Im Tal des Fuchses: Roman (German Edition)
zurückgefahren war. Verdammter Mist, Vanessa Willard lag in einer Kiste in einer Höhle, und wenn sie sparsam mit ihren Vorräten umging, hatte sie eine knappe Woche lang zu essen und zu trinken. Dann war Schluss. Ganz abgesehen von den Qualen, die sie in dieser Woche ertragen musste – eingeschlossen in der Enge und Dunkelheit, voller Angst –, würde dann ein erbärmliches, langsames, entsetzliches Sterben beginnen.
Er musste sie rauslassen. Er musste sie unbedingt befreien, ehe er für mindestens zwei Jahre in den Knast ging.
»Aaron, bitte. Es ist sehr wichtig. Kannst du nicht … kannst du nicht für mich bürgen? Dass ich nicht türme? Ich schwöre dir, dass ich zur Verhandlung erscheine! Bitte!«
»Ich versuche alles«, sagte Aaron. »Du kannst dich auf mich verlassen. Aber ich kann dir nichts versprechen.«
»Wann komme ich vor den Haftrichter?«
»Schnell. Innerhalb der nächsten vierundzwanzig Stunden.«
»Es ist wichtig, dass ich rauskomme!«
»Ryan!« Aaron lehnte sich über den Tisch und sah seinem Schützling direkt in die Augen. »Ryan, das entscheiden andere, und du hast dabei nichts zu bestimmen und nichts zu erbitten! Dir bleibt jetzt leider nichts anderes übrig, als zu warten, was kommt, und ich rate dir, dich dabei ruhig, unauffällig und vor allem höflich zu verhalten, denn alles andere verschlechtert deine Lage nur. Die britische Justiz hat dir jede Menge Chancen eingeräumt in den letzten vierzehn Jahren, und du musst einfach akzeptieren, dass es jetzt niemanden mehr gibt, der dir noch großartig entgegenkommt. Was soll ich darum herumreden? Du hast es versiebt! Du ganz allein!«
»Aaron! Nur einen Tag! Ich muss nur einen Tag raus!«
»Weshalb?«
»Weil …« Er stockte. Die Frage war, was geschehen würde, wenn er Aaron Craig jetzt einweihte. Als sein Anwalt war er an die Schweigepflicht gebunden. Sollte es ihm gelingen, Ryan vor dem Antritt der U-Haft zu bewahren – was er offensichtlich für äußerst unwahrscheinlich hielt –, konnte Ryan selbst losfahren und Vanessa befreien, vorausgesetzt, Aaron ließ sich darauf ein, dass man unter diesen Umständen die Frau möglicherweise weitere vierundzwanzig Stunden lang in der Höhle verharren ließ. Anderenfalls musste Aaron selbst tätig werden. Es gab zwei Möglichkeiten: Aaron fuhr in das Fox Valley und befreite Vanessa, was aber kaum möglich war, ohne dass er dabei in Erscheinung trat. Er konnte nicht einfach die Schrauben öffnen, das Weite suchen und Vanessa sich selbst überlassen. Die Frau mochte sich inzwischen im Inneren der Kiste verletzt haben, oder sie stand unter einem schweren Schock. Aaron würde nichts übrig bleiben, als sie in ein Krankenhaus zu bringen oder direkt den Rettungsdienst herbeizurufen. Die Polizei würde kaum davon ausgehen, dass es der Anwalt gewesen war, der Vanessa Willard entführt und eingesperrt hatte, und gerade wenn er den Mund hielt, konnte sich jeder schnell zusammenreimen, dass er soeben für einen Mandanten , der ein abscheuliches Verbrechen geplant und mit seiner Durchführung begonnen hatte, tätig geworden war. Wie lange würde es dauern, bis sie dann auf seiner, Ryans, Spur waren? Der Mann, der an diesem Abend verhaftet worden war und sofort nach Craig verlangt hatte.
Die eigentliche Gefahr stellte jedoch Vanessa Willard dar, und zwar auch im Fall der zweiten Möglichkeit, die darin bestand, dass Aaron durch einen anonymen Anruf die Polizei direkt ins Fox Valley schickte. Ryan hatte keine Ahnung, wie viel Vanessa mitbekommen, was sie genau gesehen hatte. Immerhin war er auf der Landstraße, die oberhalb jenes Rastplatzes entlangführte, immer wieder auf und ab gefahren. Was, wenn Vanessa der weiße Kastenwagen mit der Aufschrift Clean! aufgefallen war? Da Clean! eine Wäschereikette war, die sich über ganz Großbritannien erstreckte, würde die Polizei selbst dann, wenn sie ihre Nachforschungen zunächst auf Pembrokeshire und den Großraum Swansea beschränkte, eine große Menge an Fahrzeugen überprüfen müssen. Ryan hatte diese Gefahr, die sich in jedem Fall nach Vanessas Freilassung ergeben hätte, immer gesehen, hatte jedoch vorgehabt, sein Fahrzeug so gründlich zu säubern, dass man es mit Vanessa Willard nicht in Verbindung bringen konnte. Die Chance hatte er nun nicht mehr. Im Kastenwagen musste es wimmeln von Spuren – Haare, Fasern, Hautschuppen, was auch immer. Auch lagen noch sein Pullover, die Handschuhe, die Baseballkappe auf der Rückbank des Autos. Er war blöd
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