Im Tal der roten Sonne - Australien-Saga
obwohl man die beiden nicht gerade als Kleinwinzer bezeichnen konnte.
»Verdammt noch mal! Ich hätte nie gedacht, dass Angie das fertig bringen würde«, sagte Josh zu Luke. »Es ist ihr erster Jahrgangswein, und sie gewinnen auch noch die Goldmedaille dafür. Das nenne ich Anfängerglück.« Er hob vielsagend die Augenbrauen. »Carl wird gar nicht erfreut sein.«
»Bestimmt nicht«, bestätigte Luke. Er schüttelte den Kopf und machte Josh eine Geste, sich etwas zu entfernen, damit die Umstehenden ihre Unterhaltung nicht mit anhören konnten.
Vor dem Haus knöpfte Luke seine schwarze Lederjacke gegen die kalte Luft zu und vergrub die Hände in den Hosentaschen. Ihr Plan, Carla und ihre Freundin aus dem Valley zu vertreiben, würde aufgrund der Medaille, die sie soeben gewonnen hatten, scheitern. Niemals würde sie freiwillig von hier weggehen, denn sie hatte die Garantie, dass sich ihr erster Jahrgangswein bestens verkaufen würde, und dieses Ansehen würde sich auf ihre zweite Ernte übertragen.
Viele Anwohner des Barossa Valley hatten sie schon akzeptiert - Kleinwinzer, Händler und Ladenbesitzer. Es war fast so, als würden sie sich insgeheim freuen, dass Carla einen Sieg über den riesigen Konkurrenten Rhein-Schloss errungen hatte. Die Tatsache, dass sie liebenswert und freundlich war, erhöhte noch ihre Beliebtheit. Lukes Mutter lehnte seine Kritik ihr gegenüber ab, und in den letzten Monaten hatte es in Stenhaus einige erhitzte Diskussionen darüber gegeben. Seine Mutter hatte Carla verteidigt, und Lisels Hass Carla gegenüber war noch gestiegen und hatte zu Streitigkeiten geführt, als Großvater nicht dagewesen war.
»Was sollen wir also mit ihnen machen, Luke?« Joshs Ton war unüberhörbar gereizt.
Luke blickte Josh düster an. Er war sich Joshs Verbitterung Carla gegenüber bewusst, die fast genauso groß war wie Lisels Hass auf sie. »Ich weiß nicht. Noch nicht.«
»Wenn dir nichts einfällt, ich hätte da einige Ideen«, sagte Josh und grinste. »Es sei denn …« Josh hielt inne und kniff kurz die Augen zu, »du willst nicht mehr, dass wir sie loswerden.«
Luke zuckte beinahe zusammen, denn Joshs Bemerkung kam der Wahrheit sehr nahe. Wenn er zu entscheiden hätte, wenn Großvater ihn nicht drängen würde, Krugerhoff zurückzukaufen, wenn seine Mutter Carla nicht so sehr mögen würde und … und wenn er nicht angefangen hätte, seine Cousine zu bewundern und mehr zu mögen, als er es eigentlich tun sollte, würde er sie in Ruhe lassen.
»Das wäre ja keine Lösung«, antwortete Luke sybillinisch.
»Freut mich, das zu hören«, gab Josh zufrieden zurück. »Nebenbei bemerkt, es geht das Gerücht um, dass Walt Conrad mit Carla darüber verhandelt, ihr den gesamten Sundown-Crossing-Bestand abzunehmen. Ich nehme an, der Typ ist auf betrügerische Machenschaften aus.« Er kicherte, als wäre das ein Riesenspaß. »Wenn er das wirklich vorhat, ist unser Problem gelöst.«
Luke, den die Äußerungen seines Betriebsleiters zunehmend verärgerten, blinzelte ihn an und fragte: »Wieso?«
»Was passiert, wenn Conrad den Jahreswein nimmt und ihn auf dem Spirituosenmarkt nicht absetzen kann? Conrad wird bestimmt nicht pleitegehen, er ist nur der Zwischenhändler; aber es könnte sich negativ auf Carlas Weingut auswirken, wenn die Verkäufe ausbleiben. Sie hat kaum noch Geld und ist davon abhängig, dass der Wein verkauft
wird, um das Weingut zu finanzieren, bis die nächste Ernte verkauft werden kann. Wenn ihr das Geld ausgeht …«
»Es ist ziemlich unwahrscheinlich, dass Walt den Wein nicht verkaufen kann, nachdem er jetzt eine Goldmedaille gewonnen hat«, bemerkte Luke.
»Stimmt, aber du kennst doch Walt. Er ist ein Schwindler, und wer weiß, vielleicht hat er seinen eigenen Plan im Hinblick auf Sundown Crossing.« Josh nickte. »Dem Mann kann man nicht vertrauen. Carla hält ihn für einen guten Freund, aber Walt will sich nur bereichern.«
»Das brauchst du gar nicht erst zu betonen«, stimmte Luke zu. Er dachte darüber nach, was Josh soeben gesagt hatte. Wollte Conrad sie wirkich über den Tisch ziehen? Und wenn das der Fall war, würden sich die Dinge zu ihren Gunsten entwickeln, wenn Conrad die schmutzige Arbeit machte? Ein saurer Geschmack bildete sich in seinem Mund, gefolgt von einem Anflug von Selbstverachtung. Was sein Erbe anging, wusste er, dass Carla das Valley verlassen sollte.
Großvater, Lisel und sein eigener Vater hielten es für notwendig, Carla zu vertreiben. Aber
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