Im Tal der Mangobäume
verschwunden.
Im Wirtshaus sah er den hiesigen Polizeisergeant an der Bar, und ihm fiel ein, dass er diesem Herrn – Sergeant Hannah, wenn er sich recht erinnerte – Beresfords Verbrechen melden musste, bevor er Longreach verließ. Aber es wäre wohl angemessener, auf der Polizeiwache offiziell Anzeige zu erstatten.
Was er tun würde, nahm er sich fest vor, ganz bestimmt!
Doch da kam Hannah zu ihm. »MacNamara, nicht wahr? Sie und Ned, Freunde von Inspektor Beresford?«
»Wie man’s nimmt«, sagte Duke. »Das trifft sich gut, ich wollte sowieso mit Ihnen über ihn sprechen. Wir sind gerade aus Cloncurry gekommen.«
»Ah, dann haben Sie es gehört?« Der Sergeant sah zur Tür. »Da kommt Ned. Sie haben also von dem Inspektor gehört?«, sagte er, diesmal zu Ned.
»Gehört, was?«
Hannah schob seinen breiten Hut verwundert auf den Hinterkopf. »Nein? Also …«
Zu ihrem Erstaunen nahm er den Hut ab. Als Zeichen der Achtung, so schien es. »Ein Viehtreiber kam heute Morgen mit der Nachricht. Beresford ist getötet worden. Die Schwarzen haben ihn erwischt. Kalkadoon. Sie haben ihn aus dem Hinterhalt überfallen und ihn und drei von seinen schwarzen Polizisten getötet.«
»Wo war das?«, fragte Ned.
»Irgendwo in den McKinley-Bergen. Ein Polizist wurde verletzt, konnte aber zu einer Farm entkommen und Alarm schlagen. Ich weiß, dass Sie mit ihm befreundet waren. Es tut mir leid.«
Duke war sprachlos. Ned brachte es immerhin fertig zu fragen, ob man den Leichnam gefunden habe.
»Noch nicht, soviel ich weiß. Aber die Leute von der Farm könnten ihn inzwischen gefunden haben. Ein paar von meinen Männern sind hingeritten, um zu ermitteln. Damit bleibt in Cloncurry nur eine schwache Besetzung unter Sergeant Krill. Wir brauchen unbedingt Verstärkung. Die Lage ist außer Kontrolle geraten. Ich muss los, Männer. Tut mir leid …«
»Aber es steht fest, dass er getötet wurde?«, fragte Ned.
»Leider, ja. Der Polizist sagt, die Schwarzen wussten, wer er war. Sie haben seinen Namen genannt. Haben ihn verhöhnt, die Mistkerle.«
Als Hannah gegangen war, schluckte Duke. Sprach kein Wort. Ausnahmsweise, überlegte er, halte ich mich lieber zurück und überlasse anderen das Reden.
Ned bestellte etwas zu trinken, dann sagte er zu Duke: »Er war kein schlechter Kerl. Er hat lediglich geglaubt, dass es richtig war, was er tat. Wie seltsam, dass so viele durchschnittliche Engländer und Europäer sich plötzlich nichts dabei denken, Menschen von anderer Hautfarbe um ihres Landbesitzes willen oder zum Zeitvertreib zu töten. Ich meine, Marcus war ein Gentleman …«
Duke zuckte die Achseln. Unverbindlich.
»Hoffentlich hat er nicht gelitten«, meinte Ned betrübt.
Da hoffst du wohl vergebens, dachte Duke bei sich.
»Weißt du«, sagte Ned nachdenklich, »diese plötzlichen Tode machen mir zu schaffen. Das ist so ungerecht. Ich war eine große Enttäuschung für meinen Vater. Es ist schrecklich, dass ich nie die Möglichkeit hatte, mich zu bewähren.«
»Aber die hast du jetzt«, sagte Duke. »Dein Vater hatte Rinderfarmen überall in Neusüdwales und Queensland. Du wirst alle Hände voll damit zu tun haben, sie beisammenzuhalten, aber du bist ja kein Neuling mehr. Du bist auf dem Treck bei Harry in die Lehre gegangen. Du wirst es bestimmt gut machen, Ned. Und …«, er lachte, »wenn du mal Hilfe brauchst, kannst du dich immer an mich wenden.«
»Nett von dir … was wirst du anfangen?«
»Ich habe beschlossen, mich aufs Fangen von Wildpferden zu verlegen, wenn ich nach Hause komme. Die streifen zu Tausenden durchs Land. Du hast sie ja selbst gesehen. Das sind wahre Schönheiten. Leicht verdientes Geld. Ich werde sie selbst bändigen, die Spreu vom Weizen trennen und sie auf Auktionen verkaufen.«
»Und Lucy Mae?«
»Lucy Mae? Ich hole sie und das Kind nach Rockhampton.«
»Hast du nicht etwas vergessen?«
»Was denn?«
»Eine Hochzeit.«
»Das ist Frauensache.«
Ned nahm die Mappe mit den wertvollen Papieren zur Hand, in denen ihr Anspruch auf Antonia Springs festgehalten war. »Da fällt mir etwas ein. Wir sind auf dem Weg zurück in die Zivilisation. Hier könnte Post auf uns warten!«
Diesmal hatten sie kein Glück. Kein Brief, für keinen von ihnen. Als sie dann auf die belebte Straße hinaustraten, fasste Duke Ned am Arm. »Hör mal, mein Freund, ich wollte bloß sagen, wegen Marcus. Es tut mir leid. Das hätte ich niemandem gewünscht.«
Ned lud sich seine Packtasche auf die Schulter.
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