Im Tal der Mangobäume
waren zur Stelle, um sie zu verabschieden. Tottie weinte und lächelte und versprach zu schreiben. Harry gab ihr einen langen, leidenschaftlichen Kuss, der bei den Umstehenden Bravos und Pfiffe hervorrief, und half ihr in den Wagen, dann ging er auf die andere Seite und ergriff die Zügel. Ihre Aborigine-Freunde gingen zu Fuß nebenher und riefen anderen Stammesangehörigen, an denen sie vorbeikamen, fröhlich Abschiedsworte zu. Ned hatte den Eindruck, dass sich die Anzahl der Aborigines erheblich erhöht hatte, doch das schien Harry und Tottie nicht zu stören.
Ihre Abreise bedrückte Ned. Dennoch war er froh, dass er beschlossen hatte, sich mit Duke zusammenzutun, anstatt weiterhin wie ein pickeliger Schulknabe nach einer glücklich verheirateten Frau zu schmachten.
»Du musst dich jetzt zusammennehmen«, sagte er sich. »Die kommende Reise wird nicht so ein Zuckerschlecken, wie Duke es sich vorstellt.«
Dann nahm er sich die Zeit, seinen Eltern zu schreiben, und besaß den Anstand, seinen Vater für sein unverantwortliches Benehmen um Verzeihung zu bitten. Er hatte auf diesem langen Treck, auf dem er mit Treibern lebte und arbeitete, eine Menge gelernt: vor allem, dass er aufmerksam sein musste und nicht nur sich und seine Probleme sehen durfte. Zeitweise war er dermaßen erschöpft gewesen, nicht nur für ein paar Stunden, sondern tagelang, dass er erwogen hatte, im nächsten Dorf aufzugeben und umzukehren. Glücklicherweise aber hatte er bemerkt, dass die anderen Männer im Sattel genauso ermattet waren wie er. Umso mehr, als sie auch noch Nutzlasten trugen.
Er sah sie ins Lager kommen, sich hinhocken und schweigend essen, beinahe zu erschöpft, um zu schlucken. Er sah sie alle möglichen Verletzungen erdulden, wenn sie mit ihrer Fracht durch den Busch vorstießen, und sich gegenseitig zusammenflicken, so gut es ging. Eukalyptus war anscheinend das Allheilmittel für Beschwerden wie Rückenleiden, Husten und gebrochene Finger, Buschhonig war gut für Entzündungen und Rum für alle sonstigen Wehwehchen.
Jetzt, am Ende der Reise, empfand er eine starke Zuneigung für die Männer, die er anfangs für ziemlich zugeknöpft gehalten hatte und hoffte, dass sie gut von ihm dachten. Am Ende war jeder zu ihm gekommen, um ihm zum Abschied die Hand zu drücken oder ihn am Ohr zu zupfen und zu sagen, er sei »in Ordnung«, und das machte Ned ungemein stolz.
»Dich stelle ich jederzeit ein!«, hatte Ginger Magee gesagt.
Jetzt war Ned auf der Hauptstraße und suchte in einem Stapel Lederwaren nach Satteltaschen – denn seine waren inzwischen abgenutzt –, als Duke wieder zu ihm stieß.
»Ich habe eben Matt Doolan getroffen«, sagte er.
»Wen?«
»Matt. Den vermissten Treiber.«
»Oh. Wo ist er gewesen?«
»Er jammert, weil er sich einer anderen Treibermannschaft angeschlossen und der Boss ihn verprügelt hat, weil er während der Wache eingeschlafen ist. Er wollte Harry und seinen Leuten tatsächlich nachreiten und fragen, ob Harry ihn wieder nimmt, aber ich habe ihm gesagt, er soll verschwinden.«
Ned lachte; er musste daran denken, dass Duke und Matt nicht eben Harrys Lieblingstreiber waren.
»Wohin gehst du jetzt?«, fragte er.
»Ich muss einen Brief aufgeben.«
»Fein. Nimmst du meinen mit? Danach treffen wir uns in der Kneipe. Ich will mir die Landkarten noch einmal ansehen.«
»Ist gut.« Duke drehte Neds Brief herum. »So ein braver Junge. Schreibt seinen Eltern. Hast du deinem alten Herrn erzählt, dass wir morgen zur großen Landnahme aufbrechen? Das wird ihm imponieren.«
»Nein. Für den Fall, dass wir es nicht schaffen.«
»Verdammt, Ned! Nun mach aber mal halblang! Natürlich schaffen wir das! Bis nachher.«
Duke hatte Lucy Mae geschrieben, er werde sich auf den Heimweg machen, sobald sein abgestecktes Land registriert sei, und er hoffe, sie in wenigen Monaten zu sehen. Er fügte sogar an, dass er sie sehr vermisse.
Als er an die Theke des Ladengeschäfts trat, das auch als Postamt diente, rief die Frau des Inhabers: »Ein Brief für Sie, Duke! Und einer für Ihren Freund, den englischen Herrn, Mr.Heselwood.«
Duke nahm die zwei Briefe entgegen, kaufte dann Marken für seinen Brief an Lucy Mae und Neds Brief an seine Eltern und gab sie auf.
Er war der festen Überzeugung, dass der Brief an ihn, der nach Mango Hill adressiert war und den Paul ihm nachgeschickt hatte, von Lucy Mae war. In seiner Aufregung stopfte er Neds Brief in die Gesäßtasche seiner Arbeitshose und zog sich in eine
Weitere Kostenlose Bücher