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Im Tal der Mangobäume

Im Tal der Mangobäume

Titel: Im Tal der Mangobäume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Shaw
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und werde wohl dort zu Mittag essen. Und morgen möchte ich zum Gestüt. Wir haben etliche neue Hengstfohlen. Ich kann es nicht erwarten, sie zu sehen.«
    Rosa war plötzlich besorgt um ihn. Sein Gestüt lag im Brisbane-Tal. Das war ein langer Ritt in seinem Alter. »Sei vorsichtig«, sagte sie. »Du reitest doch nicht allein?«
    »Nein. Ich nehme Carlos mit.«
    »Das wird ihn freuen.« Carlos war Juans Diener und Kutscher, aber er ritt für sein Leben gern.
    »Ich wünschte, ich könnte mein Mädchen ebenso froh machen«, sagte ihr Vater wehmütig.
    Rosa seufzte. »Ach, Papa.« Sie schlang ihre Arme um ihn. »Ich habe dich lieb, mehr als alles auf der Welt. Und danke für das wunderbare Geschenk. Charlie wird es nicht glauben, dass wir es bei uns haben. Er will es bestimmt auf die Bank bringen.«
    »Mach dir darüber keine Gedanken. Sieh zu, dass du die Schatten los wirst, mein Herz. Sie sind unkleidsam.«
    Als er gegangen war, fiel ihr ein, dass sie ihn nach Adelaide hätte fragen sollen, solange er in so fürsorglicher Stimmung war. Aber vielleicht war es besser, dass sie es nicht getan hatte. Warum sollte sie in seinen vergangenen Liebesaffären herumstochern? »Gerade du!«, hatte Lark gesagt. Aber Lark hatte eine Menge Unsinn geredet. Und sie hatte Juan provoziert, genau das zu tun, was sie befürchtet hatte.
    Aus einem unerfindlichen Grund musste Rosa wieder weinen.

[home]
    Kapitel 16
    Er fand sie bei den Twin Waters, den Zwillingsseen, tief im Inneren des Kalkadoon-Gebietes. Wenn der große Regen von Norden die Fluten schickte und die Flüsse über die Ufer treten ließ, vereinigten sich die Wasserläufe zu einem kleinen schillernden Meer, wo es von Getier und unzähligen Vögeln wimmelte. Wenn dann das Land austrocknete und das Wasser sich zurückzog, blieben zwei Seen übrig, je einer an jedem Ende einer weiten Ebene mit sattem Weideland, sehr zur Freude der Kängurus, Wallabys und vielen kleineren Tiere, die in dem Gebiet heimisch waren. Wegen der Überfülle an Nahrung diente diese Ebene häufig für Korroboris, doch Ladjipiri merkte beim Näherkommen, dass diese große Zusammenkunft kein alltägliches Ereignis war. Er spürte die Spannung und die unterdrückte Erregung, als er sich einen Weg durch Gruppen von Männern und Frauen bahnte, die allesamt zu sehr in ihre Tätigkeiten vertieft waren, um ihn eines Blickes zu würdigen. Diese Beschäftigungen machten sein Herz beklommen. Er sah viele Handwerker bei der Arbeit: Hersteller von langen Speeren und kürzeren Pfeilen; Künstler, die große Bumerangs anfertigten, so scharf und präzise, dass sie im Bogen über den Himmel ziehen und auf ein Riesenkänguru herabstoßen konnten. Er sah Frauen, die große Kriegerschilde und Kriegskeulen verzierten, er sah geschickte Hände, die Speerspitzen an Feuersteinen schärften, und ihm fiel auf, dass nur wenige Kinder umherliefen. Das ließ nichts Gutes ahnen.
    Dann aber sah er am Ufer inmitten einer Menge von jungen Leuten Banggu. Er stand stolz bei mehreren anderen Kriegern, und Frauen trugen die ockerfarbene Kriegsbemalung auf seinen Körper auf. Seine Haare waren zu einem Knoten zusammengefasst, sein bereits bemaltes Gesicht war kaum zu erkennen, und er trug das mit Kakadufedern geschmückte traditionelle Stirnband des gefürchteten Kalkadoon-Stammes. Das musste einiges gekostet haben, überlegte sein Vater. Die Kalkadoon duldeten nicht ohne weiteres Fremde in ihrer Mitte, und als er vorsichtig näher an die Gruppe heranging, konnte er die frischen Initiationsnarben an Banggus Oberkörper erkennen.
    »Ach«, murmelte er verbittert, »mein Sohn hat sich das Recht verdient, getötet zu werden.«
    Es war jetzt zu spät für Banggu, davon Abstand zu nehmen, selbst wenn Ladjipiri ihn dazu überreden könnte. Die Stammesgesetze sahen harte Strafen für Abtrünnige vor.
    Ladjipiri machte sich Vorwürfe, weil er seinen Sohn nicht früher gefunden hatte, aber dies war ein unendlich großes Land, von Tausenden Menschen bewohnt. Er würde seiner Frau erklären müssen, dass er von Glück sagen konnte, ihn überhaupt gefunden zu haben. Er betrachtete die Frau neben Banggu, eine kräftige, wohlgestalte Frau, und er sah die Liebe der beiden. Sie würden prächtige Kinder haben; wie stolz würde dies Banggus Mutter machen, die ihren anderen Sohn durch die weißen Männer verloren hatte.
    Plötzlich erkannte Banggu ihn, sein Mund blieb offen stehen vor Staunen und Jubel, und er hob trotzig die Faust. Wie im Traum ging Ladjipiri

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