Im Tal der bittersüßen Träume
Feldern andere Produkte herangezogen werden konnten, würden die Indios noch mehr verarmen – und vor allem: die ›Organisation‹ würde diesen Ausfall nicht gleichgültig hinnehmen.
Gewiß gab es genug schöne Stellen auf dieser Welt, wo Paddy sein Dollarvermögen in aller Ruhe verleben konnte. In der Südsee, an der französischen Riviera, am Strand von Copacabana oder ganz in der Nähe, in Acapulco … Mit seinen 51 Jahren wäre er ein reicher Rentner.
Das war es, was Paddy am meisten störte: In einem Alter, in dem andere noch Konzerne zusammenkaufen, sich vom täglichen Leben zurückzuziehen, das war wider seine Natur. Aber was sollte man tun? Das Leben in Santa Magdalena begann, ihn zu zerbrechen. Plötzlich hatte er eine wilde Wut auf alles. Auf Dr. Högli, Pater Felix, Haverston, die Capatazos, die Indios, Himmel und Erde, Tag und Nacht.
»Mir wird etwas einfallen!« sagte er zu Cuelva, der mit den Stiefeln über den schönen Kachelboden scharrte. »Oder soll das eine Revolution meiner Leute sein, wie?«
Cuelva schüttelte den Kopf. »Patron, die Lage ist ernst«, sagte er vorsichtig.
»Das weiß ich selbst!« schrie Paddy. »Fang mir bloß nicht noch an zu denken! Raus! Es wird sich vieles ändern!« Aber als Cuelva schon fast aus dem Zimmer war, rief er ihn wieder zurück. »Morgen, die dämliche Hochzeit, Jorge! Sag den Jungs, sie sollen sich bereithalten!«
»Sie putzen schon die Pferde, das Zaumzeug und ihre Sonntagskleider.«
Paddy starrte Cuelva an, als habe dieser ihn angespuckt. »Was tun sie?« fragte er langsam. Sein dicker Kopf pendelte, die Augen glotzten verständnislos.
»Es ist doch eine große Feier, Patron.«
»Aber nicht für euch!« brüllte Paddy. »Ihr habt Dienst!«
»Es ist Sonntag, Patron.«
»Haverston will die Kirche mit Gewehrgranaten beschießen! Kennst du Gewehrgranaten?«
»Nein, Patron.«
»Ihr habt die Aufgabe, Matri aus der Kirche zu holen, bevor der Mist beginnt. Ihr stürmt das Pfaffenhaus und holt sie heraus!«
»Das wird unmöglich sein, Patron«, sagte Cuelva mutig. Paddy stand schwankend vor seinem Sessel und stützte sich auf die hohe Lehne.
»In Santa Magdalena ist nichts unmöglich! Ihr holt sie raus!« Sein trunkener Starrsinn war schon mitleiderregend.
»Es gibt keinen bei uns, der die Kirche stürmt, Patron.« Cuelva ging rückwärts zur Tür. »Es ist einfacher, den Americano zu überwältigen.«
»Vollidiot! Raus!« Paddy sank in den Sessel zurück. »Ihr wißt ja alle nicht, wie sich eure Welt verändert hat!«
An diesem Abend geschah es, daß Haverston einen Fehler machte.
Er kam von den Peyotlfeldern zurück. Paddy hing in seinem Sessel, die fast leere Whiskyflasche vor sich, und stierte Haverston wie verblödet an. Rick war bester Laune und winkte Paddy fröhlich zu, während er sich an der Bar bediente, aus dem Kühlfach Ginger Ale nahm, die Flasche entkorkte und an die staubigen Lippen setzte.
»Ihre Felder sind Klasse!« sagte Haverston und kam näher, die Flasche in der rechten Hand. Die automatische Pistole klemmte in seinem Hosenbund. Paddy streifte sie mit einem Blick. Die rechte Hand ist besetzt, dachte er. Er müßte erst die Flasche fallen lassen. Aber ein Kerl wie Haverston, ein Berufskiller, kann mit der linken Hand genauso gut schießen. Überhaupt, was denke ich da? Du bist besoffen, Jack. Du hast dir einen angesoffen wie selten in deinen fünfzig Jahren. Werde jetzt bloß nicht mutig. Denk an die Riviera, an Acapulco, an die Südsee, an die vielen Weiber, die du noch vernaschen willst. Denk an deine Dollars …
»Ich bin tief gerührt, daß meine Felder Ihnen gefallen, Rick!« antwortete er giftig.
»Sie haben ja schön einen sitzen.« Haverston klopfte Paddy auf den Rücken. »Ich habe mich entschlossen, wenn wir die fröhliche Hochzeit hinter uns haben, am Montag mit dem Abernten der Peyotls zu beginnen.«
»Das freut mich aber.« Paddy schielte wieder auf die Pistole im Hosenbund von Haverston. »Haben Sie schon mit den Indios gesprochen? Das müssen die nämlich machen.«
»Sie werden morgen nach dem Kirchgang eine klare Meinung von mir haben!«
»Das glaube ich Ihnen, Rick! Ich wünsche Ihnen viel Glück.«
»Ihre Leute sind unterrichtet?«
»Aber ja.« Paddy blickte zu Haverston hoch. Ein widerliches Gesicht, dachte er. Bleich wie immer. Er wird nicht mal braun. »Sie schmücken sich schon.«
»Was tun sie?«
»Sehen Sie, das habe ich vorhin Cuelva auch gefragt. Sie schmücken sich, Rick. Sie werden ihre
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