Im Tal der roten Sonne - Australien-Saga
Louise, was sie ziemlich nervös machte. Wie konnte sie es wagen, schnurstracks zu ihnen zu kommen und obendrein noch mit Erwartungen? Aber sie spürte noch etwas, was weitaus beunruhigender war. Carla
Hunter stellte eine Bedrohung für Luke und sein Erbe dar, obwohl Lisel sich fast sicher war, dass ihr Vater den neuseeländischen Emporkömmling niemals akzeptieren würde. Sie hatte Lukes Traum, zum geschäftsführenden Direktor der Firma aufzusteigen, schon viel zu lange gehegt, um zuzulassen, dass ihm irgendjemand im Weg stand. Carla musste genötigt werden, das Valley umgehend zu verlassen. Irgendwie.
Nachdem Luke Michaels einen Anruf von Lisel erhalten hatte, bei dem sie ihm aufgeregt von Carlas Aufkreuzen in Stenhaus erzählte, wusste er, dass er eine persönliche Unterhaltung mit Rolfes Tochter nicht länger hinauszögern konnte. Sein Bauchgefühl sagte ihm, dass das keine angenehme Unterhaltung werden würde, nach der Art und Weise zu urteilen, wie Lisel mit Carla gesprochen hatte. Es wurde schon dunkel, als er seinen teuren Mercedes in der Nähe der Eingangspforte von Krugerhoff parkte. Er saß einen Moment lang da und nahm die Umgebung in sich auf - er war schon seit Jahren nicht mehr auf Krugerhoff gewesen.
Die alten Tore waren weit geöffnet und die Büsche ziemlich niedrig gewalzt, weil andauernd Autos rein- und wieder rausfuhren. Er bemerkte, dass an der Seite des Cottages ein Auto stand, zweifellos ein Mietauto. Ein blonder, nein, ein rothaariger Junge spielte mit einem Fußball, den er immer wieder gegen die Wand prallen ließ, bevor er ihn auffing und von unten her zurückschoss. Für einen so jungen Burschen war das nicht schlecht. Luke stieg aus dem Auto und ging auf das Cottage zu. Der Junge bemerkte ihn und kam mit dem Fußball unter dem Arm auf ihn zugerannt.
»Hallo, Mister.« Sam hielt alle Leute für seine Freunde.
Er schaute den Mann in dem Geschäftsanzug von oben bis unten abschätzend an. »Suchen Sie meine Mutter?«
»Vielleicht. Ist deine Mutter Carla Hunter?«, fragte Luke, obwohl er sicher war, dass der Junge Carlas Sohn war.
»Ja.« Sam deutete auf die Weinkellerei. »Sie und Angie sind dort drin.«
»Und wer ist Angie?«, fragte Luke und drehte sich halb um.
»Angie war Großvaters Geschäftspartnerin, jetzt ist sie Mums Freundin und Geschäftspartnerin.« Sam zögerte einen Moment und fügte dann leise hinzu: »Großvater ist vor kurzem gestorben. Angie ist eine erstklassige Winzerin, wissen Sie.«
»Wirklich?« Luke nahm diese Informationen mit wachsendem Interesse auf, während er auf die geöffnete Tür der Weinkellerei zusteuerte.
»Möchten Sie Ball mit mir spielen, Mister?«
Luke blieb stehen und wandte sich dem Jungen zu. »Das hängt davon ab, was du spielst. Liga, australische Regeln oder Union?«
»Rugby natürlich«, antwortete Sam beleidigt, und sein Ton deutete an, dass nichts anderes für ihn infrage kam.
»Vielleicht später, nachdem ich mit deiner Mum gesprochen habe.«
In diesem Moment kam Carla aus der Weinkellerei und sah den Mann in dem Geschäftsanzug mit ihrem Jungen reden. Sie hatte gerade noch Zeit für einen flüchtigen Eindruck, bevor er sie bemerkte. Er war groß und gut gebaut. Sein Anzug war teuer und hatte eine perfekte Passform, genauso wie seine maßgefertigten Schuhe. Er hatte gepflegtes schwarzes Haar, eine olivfarbene Haut und hübsche, gleichmäßige Züge, war jedoch für ihren Geschmack keineswegs
attraktiv. Und er benahm sich auf eine Art und Weise, die ihr zu verstehen gab, dass er sich für äußerst wichtig hielt.
»Ms Hunter?« Dann sagte er rasch: »Ich bin Luke Michaels. Wir haben schon bezüglich des Verkaufs von Krugerhoff miteinander korrespondiert.«
Luke sah, wie Carla die Augen zusammenkniff. Das Lächeln auf ihrem Gesicht gefror, dann verschwand es völlig. Hoffnungslosigkeit machte sich in ihm breit. Dieses Unterfangen würde nicht einfach werden. Das Benehmen seiner Tante hatte Rolfes Tochter in Rage versetzt. Lisel war äußerst gut darin, Leute zu verärgern. Aber während er Carla betrachtete, fiel ihm etwas auf, das seine Tante nicht erwähnt hatte: Carla Hunter war ein Spiegelbild, eine moderne Version seiner - ihrer beider - Großmutter. Josh Aldrich war die Ähnlichkeit sofort aufgefallen, aber Luke hatte es nicht geglaubt, bis er es nun selber sah. Das gleiche Haar, die gleichen blauen Augen der Stenmarks. Ja, sie war die jüngere, größere Ausgabe von Anna Louise.
»Ja?« Carla, die aufgrund ihres
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