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Im Tal der Schmetterlinge

Titel: Im Tal der Schmetterlinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gail Anderson-Dargatz
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konnte er sich überhaupt verlaufen? Er kannte die Berge wie seine Westentasche.«
    »Du glaubst also nicht, dass er sich tatsächlich verirrt hat?«
    Dan zuckte mit den Schultern. »Viele Menschen sind im Laufe der Jahre dort oben verschollen. Während des Krieges sind einige Kinder aus der Gegend verschwunden. Es kursierten Gerüchte, dass irgendetwas in den Bergen eines nach
dem anderen geholt haben soll. Ein Bär tötete ein Mädchen - wie hieß sie doch gleich? Sarah Kemp -, das war ungefähr zur selben Zeit. Wiederum andere sind einfach erfroren. Es gab einen Viehhüter, der für den alten Peterson gearbeitet hat. Eines Tages ist er verschwunden. Fast alle Männer im Tal - ich eingeschlossen - haben nach ihm gesucht, wie damals nach meinem Vater. Wir haben die Suche schließlich eingestellt, als der erste Schnee fiel. Im nächsten Frühjahr fand ein anderer Viehhüter das Hemd des Mannes und seine Knochen neben einem herabgestürzten Baumstamm. Offenbar hatte sich der Mann verlaufen und ist in den Spalt unter den Baum gekrochen, um Schutz zu suchen. Dort muss er dann gestorben sein.« Er blickte zu den Bergen. »Ja, viele Menschen sind in den Bergen dort oben verschwunden.«
    »Aber du glaubst nicht, dass dein Vater einer von ihnen war.«
    »Es gab lauter Ungereimtheiten. In der Nacht seines Verschwindens waren Schüsse zu hören, hier auf Valentines Grundstück, wo doch Dad angeblich Gus oben in den Bergen angeschossen haben soll. Valentine hat behauptet, einen Puma erlegt zu haben, der ihm und Gus gefolgt war. Aber alle Menschen im Tal haben vier Schüsse gehört, und ich wusste, dass Valentine höchstens zwei Kugeln darauf verwendet hat, ein Tier zu töten. Er bemühte sich immer um einen sauberen Schuss und gab die Jagd auf, wenn es ihm nicht gelang.«
    »Es war dunkel.«
    »Natürlich. Aber dann erklär mir mal, wie Gus in jener Nacht den Abstieg aus den Bergen mit einer Schusswunde überlebt haben soll. Als ich zur Schule ging, gab es diesen Mc-Pherson-Jungen, der von Jimmy Walters am Arm getroffen worden war. Sie machten Unfug, spielten Soldaten. Jimmy
wollte die Waffe weglegen, und da ging sie los. Bumm, direkt in den Arm. Hat eine Arterie durchtrennt. Der Junge verblutete in der kurzen Zeit, in der Jimmy übers Feld ins Haus lief, um Hilfe zu holen.«
    »Was willst du damit sagen? Denkst du, dass Valentine mit der Puma-Geschichte etwas vertuschen wollte? Dass er deinen Vater ermordet hat?«
    »Das habe ich nicht behauptet. Immerhin war dein Vater derjenige, der am Arm verletzt wurde.« Als er meinen Gesichtsausdruck bemerkte, fügte er rasch hinzu: »Es hing der Gedanke in der Luft, Gus könnte meinen Vater aus Notwehr erschossen haben. Ich sage jedoch nicht, dass er es getan hat. Gleichzeitig wurde gemunkelt, vielleicht habe Valentine Dad auf dem Gewissen. Im Laufe der Jahre gab es Gerüchte über ihn und Mom. Valentine ging ständig zu ihr, sobald Dad auf einer seiner kleinen ›Reisen‹ war.«
    »Und niemand hat deinem Vater davon erzählt?«
    »Um Himmels willen, nein! Vermutlich waren sie alle froh, dass Mom ein wenig Freude in ihrem Leben fand. Egal wo. Keine Ahnung, ob es irgendein Techtelmechtel zwischen ihr und Valentine gegeben hat, aber viele Leute im Tal haben das geglaubt. Mom war eine würdevolle Dame, immer höflich und zurückhaltend. Sie hätte sich niemals zu so etwas herabgelassen. Außerdem hatte sie zu große Angst vor Dad. Sie wusste, wozu er fähig ist. Mit Valentine verband sie eine tiefe Freundschaft. Und die brauchte sie auch, wo sie doch mit meinem Vater zusammenlebte. Niemand machte ihr deswegen einen Vorwurf.«
    »Ich verstehe das nicht. Wenn es tatsächlich Ungereimtheiten gegeben haben sollte, warum glaubte die RCMP dann Valentine?«
    »Valentine hatte viele Jahre mit den Cops zusammengearbeitet.
Immer wenn jemand in den Bergen vermisst wurde, führte er die Suche an. Er kannte alle Leute in dem Trupp. Und niemand im Tal hätte bei der Polizei ein negatives Wort über ihn fallenlassen. Jeder mochte Valentine. Die meisten im Tal schuldeten ihm einen Gefallen. Ich erinnere mich, als Mona Moses an einer Brustfellentzündung erkrankte, lieh ihr Valentine genügend Geld, damit sie die Krankenhausrechnungen begleichen konnte, und half ihr dann auch noch bei der Feldarbeit. Meinem Vater dagegen weinte niemand eine Träne nach. Mona Moses sagte immer, dass jemand mit einem Gewehr zu ihm gehen und ihn von seinen Qualen erlösen sollte, obwohl sie gleichzeitig Dennis und Billy

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