Im Tal der flammenden Sonne - Roman
eine der Grenzen nur ein paar Meilen von der Stadt entfernt war, hatte Ruth Maxwell vorgeschlagen, sie sollten auf ein Bier im Hotel vorbeischauen und Maggie eine Nachricht von ihr überbringen.
Doch erst einmal tranken die Männer ein großes Bier, »damit der Staub sich setzte«.
»Wo ist Maggie?«, fragte Len, während Jonathan ihnen allen ein zweites Bier einschenkte. Arabella brachte ein paar frische Gläser in die Bar. Sie erschrak, als sie die Viehtreiber sah, und hoffte, dass sie nicht zum Abendessen bleiben wollten, begrüßte sie aber höflich.
»Maggie und Tony sind für ein paar Wochen auf Warratah Station«, sagte Jonathan zu Len.
»Oh.« Len war überrascht. »Das sieht den beiden aber gar nicht ähnlich, das Hotel gleichzeitig zu verlassen.«
»Maggie ging es nicht gut, deshalb hat Tony sie zu ihrer Schwester gebracht. Er selbst hatte einen Unfall. Als er mit seinem Schwager die Schafe auf Warratah Station untersuchte, ist ein Schafbock auf ihn losgegangen. Tony hat sich mehrere Rippen gebrochen, sodass er ein paar Wochen nicht reiten kann.«
»Autsch! Der arme Kerl.« Len rieb sich die Rippen, als könnte er Tonys Schmerzen nachempfinden. Er erinnerte sich, wie er bei einem Rodeo in Cloncurry von einem Bullen hochgeschleudert und beinahe aufgespießt worden war, wobei er sich drei Rippen gebrochen hatte. »Die Maxwells wollten übermorgen mit zwei Besuchern zum Abendessen kommen«, sagte er. »Mrs Maxwell hat mich gebeten, hier vorbeizuschauen, um Maggie Bescheid zu geben, dass sie kommen.«
In Arabella stieg Panik auf. »Wir haben kaum noch Fleisch«, sagte sie. »Ein Trupp Schafscherer ist vorbeigekommen. Sie haben fast alles aufgegessen.«
»Hätten wir das gewusst, hätten wir ein Schaf mitgebracht«, sagte Len.
»Tja, aber niemand hier weiß, wie man ein Schaf schlachtet«, gestand Jonathan.
Der Viehtreiber blickte verdutzt. Arabella bemerkte, dass es Jonathan unangenehm war, ein solches Eingeständnis zu machen. Wahrscheinlich hielt er es für »unmännlich«, dass er es nicht über sich brachte, ein Schaf zu schlachten und zu zerlegen.
»Was ist mit Wally?«, fragte Len.
Jonathan warf einen raschen Blick auf Arabella. »Wally ist sehr krank gewesen«, sagte er. Er wollte zu keiner langen Erklärung ausholen und hoffte, dass der Viehtreiber nicht allzu viele Fragen stellte.
»Ich werde es Mrs Maxwell ausrichten«, sagte Len. »Aber wenn ihr kein Fleisch mehr habt, was habt ihr dann gegessen?«
»Wild, das die Aborigines uns zubereitet haben«, sagte Jonathan. »Es schmeckte ganz gut, nur auf die gerösteten Heuschrecken haben wir verzichtet.«
Len lachte, und die beiden anderen Viehtreiber fielen ein.
»Ihr habt Glück, dass wir wenigstens noch kaltes Bier haben«, sagte Ted vom anderen Ende der Bar. »Der Generator ist uns nämlich kaputtgegangen. Wir hatten ihn eben erst repariert, als die Heuschrecken hier einfielen.«
»O Mann, wenn wir die ganze Strecke hierhergeritten wären, und ihr hättet kein kaltes Bier gehabt, hättet ihr Ärger bekommen«, sagte Len, und seine Kumpel nickten. Irgendwie hatten Arabella und Jonathan das Gefühl, dass Len es bitterernst meinte.
Es war das erste Mal, dass Arabella wirklich nachempfinden konnte, wie viel das Hotel den Leuten auf den Farmen bedeutete, vor allem den Viehtreibern, die lange Stunden in der Hitze schufteten. Es war ein Mittelpunkt des sozialen Lebens und des Austausches – ein Ort, an dem die Menschen dieses riesigen Landes Neuigkeiten über ihre Nachbarn erfahren konnten, und Nachrichten aus der großen weiten Welt. Für viele Menschen in weitem Umkreis wäre es eine Tragödie, wenn das Great Northern Hotel dichtmachte.
Am nächsten Tag erschien Len Harris erneut, diesmal in Begleitung eines anderen Viehtreibers, Walt Miser. Sie kamen in den Saloon, und Walt stemmte einen schweren Sack auf den Bartresen. »Mrs Maxwell sagt, das sollen wir euch bringen«, sagte er. »In dem Sack ist ein Schaf, gehäutet und zerlegt. Ihr müsst das Fleisch nur noch zubereiten. Die Maxwells verlangen nichts dafür, aber sie würden morgen gern zum Abendessen herkommen.«
Arabella und Jonathan waren einen Augenblick lang sprachlos.
»Das ist sehr großzügig von den Maxwells«, sagte Jonathan schließlich.
»Ja, das stimmt«, pflichtete Arabella ihm bei. Sie war noch immer entsetzt bei dem Gedanken, ein Essen für andere Leute zubereiten zu müssen – aber wie konnte sie das jetzt noch ablehnen, nachdem die Maxwells ihnen genügend
Weitere Kostenlose Bücher