Im Tal der roten Sonne - Australien-Saga
von sich. »Leider ja. Und es ist für die Stenmark-Familie äußerst unangenehm.«
Verblüfft nahm John seine Brille ab, kniff sich in die Nase und starrte seinen Sohn an. »Und warum?«
»Denk mal nach, Dad. Wer könnte davon profitieren? Nein, profitieren ist vielleicht nicht der richtige Ausdruck. Wem würde ein Stein vom Herzen fallen, wenn Carla und Sam nicht mehr da wären und Sundown Crossing nicht länger existieren würde?«
Johns Augen weiteten sich vor Verblüffung, als ihm spontan die Antwort einfiel. »Du meinst doch nicht …«
»Doch«, bestätigte Luke verdrossen. »Lisel.«
»Ist das dein Ernst?«
»Wir beide wissen, dass sie keine Skrupel kennt. Das hat sie auf Rhein-Schloss oft bewiesen. Und die Vorstellung, dass Großvater Carla in die Familie aufgenommen hat, ist ihr völlig verhasst, was einfach unerklärlich ist. Ich weiß nicht, ob du es bemerkt hast, aber es fällt immer mehr auf, dass sie, um es nett auszudrücken, psychisch etwas instabil ist.«
»Ich weiß, dass sie reichlich überspannt ist«, räumte John ein. »Und dass sie Carla als Bedrohung für dein Erbe
sieht. Lisel hat dich immer als ihren Besitz betrachtet. Daher ist ihr Misstrauen Carla gegenüber verständlich.«
»Verständlich vielleicht, aber was sie getan hat, ist unverzeihlich. Sie hat versucht, Carla und den kleinen Sam umzubringen«, erwiderte Luke empört. »Ich habe kein Problem damit, mein Erbe mit Carla oder Sam zu teilen. Es ist genug für uns alle da. Rechtmäßig steht es eher ihr zu als mir, denn sie ist direkt mit Großvater verwandt.«
»Das ist sehr großmütig von dir, mein Sohn. Aber jetzt verstehe ich auch, warum Lisels Beteiligung an der Tat auf perverse Art Sinn macht. Sie hatte ein Motiv, selbst wenn jemand anders den Brand gelegt hat. Und nachdem sie jetzt vor Ungeduld fiebert, so rasch wie möglich nach Europa zu reisen, könnte das der Beweis für ihre Beteiligung an der Tat sein.«
Luke nickte. »Ich bezweifle nicht, dass Josh Aldrich, wenn es hart auf hart kommt und etwas für ihn dabei herausspringt, Lisel belasten wird. Zwar liegen mit Ausnahme des Geldes, das die Polizei eventuell mit ihr in Verbindung bringen wird, keine äußeren Beweise gegen sie vor. Aber es würde Aussage gegen Aussage stehen. Weil Lisel allerdings eine Stenmark ist, wird man ihr jedoch mehr Glauben schenken.«
John wurde sehr still und räusperte sich nach einer Weile. »Du hast recht. Dennoch, was Rhein-Schloss angeht, wäre es klug, wenn sie von der Bildfläche verschwinden würde. Je eher sie nach Europa fährt, am besten in ein Land, das kein Auslieferungsabkommen mit Australien hat, desto besser ist es für alle Beteiligten.«
»Dem kann ich nur zustimmen. Wie wär’s mit Spanien? Sie spricht fließend Spanisch, weil sie fünf Jahre mit Carlos Rodriguez verheiratet war. Bevor sie jedoch verschwindet, möchte ich sie mit meinem Verdacht konfrontieren und ihr
verdeutlichen, dass sie um der Familie willen - den Skandal würde Großvater nicht überleben - dem Barossa Valley für immer fernbleiben sollte.«
John kratzte sich nachdenklich hinter dem Ohr. »Ich weiß, sie ist eine Plage, aber würde Carl das gutheißen?«
Lukes nickte entschlossen. »Nur so kann es funktionieren, Dad. Wir können in Madrid eine Filiale von Rhein-Schloss eröffnen, die sie leiten kann. Wer weiß, ob sie überhaupt wieder hierher zurückkehren will. Doch wenn Lisel psychisch instabil ist, wie ich es vermute, könnten Carlas und Sams Leben permanent in Gefahr sein.«
John Michaels strich sich über das Kinn. »Ich weiß nicht so recht. Meinst du, dass Carl deine Idee gefallen wird?«
»Mit der nötigen Erklärung bin ich mir ziemlich sicher. Wenn Lisel erst mal im Ausland ist, liegt es an uns, wie wir es ihm beibringen.«
»Du hast das offenbar alles sehr gut durchdacht. Wir sollten es also versuchen.«
»Großvater darf niemals erfahren, was Lisel getan hat«, sagte Luke. »Er hat in den letzten Jahren genug gelitten, und wenn er wüsste, dass Lisel in den Fall verwickelt ist, würde ihn das umbringen.«
John stand auf und setzte seine Brille auf. »Du hast recht. Tu, was du für nötig hältst«, sagte er und schloss leise die Tür hinter sich.
Blind starrte Luke eine Zeit lang auf die geschlossene Tür. Es war gut, dass er die Angelegenheit mit seinem Vater besprochen hatte. Er wusste nun definitiv, was er zu tun hatte.
22
I n Pauls Haus war alles ruhig. Die Loongs, Angie und Sam waren bereits zu Bett gegangen, und
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