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Im Tal der Sehnsucht

Im Tal der Sehnsucht

Titel: Im Tal der Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Way
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zurück, wo die Hausherrin sie musikalisch unterhalten wollte. Jinty war eine beachtliche Sängerin. Sie besaß einen angenehmen Mezzosopran, mit dem sie klassischen Blues vortrug, der durch Ella Fitzgerald oder Peggy Lee berühmt geworden war. Dazu begleitete sie sich selbst auf einem Steinway-Konzertflügel, dem Prunkstück des Salons.
    „Klatsch nicht zu sehr“, bat Peter, bevor er sich mit Leona hinsetzte. Er war kein großer Musikfreund. „Sonst sitzen wir morgen noch hier.“
    Aber wer Jinty kannte, wusste, dass sie ihr Programm genau im richtigen Moment beenden würde. Eine gute Stunde – mehr mutete sie ihren Zuhörern nicht zu. Es gab lebhaften Applaus, als sie sich majestätisch von der Klavierbank erhob und leicht verbeugte. Auf ihrem sonst hochmütigen Gesicht lag ein weicher Ausdruck, und die Blanchard-Diamanten versprühten ein Feuer, gegen das sogar die vier vergoldeten Kronleuchter verblassten.
    „Was würde ich allein für die Ohrgehänge geben!“, flüsterte eine angeheiratete Verwandte hinter Leona. Vielleicht wollte sie ihren Ehemann damit anspornen, mehr Geld zu verdienen.
    Es war ein besonders schöner Abend mit einem klaren, sternenübersäten Himmel. Einige Gäste waren auf die Terrasse getreten, um frische Luft zu schöpfen und die vielfältigen Empfindungen, die Jintys gefühlvoller Vortrag ausgelöst hatte, nachklingen zu lassen.
    Bevor Leona ebenfalls hinausging, bemerkte sie gerade noch, dass Jinty ihren – sicherlich ziemlich schweren – Ohrschmuck abnahm und in eine vergoldete Deckelvase gleiten ließ. Die Vase gehörte zu einer kleinen Sammlung aus der berühmten Manufaktur von Limoges. Die teuren Stücke standen auf einem zierlichen runden Tischchen, dessen Platte von zwei vergoldeten Schwänen mit geneigten Hälsen getragen wurde.
    Das war nachlässig von Jinty. Sträflich leichtsinnig. Was für eine Katastrophe, wenn ein Stück der Garnitur verloren ging! Natürlich vertraute Jinty sowohl den Gästen als auch den Angestellten, aber trotzdem … Nie im Leben wäre ich so unvorsichtig, dachte Leona. Rupert würde explodieren, falls die kostbaren Ohrringe plötzlich verschwunden wären. Verkaufen konnte man sie allerdings nicht – jedenfalls nicht auf dem offenen Markt. Das musste sich auch der dümmste Dieb sagen. Dazu waren die Blanchard-Diamanten viel zu berühmt.
    Leona lief auf Jinty zu, um … ja, um was zu tun? Sie zurechtzuweisen oder wenigstens zu warnen? Damit würde sie bei der Herrin von Brooklands schlecht ankommen. Als Ruperts Ehefrau war sie Königin seines ganzen Reichs. Doch das schreckte Leona nicht. Sie eilte weiter – eine dahinfliehende, von Chiffon umspielte Frühlingsnymphe – und war schon bis zur Mitte des Zimmers gekommen, als jemand sie festhielt.
    „Wohin so eilig?“
    Leona fuhr herum. „Ach, du bist es, Boyd. Ich wollte … wollte gerade …“
    „Heraus damit, Flower Face.“
    Was sollte sie sagen? Jinty hat den diamantenen Ohr schmuck abgenommen und in eine der Limoges-Vasen ge legt. Ist der Platz nicht zu unsicher? Unmöglich. Jinty war blamiert, wenn Boyd davon erfuhr. Immerhin war die Diamantengarnitur für seine spätere Ehefrau bestimmt.
    „Ich wollte nur etwas frische Luft schnappen“, versuchte Leona sich herauszureden, um Jinty nicht bloßzustellen.
    „Hier drinnen?“, fragte Boyd spöttisch. „Du warst wohl auf der Flucht vor dem beharrlichen Peter. Du solltest den armen Kerl endlich von seiner Qual erlösen.“
    „Ich bin für diese Qual nicht verantwortlich“, widersprach sie empört. „Was kann ich dafür, wenn Peter immer noch für mich schwärmt?“
    Boyd lächelte. „Zum Schwärmen ist er eigentlich zu alt.
    Er muss achtundzwanzig geworden sein.“
    „Na und?“ Sie sah ihn feindselig an. „Es gibt Männer, die noch mit achtzig schwärmen können. Denk an Goethe, an Tolstoi oder nur an Großonkel William, der sich in eine zwanzigjährige Balletttänzerin verliebte. Mancher findet sogar noch mit neunzig im Pflegeheim seine große Liebe. Ich bin sicher …“
    „Schon gut“, unterbrach er sie. „Lass uns hier nicht streiten. Ich hatte gehofft, wir könnten einen Augenblick allein sein.“
    „Gehofft?“, wiederholte Leona herausfordernd. „So gut gefalle ich dir doch gar nicht.“
    „Aber es gefällt mir, dich zu küssen.“ Boyd führte sie auf die Terrasse. „Wo hast du übrigens deine diesbezüglichen Fähigkeiten erworben?“
    „Ich bin ein Naturtalent. Wusstest du das nicht?“ Sie winkte Geraldine, die

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