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Im Tal des Fuchses: Roman (German Edition)

Im Tal des Fuchses: Roman (German Edition)

Titel: Im Tal des Fuchses: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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sich von Evan den Bauch kraulen.
    Matthew erschien mir ziemlich schuldbewusst. Es war seine Idee gewesen, in die Cardigan Bay zu fahren und dann in Newport zu übernachten, und er sah sich als denjenigen an, der den unheilvollen Stein ins Rollen gebracht hatte. Ich widersprach seinen Andeutungen sofort. »Nein. Das konntest du nicht vorhersehen. Du hast Alexia seit Wochen nicht mehr getroffen, du wusstest nicht, wie schlecht es ihr ging. Mir hätte klar sein müssen, dass es ein Fehler ist, unsere Vereinbarung zu verschieben. Alexia ist mit den Nerven am Ende, das merke ich seit Langem. Trotzdem habe ich das nicht richtig eingeschätzt. Es tut mir entsetzlich leid.«
    Ken blickte von seiner Kaffeetasse auf. Man sah ihm an, dass er die ganze letzte Nacht nicht geschlafen hatte. »Bitte, Jenna, mach dir keine Vorwürfe. Und du auch nicht, Matthew. Ihr habt euch völlig normal verhalten. Alexia hat überreagiert, aber das ist nicht eure Schuld. Dass sie so durchdreht, konnte niemand ahnen. Wenn überhaupt jemand die Verantwortung übernehmen muss, dann bin ich das. Ich habe sie ja erlebt am Freitagabend. Ich hätte sie am nächsten Morgen auf keinen Fall losziehen lassen dürfen.«
    Matthew schüttelte den Kopf. »Wie hättest du sie denn daran hindern sollen, Ken? Sie wollte los, und du hattest gar nicht das Recht, ihr das zu untersagen. Und nicht die Möglichkeit.«
    Ken seufzte. Er sah aus, als werde sein Kopf jeden Moment auf die Tischplatte sinken, und dann würde er, trotz aller Not und Sorgen, einfach einschlafen. Er konnte kaum noch die Augen offen halten.
    »Ken, du legst dich jetzt mal eine Stunde ins Bett«, bestimmte ich, »Matthew und ich kümmern uns hier um alles. Bitte. Niemand hat etwas davon, wenn du irgendwann zusammenklappst.«
    Ken war so am Ende, dass er sich meinem Wunsch ohne jede Widerworte fügte. Als er oben in seinem Schlafzimmer verschwunden war, sahen Matthew und ich einander an.
    »Das kann ganz harmlos sein«, sagte ich. »Ich kenne Alexia. Es ist absolut denkbar, dass sie das alles inszeniert, weil sie einfach nur wütend und verstört ist. Ken und sie hatten Streit, bevor sie aufbrach. Er hat ihr deutlich zu verstehen gegeben, dass sie seiner Ansicht nach nicht ganz richtig tickt. So etwas lässt sich Alexia nicht sagen, ohne in irgendeiner Weise zu reagieren.«
    »Hoffen wir es«, murmelte Matthew. Nach allem, was er erlebt hatte, war er wenig optimistisch, was einen guten Ausgang unheilvoller Geschichten anging. Er machte sich große Sorgen, das sah ich ihm an.
    Während Ken schlief, machte Matthew einen Spa ziergang mit Max und nahm Kayla und Meg, die beiden ältesten Kinder, mit. Ich kümmerte mich solange um die Kleinen, räumte außerdem die Küche auf und füllte die Waschmaschine, vor der sich wahre Berge an Schmutzwäsche auftürmten. Als Ken nach drei Stunden auftauchte, sah die Küche sauber und ordentlich aus und roch nach gerade aufgegossenem Kaffee, der Wäscheständer mit frisch gewaschenen Kleidungsstücken stand auf der Terrasse in der Sonne, alle Kinder hatten Kakao und Pfannkuchen bekommen, und ich hatte sogar noch die Kraft gefunden, das Wohnzimmer staubzusaugen. Allerdings war ich nun auch völlig kaputt. Ich hätte nie geglaubt, dass ein Haushalt mit vier Kindern so anstrengend sein könnte. Ein ganzer Tag in der Redaktion kam nicht gegen den Lärm und Stress an, dem man im Hause Reece innerhalb einer einzigen Stunde ausgesetzt war.
    »Wo ist Matthew?«, fragte Ken. Er sah etwas erholter aus, aber Angst und Sorge sprachen aus seinen Augen.
    Ich wies nach draußen, wo Matthew damit beschäftigt war, ein kaputtes Spielzeugauto von Evan zu reparieren. »Wir haben alles im Griff«, sagte ich. »Du kannst ruhig noch etwas schlafen.«
    Er schüttelte den Kopf. »Ich habe nachgedacht. Ich werde nicht länger warten. Ich gehe jetzt zur Polizei.«
    »Du weißt, es ist gut möglich, dass Alexia in ein paar Stunden völlig unversehrt vor der Tür steht«, gab ich zu bedenken.
    »Trotzdem. Dann ziehe ich den Alarm eben zurück. Ich muss etwas tun, Jenna. Ich werde sonst verrückt.«
    Ich verstand ihn. Matthew bot an, ihn zu begleiten, und Ken nahm das dankbar an. Die beiden Männer fuhren in Matthews Auto los, um die nächste Polizeiwache aufzusuchen und dort den diensthabenden Beamten aus seiner Sonntagsruhe zu schrecken. So stellte ich mir das jedenfalls vor. Der sonnige Tag schien so friedlich. Ich konnte mir nicht denken, dass es irgendwo hektischer zugehen konnte als hier

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