Im Tal der Sehnsucht
entgangen.“
Sie nahm ihn am Arm und zog Robbie zur Treppe. „So oder so … das führt alles zu nichts.“
„Unsinn. Du bist etwas Besonderes. Glaubst du, das weiß Boyd nicht? Lass ihn nur nicht in dein Bett, bevor ihr verheiratet seid. Ich kenne mehr als eine, die dadurch ihre Chancen verspielt hat.“
„Ich werde es mir merken, Brüderchen.“ Sie hatten den oberen Treppenabsatz erreicht, und Leona nahm sich Zeit, Robbie genauer zu betrachten. Er sah wirklich elend aus. „Was ist los?“, fragte sie besorgt. „Du bist totenblass. Du darfst nicht so viel trinken.“
Er schwieg und schloss die Augen.
„Robbie!“ Sie schüttelte ihn an der Schulter.
„Großer Gott!“, stöhnte er. Das war nicht nur so dahingesagt. Es klang fast wie eine Bitte um Vergebung.
„Robbie, was ist passiert? Du steckst in Schwierigkeiten, nicht wahr?“ Sie ließ ihn nicht aus den Augen. „Sprich mit mir … bitte.“ Wenn er sich nicht endlich zusammenriss, lag eine schlimme Zukunft vor ihm, und das wollte sie nicht erleben. „Komm.“ Sie zog ihn den Korridor entlang. „Hier ist mein Zimmer.“
„Mach die Tür zu“, drängte Robbie und ließ sich in einen der vergoldeten Rokokosessel fallen. „Jintys Dekorationsversuche sind zum Heulen. Allein dieses Bett … einfach verrückt.“ Er stützte seinen Kopf in beide Hände.
„Vergiss das Bett“, sagte Leona. „Was ist los mit dir? Kann ich irgendetwas für dich tun?“
„Ich bin nicht betrunken, ich kenne Ruperts Hausregeln.“ Er brach in höhnisches Gelächter aus.
„Robbie, bitte! Mach mich nicht unglücklich. Was ist passiert?“ Sie ging zu ihm und legte ihm eine Hand auf den Kopf. „Was immer es ist, du kannst es mir sagen. Wir halten zusammen.“
„Diesmal kannst nicht einmal du mir vergeben“, stöhnte er. „Ich kann es ja selbst nicht. Ich bin schlecht, Leo … und nicht bei Verstand. Carlo hat mich auf dem Gewissen.“
„Lass Carlo aus dem Spiel. So schlecht war er auch wieder nicht.“ Leona wunderte sich selbst, dass sie Robbies fahnenflüchtigen Vater verteidigte. „Ich vermute schon lange, dass Delia ihn übel verleumdet hat. Sie wollte damit das Wohlwollen der Familie gewinnen. Wenn ich du wäre, würde ich ihn ausfindig machen. Er kann nicht halb so schlecht gewesen sein, wie deine Mutter ihn macht. Sie ist eine falsche, hinterhältige Person.“
„Das stimmt wohl.“ Robbie richtete sich mühsam auf. „Aber etwas Mafiablut fließt trotzdem in mir.“ Er griff in die Innentasche seines Smokingjacketts und zog zu Leonas Entsetzen Jintys Ohrgehänge heraus.
Im ersten Moment war sie so schockiert, dass sie kein Wort sagen konnte. Dann presste sie beide Hände gegen die Brust, als wäre sie von einer Pistolenkugel ins Herz getroffen worden. „Um Gottes willen, Robbie“, jammerte sie. „Was hast du dir bloß dabei gedacht? Erklär mir das! Bist du verrückt geworden?“
Er nickte. „Zweifellos. Nenn es vorübergehende Geistesgestörtheit. Ich lebe unter lauter steinreichen Menschen und habe selbst nichts davon. Geld korrumpiert. Es führt einen in Versuchung, und am Ende lauert der Untergang.“
Leona stand wie erstarrt da. „Wir müssen den Schmuck zurückbringen“, sagte sie. „Hast du gesehen, wie Jinty ihn in die Vase legte?“
„Etwas Dümmeres hätte sie nicht tun können“, murmelte Robbie, als würde der Diebstahl durch Jintys Leichtsinn gerechtfertigt.
„Den Schmuck zu stehlen war noch dümmer“, versetzte Leona. „Was wolltest du überhaupt damit anfangen? Die Blanchard-Diamanten sind berühmt.“
Er sackte immer mehr in sich zusammen. „Ich sagte doch … ein Anfall von Wahnsinn. Das Ganze ist ein Albtraum. Ich brauchte nur Sekunden, um wieder zur Vernunft zu kommen. Das schwöre ich. Darum habe ich auch so verzweifelt nach dir gesucht.“
„Damit ich den Schmuck wieder zurückbringe?“ Leona war aufs Neue fassungslos. „Ich habe dich viel zu sehr verwöhnt, weil ich deine Schwester bin und immer für dich da sein wollte. Was ist das Ergebnis? Du versündigst dich gegen die Familie. Rupert bringt dich an den Galgen, darauf kannst du wetten.“
„Nur gut, dass man diese Strafe abgeschafft hat.“ Robbie verzog das Gesicht. „Verzeih mir. Ich habe für einen Moment einfach die Kontrolle verloren. Ich wollte es der hochnäsigen Sippschaft zeigen. Die meisten Blanchards behandeln mich wie den letzten Dreck.“
„Komm jetzt bloß nicht mit deinem Selbstmitleid“, wetterte Leona los, ging aber trotzdem
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