Im Tal der flammenden Sonne - Roman
nicht, ich kann also mitkommen«, sagte sie aufgeregt.
»Großartig! Ich werde Stuart bitten, das Pferd zu satteln.«
»Was ist mit Uri? Bringen wir ihn zu Paddy?«
»Ich habe mit Paddy gesprochen. Er meint, das Beste wäre, ihn mitzunehmen.«
Arabella war überrascht. »Was?«
»Ja. Paddy wird eine Kamelstute reiten. Und das Fohlen mag sowohl Sie als auch das Pferd, deshalb wird es ohne Probleme mit uns trotten.«
»Ist der Weg denn nicht zu weit für so ein junges Tier?«
Jonathan lächelte. »Keine Angst. Uri ist ein Kamel, und Kamele sind bereits kurz nach der Geburt auf den Beinen und laufen weite Strecken. Es wird ihm nichts ausmachen.«
Während Stuart seine Stute für Arabella sattelte, kam Paddy mit zwei gesattelten Kamelen. Er und Jonathan stiegen auf, Stuart half Arabella auf den Rücken der Stute. Wie Jonathan verärgert feststellte, ließ er seine Hände länger als nötig auf ihr ruhen. Uri trabte aufgeregt in der Box hin und her und blökte zum Erbarmen; anscheinend hatte er Angst, allein zurückbleiben zu müssen.
»Soll ich ihn jetzt rauslassen?«, rief Stuart.
»Ja, wir sind so weit«, antwortete Paddy.
Stuart öffnete das Gatter, und Uri lief eilig zu Bess und ihrer Reiterin; er wich ihnen nicht mehr von der Seite. Arabella musste unwillkürlich lächeln. Tony hatte ihr zum Schutz vor der Sonne einen Hut und ein Hemd geliehen, und von Maggie hatte sie einen langen, weiten Rock bekommen, in dem sie bequem im Sattel sitzen konnte, sowie geschlossene Schuhe. Etwas zu essen hatte Maggie ihnen auch mitgegeben. Ausreichend Wasser hatte Jonathan ohnehin stets dabei.
»Wir sind spätestens am frühen Abend zurück«, rief Jonathan Tony und Maggie zu, die ihnen zum Abschied zuwinkten. Dann vergewisserte er sich noch einmal, dass seine Fotoausrüstung richtig befestigt war. Er erhoffte sich nicht nur ein paar schöne Aufnahmen von der Landschaft, sondern auch von Arabella, sofern sie es ihm gestattete. Ihre Haut sah noch ein bisschen mitgenommen aus, hatte aber bereits eine gesunde Farbe angenommen. Wenn er sie nicht aus nächster Nähe fotografierte, würde von den Spuren des Sonnenbrands nichts zu sehen sein.
Die kahle, monotone Landschaft hatte dem Auge nicht viel zu bieten. Arabella genoss den Ritt auf der lammfrommen, im Gelände sehr sicheren Stute dennoch, weil es ihr Freude machte, wie brav Uri neben ihr her zockelte. Jonathan und Paddy, die vorausritten, sahen auf ihren majestätischen Tieren sehr erhaben aus. Paddy trug ebenfalls einen Hut und ein weites Gewand, unter dem die Luft zirkulieren konnte und das ihn kühl hielt. Mühelos schritten die Kamele, selbst der kleine Uri, über den glühend heißen Sand. Während ihre mit dicken Schwielen gepolsterten Zehen sich spreizten, sodass sie nicht einsanken, schien das Pferd den Sand mit seinen Hufen aufzuwirbeln.
»Darf ich Sie etwas fragen, Paddy? Jonathan hat mir erzählt, Sie seien halb irischer, halb afghanischer Abstammung. Wie kommt das?«
Paddy lachte. »Eine seltsame Mischung, nicht wahr? Mein Vater war einer von sechsundfünfzig Afghanen, die von Australien angefordert wurden und zusammen mit dreihundert Kamelen 1884 in Port Augusta eintrafen. Er hatte schon einige Jahre in der Stadt gelebt und gearbeitet, als er meine Mutter kennen lernte, eine Irin, die als Bühnentänzerin arbeitete. Sie tourte mit einer Tanzgruppe durch Australien, als sie in Coober Pedy einen Italiener traf, der sie heiraten wollte. Offenbar fand auch sie ihn nett, denn als die Truppe weiterzog, blieb meine Mutter in Coober Pedy. Ein paar Tage nach seinem übereilten Heiratsantrag entdeckte der Italiener ein reiches Opalvorkommen. Meine Mutter war glücklich und träumte schon von einem Leben in Wohlstand, doch der Italiener machte ihr einen Strich durch die Rechnung. Plötzlich wollte er von einer Hochzeit nichts mehr wissen. Er jagte sie davon, und sie saß ohne einen Penny auf der Straße. Sie hielt einen Mann mit einem Ochsengespann an, der nach Süden unterwegs war, und bat ihn, sie mitzunehmen. Als sie unweit von Island Lagoon ihr Nachtlager aufschlugen, wurde der Mann von einer Schlange gebissen und starb. Meine Mutter blieb ganz allein in der Wildnis zurück. Sie hatte zwar Wasser, aber nichts zu essen. Hätte sie die Kraft gehabt, hätte sie einen der Ochsen geschlachtet und das Fleisch auf einmal aufgegessen, hat sie mal zu mir gesagt.« Paddy lachte. »Erst am vierten Tag wurde sie gerettet – von meinem Vater.«
»Was hat er denn da
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