Im Tal der flammenden Sonne - Roman
Moira und Jane erledigen gerade den Abwasch.«
»Sind die Hühner schon gefüttert?«
»Ja, und Tony hat auch gleich die Eier eingesammelt. Jane hat Brot gebacken und Spiegeleier gebraten, Moira hat den Toast gemacht. Nach dem Abwasch will sie abstauben und die Böden aufwischen. Für mich gibt’s im Moment nichts zu tun, deshalb dachte ich, ich begleite Jonathan in die Ghan-Siedlung. Es sei denn, ich kann noch irgendetwas für Sie tun.«
»Nein, gehen Sie nur.«
»Moira und Jane würden Ihnen nach dem Frühstück gern einen kleinen Besuch abstatten, wenn es Ihnen recht ist.«
Maggies Miene hellte sich auf. »Das wäre wunderbar! Ich bin gespannt, was es in Farina Neues gibt.«
»Gut. Dann sage ich ihnen, sie können in ein paar Minuten heraufkommen.«
»Sie können gern sofort kommen«, sagte Maggie eifrig und streute ein wenig Salz aufs Ei. »Das hier hab ich schnell verputzt.«
Arabella freute sich über Maggies gesunden Appetit, da sie ihn als gutes Zeichen ansah. Wer Hunger hat, sagte sie sich, kann nicht ernsthaft krank sein.
Nachdem sie den Frauen unten gesagt hatte, wohin sie ging und dass Maggie sie erwartete, eilte sie in den Salon, wo Jonathan seine neuesten Fotografien durchsah. Er hatte Paddy Khan versprochen, sie ihm zu zeigen. Und er wollte Arabella unbedingt mit ihm bekannt machen.
Die Ghan-Siedlung auf der anderen Seite der Bahngleise bestand aus einem Dutzend kleiner Hütten aus Lehmziegeln. Die Dächer waren flach, die unverglasten Fenster zu beiden Seiten des Eingangs mit Läden versehen. Diese wurden gegen die Sonneneinstrahlung geschlossen, sodass die Hitze draußen blieb, die Luft aber zirkulieren konnte, erklärte Jonathan. Eine für Outback-Verhältnisse stattliche Moschee bildete den Mittelpunkt der Siedlung. Davor lagen Matten, die alle in derselben Richtung ausgerichtet waren.
»Das sind Gebetsteppiche, aber das Morgengebet ist vorbei, deshalb ist niemand mehr da«, klärte Jonathan seine Begleiterin auf.
Männer betraten ihre Häuser oder verließen sie; einige hatten auf den Kamelkoppeln zu tun. Arabella bemühte sich, die finsteren, argwöhnischen Blicke zu ignorieren, mit denen sie bedacht wurde. Vor zwei Hütten in unmittelbarer Nähe hockten Aborigine-Frauen mit Kindern. Die dumpfe Teilnahmslosigkeit, mit der sie die Weiße musterten, war Arabella wesentlich lieber als die Feindseligkeit der Männer.
»Paddy ist bei seinen Kamelen«, sagte Jonathan und deutete mit dem Kinn auf eine von mehreren großen Koppeln. Paddy winkte, als er sie kommen sah. Er war groß und schlank und trug einen Hut statt eines Turbans und eine weite Latzhose ohne Hemd darunter. Seine Haut war heller als die der anderen Afghanen, und seine Miene drückte heitere Zufriedenheit aus, wie Arabella sie bisher noch bei keinem Afghanen gesehen hatte. Sie vermutete, dass sein irisches Erbe dafür verantwortlich war. Je näher sie den Koppeln kamen, desto stechender wurde der Gestank, der ihnen in der Hitze entgegenschlug. Arabella verzog das Gesicht und hielt sich Mund und Nase zu. Als sie Jonathans warnenden Blick auffing, wurde ihr klar, dass Paddy ihr Benehmen für unhöflich halten würde. Sie nahm die Hand wieder herunter und versuchte, so flach wie möglich zu atmen.
»Guten Morgen«, rief Jonathan, und Paddy erwiderte den Gruß freundlich.
»Paddy, ich möchte dir Arabella Fitzherbert vorstellen. Es hat sie nach Marree verschlagen, und jetzt sitzt sie für eine Weile hier fest …« Jonathans Stimme verlor sich. Die Situation war ihm unangenehm. Natürlich hatte Paddy wie alle anderen Afghanen von Arabellas Missgeschick gehört und wusste, dass sie Kamele für »stinkende Viecher« hielt. Aber er kannte Jonathan gut genug, um zu wissen, was dieser mit seinem Besuch in der Ghan-Siedlung bezweckte: Er hoffte, Arabella die Augen zu öffnen.
»Ich freue mich, Sie kennen zu lernen«, sagte Paddy mit singender Stimme. Da er ein hilfsbereiter Mensch war, hätte er vielleicht Mitleid mit Arabella gehabt und sie nach Alice Springs gebracht, doch einige seiner Kamelstuten würden bald fohlen, und er wollte die Tiere nicht allein lassen. Dieses Ereignis war in seinen Augen wichtiger als eine im Grunde überflüssige Reise – schließlich würde die junge Frau mit ihren Eltern vereint sein, sobald der Zug wieder verkehrte.
»Die Fotos sind noch besser geworden, als ich gehofft hatte«, meinte Jonathan und zeigte sie Paddy.
»Großartig«, lobte Paddy. »Der Ausflug hat sich wirklich gelohnt.« Er
Weitere Kostenlose Bücher