Im Tal des Fuchses: Roman (German Edition)
Wanderung angezogen waren, fuhren wir ein wenig mit dem Auto umher, kamen dann nach Cardigan hinein, bummelten durch die Geschäfte und tranken jeder einen Eistee in einem Café. Matthew erkundigte sich nach einem guten Hotel, und man empfahl uns das Llys Meddyg in Newport.
»Immer die alte Fishguard Road entlang. Dann kommt Newport, und gleich hinter dem Ortseingang befindet sich das Hotel.«
Es war ein bezauberndes kleines Haus mit wunderschönen, komfortablen Zimmern, eingerichtet im Landhausstil, mit geblümten Vorhängen an den Fenstern und bunten Patchworkdecken über den Betten. Zum Glück hatten sie noch etwas frei. Wir boten sicher einen etwas ungewöhnlichen Anblick, Matthew in seinem schwarzen Anzug, ich im schwarzen Kleid mit schwarzen Strümpfen und beide ohne ein einziges Gepäckstück. Ich hatte nichts bei mir als meine Handtasche. Der Mann an der Rezeption stellte allerdings keine Fragen. Offenbar vermittelten wir trotz allem einen seriösen Eindruck.
Oben im Zimmer sagte Matthew, er werde jetzt als Erstes seine Zugehfrau anrufen, um zu fragen, ob sie Max bis zum nächsten Tag bei sich behalten konnte. Während er telefonierte, lehnte ich mich aus dem Fenster. Ich blickte in einen kleinen gepflasterten Hof. Die Hitze war nicht mehr drückend, erste Abendkühle streichelte mein Gesicht. Ich hatte Herzklopfen. Ich war immer noch glücklich.
»Alles okay«, sagte Matthew. »Max kann bleiben, solange wir wollen. Das wäre geklärt.«
Er verschwand im Bad, weil er unbedingt duschen wollte. Während das Wasser rauschte, schrieb ich eine SMS an Alexia:
Hi, Alexia, ich bin in Newport! Mit M. im Hotel !! Kann morgen früh nicht kommen, aber ich erledige alles am Sonntag. Fest versprochen!! Jenna xx
Die Alexia von früher hätte etwa eine halbe Minute später mit einer aufgeregten Antwort reagiert. Mit M. im Hotel??? Na endlich!!! Du erzählst mir alles, verstanden? OMG , wie spannend!!!
Etwas in dieser Art. Die Alexia von heute, die vor lauter Sorgen die Welt ringsum nicht mehr von ihrer abenteuerlichen und schönen Seite wahrnahm, antwortete nach etwa drei Minuten.
Okay, aber ich kann mich darauf verlassen, dass du am Sonntag da bist? Alexia
Ich seufzte und simste zurück: Felsenfest! Bitte mach dir keine Sorgen! Alles wird gut. Jenna xx
Darauf bekam ich dann keine Antwort mehr, aber ich nahm an, dass die Sache damit in Ordnung war. Matthew und ich hatten alles, was anstand, geordnet. Den Hund gut untergebracht, meinen Auftrag verschoben. Uns stand nichts mehr im Weg. Höchstens noch wir selbst, aber ich mochte gar nicht über die vielen Probleme nachdenken, mit denen wir uns seit Wochen herumschlugen. Zumal ich den Eindruck hatte, dass sich diesmal wirklich etwas verändert hatte. Vielleicht hatte das einfach etwas damit zu tun, dass wir Menschen doch ziemlich oft einfach gestrickten psychologischen Gesetzmäßigkeiten folgen: Die ganze Zeit über war Matthew von Bekannten und Freunden umgeben gewesen, die ihm rieten, nach vorn zu schauen, die Vergangenheit ruhen zu lassen, wie schmerzhaft das auch sein mochte, und sich dem Leben nicht länger zu verschließen. Oft hatte es den Anschein gehabt, als ließe ihn gerade dieses Ansinnen fast zwanghaft in seiner Treue zu Vanessa verharren. Jeder verließ sie – musste er da nicht wenigstens bleiben?
Heute nun hatten sich die Vorzeichen umgekehrt. Plötzlich war Matthew mit Menschen konfrontiert gewesen, die das genaue Gegenteil von ihm erwarteten und die seine vermeintliche Abkehr von Vanessa und seine Hinwendung zu einer anderen Frau naserümpfend quittierten. Er hatte ihre unterschwellige Kritik gespürt, die Arroganz, mit der sie über ihn urteilten. Das hatte seinen Trotz geweckt. Was wollten sie? Eine Art männliche Witwenverbrennung? Sollte er im Schatten dahinvegetieren, so lange, bis Vanessas Schicksal geklärt war, und wenn es sich nie klärte, dann ging sein Leben darüber eben auch verloren? Das Ausmaß ihrer Anmaßung hatte ihn erschüttert und tief verärgert. Aber auch etwas in seiner Sichtweise verschoben. Wollte er tun, was sie erwarteten? Nie wieder leben?
Schließlich tauchte er aus dem Bad auf, frisch geduscht, aber unvermeidlicherweise wieder in dem schwarzen Anzug steckend, den er schon den ganzen Tag über getragen hatte. Auch ich ging nun duschen, zog dann das inzwischen wirklich grauenhaft zerknitterte Kleid an, ließ aber die Strümpfe weg. In meiner Handtasche hatte ich einen Kamm, sodass ich mir wenigstens die Haare
Weitere Kostenlose Bücher