Im Tal der roten Sonne - Australien-Saga
einigermaßen intelligent ist, wird sie annehmen, dass das Land viel mehr wert ist, als du ihr dafür geben willst.«
»Das ist es auch, Papa«, sagte Greta. »Das weiß doch jeder.«
»Aber sie vielleicht nicht«, erwiderte Carl mit listigem Blick. »Ich schlage vor, du wartest noch eine Woche und erhöhst dann dein Angebot um zehntausend Dollar. Du hast mir doch erzählt, dass Krugerhoff das einzig wertvolle Erbstück ist, das sie erhalten hat, und dass das Weingut ihres...«, er stolperte über das Wort, »Vaters in Neuseeland verschuldet ist.«
»Soweit ich gehört habe«, bestätigte Luke.
»Also wird sie dein Angebot akzeptieren, wenn sie keine Närrin ist.«
»Aber du musst dich beeilen«, sagte Josh Aldrich, eifrig darauf bedacht, in das Gespräch einbezogen zu werden. »Die anderen Immobilienbüros in der Stadt werden ihr angesichts der hervorragenden Lage von Krugerhoff eine Menge Angebote unterbreiten.«
Plötzlich schlug Carl so hart auf den Tisch, dass das Besteck klirrte. » Ich will das Land .« Seine Stimme wurde tiefer und klang wie entfernter, unheilvoller Donner. »Es war vor über dreißig Jahren im Besitz der Stenmarks, und es gibt kein... ›Hindernis‹ mehr, dass es nicht wieder uns gehören sollte.«
»Ja, Großvater. Ich bin sicher, dass sie so vernünftig sein wird, es zu verkaufen.« Luke gab der Forderung des Familienoberhauptes nach.
Lisel, die Luke schräg gegenübersaß, lächelte ihn beruhigend an. »Mach dir keine Gedanken, Papa, Luke wird Erfolg haben.« Sie griff über den Tisch, um die Hand ihres Neffen zu tätscheln. »Wir wissen, dass er in allem sehr gut ist. Egal, ob es darum geht, auf Rhein-Schloss zu arbeiten oder Michaels’ Immobilien einzuschalten, um mehr Land für den Anbau von Wein zu kaufen.«
Luke brachte mit seinem Lächeln zum Ausdruck, wie sehr er sich darüber freute, dass seine Tante auf seiner Seite war. »Danke für dein Vertrauen, Lisel.«
Diesmal war es sein Vater, der das Thema wechselte und Geschäftliches zur Sprache brachte. Luke hörte nur mit halbem Ohr zu und war mit seinen Gedanken ganz woanders. Selbst nach so langer Zeit konnte es sein Großvater nicht über sich bringen, den Namen seines jüngeren Sohnes laut auszusprechen, obwohl er jetzt tot war. Als ihn die Nachricht von Rolfes Tod ereilte, hatte er kein großes
Interesse daran gehabt, etwas über Rolfes Leben oder seine Kinder zu erfahren - er wusste lediglich, dass er eine Enkelin namens Carla Hunter und einen Urenkel hatte. Seit Jahren schon war er von der Vorstellung, Krugerhoff zurückzubekommen, wie besessen, als ob dadurch die Vergangenheit irgendwie ausgeglichen werden könnte.
Die Reaktion seiner Mutter war anders ausgefallen. Sie wollte alles über die Familie ihres Bruders wissen, was Luke von seinem neuseeländischen Informanten erfahren hatte. Der Kontakt zwischen Rolfe und ihr war immer spärlicher geworden und schließlich gänzlich abgerissen, als Rolfe nach Neuseeland ausgewandert war. Sie wusste nur, dass er geheiratet und eine Tochter hatte. Das war das Letzte, was sie über ihn gehört hatte, und sie nahm an, dass er sich eingelebt hatte und glücklich war. Rolfe war der Lieblingsbruder seiner Mutter gewesen, und Luke hatte die Geschichte, wie und warum Rolfe enterbt worden war, viele Male gehört. Im Vergleich zu heute geltenden, weniger strengen Maßstäben fand er das alles reichlich übertrieben. Großvater hatte wirklich antiquierte Vorstellungen über Moral und korrektes Benehmen.
Als das Hauptgericht aufgetragen war, wanderten Lukes Gedanken zu seiner Kindheit zurück und den Dingen, die er von Krugerhoff wusste. Etwas Geheimnisvolles hatte Krugerhoff umgeben. Rolfe hatte das Valley rasch verlassen und war beinahe spurlos verschwunden. Einige ältere Kinder hatten, als Luke in den Kindergarten der Volksschule ging, die Theorie aufgestellt, dass Rolfe in einem Wutanfall von Kurt oder Carl getötet worden war und seine Leiche irgendwo auf Krugerhoff begraben lag. Da er damals erst fünf Jahre alt gewesen war, zu jung, um logisch zu denken, hatte Luke mit den älteren Jungen mehrere Expeditionen nach Krugerhoff gemacht.
Den Jungen war es jedoch nicht gelungen, in die Gebäude vorzudringen und Rolfes Grab zu finden. Und sogar jetzt noch, so viele Jahre später, erinnerte er sich an das schaurige Gefühl, das er gehabt hatte, als er, wie die Stenmarks es nannten, in unerlaubtes Gebiet eingedrungen war. Auf ihrem letzten Ausflug hatte Otto, ein alter Mann,
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