Im Tal der flammenden Sonne - Roman
Arabella den Rückweg zum Hotel ein. Sie hätte die anderen Aborigine-Frauen um Hilfe bitten können, aber diese hatten die Köpfe gesenkt, sobald Rita gegangen war. Sie hatten offensichtlich Angst vor der riesigen Frau.
Als Arabella das Hotel betrat, konnte Jonathan an ihrer Miene ablesen, dass sie schlechte Nachrichten hatte. »Rita hat sich geweigert, Wally zu helfen, stimmt’s?«
Arabella nickte. »Es tut mir leid.«
»Verflixt! Und dabei hat Wally sich endlich bereit erklärt, sich von Rita helfen zu lassen! Jetzt könnte es zu spät für ihn sein. Oder weißt du jemand anders, der Wally helfen könnte?« Jonathan wusste, je mehr Zeit verstrich, desto geringer wurden Wallys Überlebenschancen.
»Die Aborigine-Frauen sicher nicht«, sagte Arabella. »Sie würden sich niemals gegen Rita wenden. Aber Jimmy will Wild für uns jagen. Vielleicht könnten wir ihn bei der Gelegenheit bitten, eine Medizin für Wally zu bereiten. Rita muss ja nichts davon erfahren.«
»Rita ist die einzige Aborigine weit und breit, die Wally helfen könnte«, meinte Ted. »Die meisten Aborigines verstehen zwar ein bisschen von der Heilkunde, aber Ritas Wissen ist viel umfassender. Nur sie kann Wally vielleicht noch retten.«
»Dann muss ich sie dazu bringen, ihm zu helfen. Vielleicht wäre es gut, wenn Wally sie um Verzeihung bittet«, sagte Arabella. Sie glaubte zwar nicht, dass Wally sich entschuldigen würde, da er nicht einmal ihre Entschuldigung angenommen hatte, doch wenn sein Leben in Gefahr war, überlegte er es sich vielleicht doch.
Jonathan schüttelte den Kopf. »Eher schneit es in Marree, als dass Wally sich entschuldigt.«
»Ich werde mit ihm reden«, sagte Arabella, die nichts unversucht lassen wollte. »Gehst du mit mir zu ihm rauf, Jonathan? Ich würde mich besser fühlen, wenn ich wüsste, dass du vor der Tür stehst.«
»Natürlich.«
Die Tür zu Wallys Zimmer stand offen. Auch das Fenster war geöffnet, doch die Vorhänge bewegten sich nicht – es war drückend schwül und windstill. Wegen des Metalldaches war es hier oben noch heißer als unten im Gebäude. Erst gegen Abend wurde es in den Schlafzimmern etwas kühler, wenn eine Brise aufkam.
Wally sah schrecklich aus. Fliegen summten um seinen Kopf, doch er war zu schwach, die Plagegeister zu verscheuchen. Arabella hatte frische Verbände und eine Schüssel mit warmem Salzwasser mitgebracht. Als sie Wally betrachtete, sah sie einen dunklen Fleck auf dem Verband, den sie tags zuvor angelegt hatte, was kein gutes Zeichen war. Mitleid überkam sie, denn Jimmys Worte gingen ihr durch den Kopf: Wenn Wally nicht einmal eine Schlange erschießen konnte, hätte er dann sie oder Goolim erschießen können? Damals hatte sie nicht daran gezweifelt, aber jetzt …
Arabella räusperte sich. Sofort schreckte Wally aus seinem Fieberschlaf auf. Er drehte den Kopf in ihre Richtung.
»Ich bin gekommen, um deinen Verband zu wechseln«, sagte Arabella.
Wally erwiderte nichts. Arabella zuckte die Achseln und machte sich daran, den alten Verband zu entfernen. Der Geruch war grauenhaft.
»Du hättest dich bereit erklären sollen, ein Aborigine-Heilmittel gegen die Infektion zu nehmen. Rita will jetzt keine Medizin mehr für dich zubereiten, weil sie glaubt, dass du versucht hast, sie mit dem Nachttopf umzubringen.« Arabella badete seine Wunde in Salzwasser, während sie sprach.
»Das ist lächerlich«, sagte Wally matt. »Außerdem ist es sowieso zu spät.« Er betrachtete seine Wunde. Es war offensichtlich, dass die Infektion sich ausbreitete, und Wally schien zu glauben, dass seine Uhr ablief.
»Vielleicht hast du noch eine Chance, wenn du dich bei Rita entschuldigst …«
»Das ist nicht dein Ernst!«, rief Wally.
»Und ob es mein Ernst ist. Dein Leben hängt davon ab.«
»Was kümmert dich das? Du würdest dich doch freuen, wenn ich sterbe.«
»Nach dem, was du mir angetan hast – könntest du es mir verdenken?«
Wally wandte sich ab. Er würde Arabella nie verzeihen, dass sie ihn vor seinen Freunden heruntergeputzt hatte, egal, was sie tat. »Ich habe nicht auf Rita gezielt, als ich den Nachttopf aus dem Fenster geworfen hab«, sagte er. »Weiß Gott, als Ziel ist sie groß genug, da hätte ich sie wohl kaum verfehlt.«
»Dann sag ihr das.«
»Das werde ich, aber ich werde mich nicht entschuldigen«, sagte er. »Diese Frau hat das Temperament einer wütenden Braunschlange! Ich hab sie bloß als fetten Koalabären bezeichnet, und was tut sie? Sie wirft mit
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