Im Tal der flammenden Sonne - Roman
nicht trank. Vielleicht war sie auch noch immer wütend, da Arabella ihren Plan, um Geld zu kämpfen, missbilligt hatte. Rita saß mit Missy und Lily auf der anderen Seite des Feuers und nahm kaum Blickkontakt zu jemandem auf. Die Frauen hatten Jamswurzeln zu dem Emufleisch beigesteuert. Ihre Kinder spielten hinter ihnen im Sand. Arabella war froh, dass die Frauen ihre Kinder beaufsichtigten, da es hier Schlangen und Spinnen gab. Anfangs hatte Arabella die Frauen für nachlässig gehalten, was die Sicherheit ihrer Kinder betraf, inzwischen aber wusste sie, dass Schlangen, Skorpione, Spinnen und diverse andere gefährliche Kriechtiere ein Teil ihres täglichen Lebens waren, über den sie sehr genau Bescheid wussten.
Von Zeit zu Zeit kamen junge Aborigines durch die Stadt und setzten sich zu Rita und den anderen ans Lagerfeuer, um eine Mahlzeit mit ihnen zu teilen. Jedes Mal aufs Neue war Arabella fasziniert, wenn die Fremden etwas dazu beitrugen – ein Gebot der Höflichkeit, wie sie schon wusste. Jonathan brachte öfter Brot mit, wenn die Aborigines sie einluden. Inzwischen aber hatten sie kaum noch Mehl, deshalb hatte Jonathan an diesem Abend ein paar Eier gekocht.
Arabella war nicht sicher, welcher Art die Beziehung der fremden Aborigines zu den Frauen in der Stadt war, da die Fremdlinge meist sehr schnell wieder verschwanden, doch ihr fiel auf, dass einige der jüngeren Frauen manchmal mit ihnen gingen. Jimmy, seine Frau Ruby, Rita, Missy und Lily jedoch schienen sesshaft zu sein, obwohl Jonathan ihr erklärt hatte, auch sie könnten jederzeit gehen, wenn ihnen der Sinn danach stand.
Der Emu wurde zerlegt und aufgeteilt. Das Fleisch war saftig und schmeckte ausgezeichnet. Jimmy gab sich bescheiden, als er dafür gelobt wurde, doch Arabella wusste, wie stolz er war. Beim Essen musste sie plötzlich wieder an ihre Eltern denken. Arabella hätte alles dafür gegeben, ihre Reaktion zu erleben, wenn sie ihre Tochter dabei sähen, wie sie mit den Fingern – und dazu noch »Buschessen« aß. Allein bei dem Gedanken, wie entsetzt sie sein würden, musste Arabella lächeln.
Nach dem Essen spielte Jimmy auf dem didgeridoo . Arabella liebte den melancholischen Klang dieses Instruments. Die Frauen begleiteten Jimmy, indem sie rhythmisch Stöcke aneinanderschlugen und einen Sprechgesang anstimmten.
»Warum versuchst du nicht mal, das didgeridoo zu spielen?«, schlug Arabella Rita vor, als Jimmy sein Spiel beendet hatte.
Rita sah sie erstaunt an.
»Nur zu«, ermunterte Arabella sie. »Ich habe das Gefühl, du kannst es gut.« Ritas Künste am Klavier waren noch immer mit keinem Wort erwähnt worden, und Arabella betete, dass sie niemals wieder zur Sprache kämen.
» Lubras spielen das didgeridoo nicht, Missus«, sagte Rita.
Arabella wollte erwidern, dass Frauen sich im Allgemeinen auch nicht mit Männern prügelten, verbiss sich die Bemerkung jedoch. Mit einem leisen Lächeln schaute sie Jimmy auffordernd an. Er wandte sich Rita zu und hielt ihr das Instrument hin. Sie war verblüfft, nahm es aber mit größter Ehrfurcht entgegen. Dann holte sie tief Luft und blies in das hohle Ende. Ein volltönender, tiefer Klang erfüllte die stille Abendluft. Ritas Augen weiteten sich vor Entzücken, und Jimmy war angenehm überrascht. Er gab Rita ein paar Anweisungen, und sie versuchte es noch einmal.
Ted beugte sich zu Arabella vor: »Ich hab dir ja gleich gesagt, dass sie es gut kann«, sagte er. »Sie hat den nötigen Atem für das didgeridoo! «
Das Feuer prasselte, und die Sterne funkelten am weiten Himmel. Arabella liebte es, abends am Lagerfeuer zu sitzen, wenn die drückende Hitze des Tages nachgelassen hatte. Sie dachte an die Zukunft und dass sie bald wieder zu Hause in England sein würde, und sie versuchte, sich die Eindrücke dieses wundervollen Abends im Outback fest ins Gedächtnis einzubrennen … den würzigen Duft des Holzrauchs in der warmen Luft, den samtigen Himmel über ihnen, gesprenkelt mit unzähligen funkelnden Sternen, den Gesang der Grillen, den flackernden Feuerschein, der auf Jonathans Gesicht spielte und ihm einen geheimnisvollen Schimmer verlieh … Arabella wollte das alles niemals vergessen.
Nach einer Weile rannten die Aborigine-Kinder davon, um sich in den Hütten ihrer Mütter schlafen zu legen. Die Frauen folgten ihnen.
»Wie geht es mit Uris Ausbildung voran?«, fragte Stuart. Ihm war aufgefallen, wie sehr seine Stute das junge Kamel vermisste, sagte aber nichts davon, da er Arabella
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