal die zahlreichen halbverwilderten, struppigen Hunde liefen herum. Alles verkroch sich in die Häuser, in die heißen Schatten, wo es sich immer noch besser aushalten ließ als in der prallen Glut.
    »Weiter«, knurrte Paddy. »Wir werden sie alle beim Hospital treffen.«
    Evita Lagarto hatte – nach allem, was sie beim Durchfahren des Dorfes gesehen hatte – nicht erwartet, daß das Hospital so sauber, so gepflegt, so durch und durch ›europäisch‹ sein würde. Juan-Christo verteilte draußen unter den auf Behandlung wartenden, im Schatten der Schutzdächer hockenden Indios Wasser aus einer Blechkanne, für jeden Patienten einen Viertelliter. Die stationären Kranken bekamen ohnehin ihren Mate-Tee; sie waren die einzigen, die nicht unter Durst zu leiden brauchten.
    »So ist das hier«, sagte Dr. Högli, nachdem sie in seinem Zimmer auf einem Rohrsofa Platz genommen hatten. Ein Boy, ein kleiner Mestize, der nach einer Blinddarmoperation bei Dr. Högli geblieben war, weil er keine Angehörigen besaß und im Dorf vegetiert hatte wie ein wilder Hund, servierte Fruchtsaft aus Dosen, made in California, USA. »Es mehren sich in den letzten Tagen die Selbstverstümmelungen. Sie hacken sich einen kleinen Finger oder eine Zehe ab oder reißen sich den Oberschenkelmuskel auf, nur damit sie als stationärer Patient ins Hospital aufgenommen werden. Man sieht sofort, daß es keine Unfälle sind …«
    Evita starrte durchs Fenster auf die hockenden Indios, die ihren Viertelliter Wasser schlürften, jeden Schluck im Mund behielten, durch den Gaumen rollen ließen, dann erst hinunterschluckten. »Und was machen Sie?«
    »Ich verbinde sie und schicke sie wieder nach Hause.«
    »Ist das nicht grausam?«
    »Auch mein Brunnen beginnt zu versiegen. Bei Paddy aber sprudelt das Wasser aus den Rohren und speist die Blumenbeete, jeden Tag viele hundert Liter. Er hat seinen Swimming-pool randvoll und plätschert darin herum. Und draußen vor der Mauer stehen die Verdurstenden und hören sich das an.«
    »Der Mann muß ein Satan sein.« Sie wandte sich ab, blickte Dr. Högli kurz an und wußte, was er fragen wollte. »Was hat mein Vater mit ihm zu tun? Das liegt Ihnen doch auf der Zunge, Doktor. Meine Antwort: Ich weiß es nicht. Ich bin nur ein Bote, und das auch nur, weil ich gern herumreise.«
    »Paddy baut die Grundsubstanzen für Rauschgift an.« Dr. Högli sagte es ohne besondere Betonung. Aber Evitas schwarze Augen wurden groß und starr. »Hanf und Peyotl.«
    »Mein Vater handelt mit Südfrüchten!« sagte Evita laut.
    »Möglich, daß Paddy seine Erzeugnisse in Südfruchtkisten verschickt. Das ist ein harmloser Weg.«
    »Trauen Sie meinem Vater solch eine Schurkerei zu, Doktor?«
    »Ich kenne Ihren Vater nicht, Señorita.«
    »Genügt es nicht, daß er mein Vater ist?«
    »O Himmel!« Dr. Högli hob abwehrend beide Hände. »Springen Sie mich nicht gleich an wie eine Wildkatze! So eine Frage mußte kommen, sie ist sehr weiblich. Über die Vererbbarkeit von Charakter ist der medizinische Streit bis heute nicht beigelegt. Millionengeschäfte haben meistens wenig mit Charakter zu tun.«
    »So denken die Armen.«
    »Es ist Erfahrung der sehend gewordenen Dummen, Señorita. Wenn Sie wieder zu Hause sind, sollten Sie Ihren Vater einmal fragen, welche Südfrüchte er aus Santa Magdalena bezieht. Was hier wächst, haben Sie ja selbst gesehen.«
    »Ich werde ihn fragen, Doktor.« Sie warf den Kopf in den Nacken, mit jener nur den Spanierinnen eigenen Wildheit

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