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Im Tal der roten Sonne - Australien-Saga

Im Tal der roten Sonne - Australien-Saga

Titel: Im Tal der roten Sonne - Australien-Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynne Wilding
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hatte, konnte er keine Antwort darauf finden. Er wusste nur, dass er selbst dazu erzogen worden war, keinen Widerstand innerhalb der Familie zu dulden.
    All diese unausgefüllten Jahre! Alles hätte ganz anders sein können und sollen.
    Wie eine Flutwelle überkam ihn plötzlich ein riesiges Schuldgefühl. Er saß da, bis es fast ganz dunkel war und ein Lichtschein vom Haus herüberkam - bis die Insekten aufhörten zu zirpen und die Vögel verstummten. Als er aufstand, wusste er, was er zu tun hatte. Auch wenn er die verlorenen Jahre nicht mehr zurückholen konnte, so musste er doch anfangen, einen Teil wiedergutzumachen.

19
    C arla, die angesichts ihres ersten offiziellen Besuchs in Stenhaus sichtlich nervös war, weil sie dort zum Abendessen eingeladen war, hielt das Steuer so fest umklammert, dass ihre Knöchel weiß wurden.
    »Pass auf, Mum, du fährst gleich über die Farbkanister«,
warnte Sam sie, und seine Stimme klang vor Aufregung höher als sonst. Als sie in Richtung der Einfahrt fuhr, die zum Eingang des Weinguts führte, war sie zu rasant um eine Kurve gebogen.
    Carla riss das Steuer herum. »Wie dumm, die Farbkanister hierhin zu stellen. Ich werde Tran sagen, dass er sie morgen früh woanders hinstellen soll«, knurrte sie. Vor einem Monat hatten sie einige Liter grüne Farbe bestellt, um im Winter den Vorratsschuppen und die Weinkellerei zu streichen. Winter war die beste Zeit für Wartungsarbeiten, weil die Arbeit an den Reben dann ruhte.
    Während sie zum Anwesen ihres Großvaters fuhr, dachte sie daran, wie die Einladung zum Abendessen entstanden war. Sie hatte ihren Großvater zweimal im Sanatorium besucht und bemerkt, dass sich seine Haltung ihr gegenüber auf bemerkenswerte Weise verändert hatte. Sie hatte erwartet, dass er feindselig reagieren würde, und war bereit gewesen, all das über sich ergehen zu lassen. Es jedoch gar nicht notwendig gewesen, denn er war ihr und Sam gegenüber erstaunlich aufgeschlossen gewesen. Sie versuchte eine Erklärung für sein verändertes Verhalten zu finden und vermutete, dass es daran lag, dass er einen Herzinfarkt erlitten hatte, der ihn zum Nachdenken gebracht hatte. Wenn man dem Tod nur knapp entronnen war, reagierte man bestimmt so.
    Einige Wochen nachdem Carl wieder zu Hause war, hatte Greta angerufen und Carla und Sam gebeten, Samstag zum Abendessen zu ihnen zu kommen. Carla hatte ihre Überraschung heruntergeschluckt und die Einladung angenommen. Jetzt war sie jedoch sehr nervös und ein wenig ängstlich. Als sie mit Angie darüber gesprochen hatte, hatte ihre Freundin vermutet, dass noch etwas anderes als der Herzinfarkt der Auslöser für diesen plötzlichen Sinneswandel
war. Carla zuckte die Schultern, als sie in die lange Einfahrt einbog, die zu Stenhaus führte. Spielte es wirklich eine Rolle, was für eine Motivation Großvater hatte? Wahrscheinlich nicht. Alles, worauf sie hoffen konnte, war, dass mit der Zeit Frieden herrschen würde.
    Als sie die gekieste Einfahrt mit den am Rand stehenden Kiefern und Rosenbüschen hinauffuhr, erinnerte sie sich daran, als sie das erste Mal an die Tür geklopft und von ihrer Tante übel beschimpft worden war. Lisel würde heute Abend auch da sein. Durch ihre kurze Freundschaft mit Josh Aldrich wusste sie, dass alle Stenmarks samstagsabends zu Hause aßen. Wieder mit Lisel konfrontiert zu werden, würde eine große Herausforderung für sie darstellen. Um das mal nett auszudrücken. Aber sie wusste eines - und ihre blauen Augen funkelten vor Entschlossenheit: Egal, was passieren würde - sie hatte nicht vor, nachzugeben oder gar vor der scharfzüngigen Lisel zu katzbuckeln.
    Greta begrüßte Carla und Sam herzlich und führte sie den breiten, gefliesten Flur entlang bis zu dem im Innenhof gelegenen Wohn-Ess-Bereich.
    »Der Verkehr war nicht sehr stark«, sagte Carla als Erklärung dafür, warum sie zwanzig Minuten zu früh dran waren.
    »Im Winter gibt es hier nicht so viele Touristen. Es ist schön, dass ihr schon da seid, dann haben wir noch etwas Zeit, miteinander zu plaudern, bevor Papa kommt.« Greta nahm Carlas Arm. »Komm, setz dich ans Fenster. Luke wird auch bald da sein. Er ist der inoffizielle Sommelier der Familie.«
    Carla setzte sich und ließ ihren Blick durch den Raum schweifen. »Ein wunderschöner Raum. Ich liebe so viel Glas, diese aparten Fliesen und den kostbaren Teppich.«
Sie betrachtete eine Reihe australischer Gemälde, die an einer Wand hingen. »Er ist sehr gemütlich und

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