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Im Tal der Schmetterlinge

Titel: Im Tal der Schmetterlinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gail Anderson-Dargatz
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Sonnenschirm.
    »Ich hab gehört, Ezra und du habt gerade eine Farm gekauft«, sagte Dan.
    »Nur ein Stück Land ohne ein Haus, in der Nähe meiner Schwiegereltern. Wir benutzen ihre Maschinen, bis wir auf eigenen Beinen stehen.«
    »Ihr wohnt also nicht bei deiner Schwiegermutter.«
    »Nein. Wir haben ein Haus ein paar Meilen die Straße hinab gemietet.« Ein Farmhaus mit lediglich fünfzig Quadratmetern und einem muffigen, unausgebauten Erdgeschoss, das einer winzigen, älteren Frau mit Namen Alice gehörte. Sie war knapp einen Meter fünfzig groß, und ihr Ehemann hatte das Haus vor fünfzig Jahren so entworfen, dass es zu seiner zierlichen Gattin passte. Ezra wollte nun genau dasselbe für mich tun. Er hoffte, ein Haus mit einem geräumigen Badezimmer und hohen Decken zu bauen, damit wir nie wieder gezwungen wären, den Kopf einzuziehen. Im Moment lebten wir jedoch zur Miete in einem Haus, das für eine andere errichtet worden war, und mein Rücken schmerzte, da ich mich ständig bücken musste, um in die Welt dieser kleinen Frau zu passen.
    Ich half Dan, alles Notwendige von seinem Wagen zum Tisch zu schleppen: sein Gewehr Kaliber.22, eine Handsäge, Ketten, Messer und ein Brotschneidebrett zum Zerlegen der Organe, einen Wetzstein, Handtücher und Gummihandschuhe, einen Eimer, um sich die Hände zu waschen, einen Kübel für die Leber und das Herz.
    »Ich würde dich gern noch was fragen«, sagte ich.
    »Und das wäre?«
    »Ich habe eben von Val erfahren, dass Grandpa auf dem
Berg dort oben gestorben ist.« Ich nickte in Richtung der rauchverhangenen Hügel. »Gestern Nacht habe ich zufällig einige Zeitungsausschnitte darüber gefunden, wie er Dad angeschossen hat.«
    Dan wandte sich mit einem Eimer in der Hand ab, um ihn am Wasserhahn neben dem Haus zu befüllen. Ich folgte ihm. »Vielleicht könntest du mir ein bisschen erzählen, woran du dich erinnerst.«
    Er bückte sich und drehte den Wasserhahn auf. Während der Eimer allmählich volllief, dehnte und streckte er sich. »Kannst du nicht Beth fragen? Sie müsste mehr wissen als ich.«
    »Mom war ein wenig … zurückhaltend, was das Thema angeht. Ich habe gehört, es gab eine Großfahndung nach eurem Vater. Und Onkel Valentine hat die Suche angeführt.«
    Er wandte sich zu mir um. »Willst du wissen, was ich gefühlt habe, als ich erfuhr, dass sie die Suche eingestellt haben? Erleichterung. Ist das nicht schrecklich? Ich war erleichtert, weil keiner von uns, weder ich, meine Mutter noch Beth jemals wieder etwas mit ihm zu tun haben mussten.« Er bückte sich, um den Eimer hochzuheben. »Aber dann, nachdem sie die Suche aufgegeben hatten, fragte ich mich noch lange Zeit, ob Dad womöglich am Leben war, ob er es sich vielleicht einfach in den Kopf gesetzt hatte, sich aus dem Staub zu machen. Das frage ich mich immer noch - ob er irgendwo anders ein ganz neues Leben begonnen hat.«
    Ich folgte ihm zurück zum Gartentisch. »Wohin könnte er gegangen sein?«
    »Wie zum Teufel soll ich das wissen! Nichts von all dem, was er tat, machte Sinn. Er war ein psychotisches Arschloch. Er hat mich unzählige Male mit dem Riemen grün und blau geprügelt. Na, na, sagte Mom dann immer, Dad kann nichts
dafür! Wahrscheinlich konnte er wirklich nicht anders, aber ich wünschte inständig, meine Mutter hätte einen Weg gefunden, Beth und mich vor ihm zu beschützen. Als ich fünf war, ließ ich eine Blechdose fallen, in der meine Mutter ihr Wechselgeld aufbewahrt hat …«
    »Mom hat sie noch«, fiel ich ihm ins Wort. »Ich habe sie in einer der Kisten gesehen, die Val gepackt hat. Eine Nabob-Teedose voller Münzen.«
    »Das ist sie. Dad hatte gerade ein Bild für Mom aufgehängt, da ließ ich die Blechdose fallen, was einen schrecklichen Lärm veranstaltet hat. Der ganze Boden war mit Pennys bedeckt. Mein Vater wirbelte herum und schlug mit dem Hammer auf meinen Kopf ein. Es ist ein wahres Wunder, dass er mich nicht umgebracht hat. Als ich älter wurde, hatte ich oft teuflische Kopfschmerzen, und wenn es mal wieder so weit war, dann warf Mom meinem Vater diesen vorwurfsvollen Blick zu, woraufhin Dad auf dem Absatz kehrtmachte und das Haus verließ.«
    Gespannt beobachtete ich, wie sich mein Onkel den Schweiß mit einem Taschentuch von der Stirn wischte. Die Narbe war immer noch zu sehen. »Trotzdem bleibt rund um sein Verschwinden einiges unklar, ergibt irgendwie keinen Sinn«, sagte ich.
    »Bei der Geschichte gibt es viele Dinge, die keinen Sinn ergeben. Wie zum Beispiel

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