Im Tal des Fuchses: Roman (German Edition)
versucht hat, um an das Geld für diesen Damon zu kommen.«
»Bei der Familie Reece ist keine Lösegeldforderung eingegangen. Das hätte mir die Polizistin sonst gesagt. Sie tappen ja deshalb so im Dunkeln, weil diese Frau zwar verschwunden ist, sich aber in dieser Sache nichts und niemand rührt.«
»Die Reeces haben vielleicht nicht viel Geld«, gab Debbie zu bedenken. »Und Alexia war ja möglicherweise die Falsche. Eigentlich wollte Ryan die Lebensgefährtin von Willard schnappen. Der scheint ja durchaus Kohle zu haben. Die Sache ist eben erneut gründlich schiefgegangen. Typisch Ryan, kann ich da nur sagen!«
Nora schloss für ein paar Sekunden die Augen. Als sie sie wieder öffnete, legte sie alles, was ihr an Eindringlichkeit und Kraft zur Verfügung stand, in ihren Blick und in ihre Stimme. »Bitte, Debbie. Geben Sie mir und ihm diese kleine Chance. Lassen Sie uns nachsehen, ob Vanessa Willard entkommen konnte und damit dann höchstwahrscheinlich am Leben ist. Und dann lassen Sie uns erneut beraten, was wir tun. Möglicherweise gibt es auch dann keine Möglichkeit, Ryan zu retten, aber am Ende finden wir vielleicht doch einen Weg, der ihn aus alldem heraushält. Bitte. Es ist nur eine Chance!«
»Wenn Vanessa lebt und weiß, dass Ryan ihr das angetan hat, kann sie auch jederzeit zur Polizei gehen«, sagte Debbie.
Nora schüttelte den Kopf. »Wenn das, was mit Ihnen geschehen ist, Debbie, Teil ihres Rachefeldzuges ist, kann sie nicht so leicht zur Polizei gehen. Denn dann hat sie sich selbst längst strafbar gemacht.«
»Allerdings«, sagte Debbie. Sie stand auf, trat ans Fenster, drehte sich dann wieder zu Nora um. Ihre Teetasse hielt sie fest umklammert. »Warum müssen Sie mich da hineinziehen, Nora? Ihr Plan stand doch sowieso schon fest! Sie wollen Ryan retten, Sie werden dabei scheitern, aber okay, vielleicht müssen Sie diese Erfahrung selbst machen! Aber weshalb müssen Sie mich damit belasten?«
»Weil ich das allein nicht schaffe«, antwortete Nora leise. »Vor meinem Gewissen nicht, aber auch ganz praktisch nicht. Ich kann nicht allein in dieses Tal fahren, die Höhle suchen, hineinkriechen und nachsehen, ob in der Kiste dort …« Sie sprach nicht weiter.
Debbie sah aus, als würde sie am liebsten lange und ausgiebig und voller Inbrunst fluchen. »Zum Teufel«, sagte sie stattdessen nur, »ich hätte mir auch etwas Netteres für das Wochenende vorstellen k önnen! Wissen Sie denn, wo sich diese Höhle eigentlich befindet?«
»Er hat es mir ziemlich genau beschrieben. Ich denke, er hatte vielleicht selbst den Plan, dorthin zu gehen und nachzusehen, aber das schafft er nie im Leben. Seine Nerven spielen schon bei dem bloßen Gedanken völlig verrückt.«
»Ja, klar, Ryan schafft das nicht. Aber zum Glück gibt es ja immer ein paar selbstlose Frauen in seinem Leben, die bereit sind, die Kohlen aus dem Feuer zu holen.« Debbie griff sich an den Kopf. »Ich muss ehrlich eine völlige Idiotin sein, dass ich mich darauf einlasse!«
Die beiden Frauen sahen einander an. Die Sache war ausgemacht. Nora spürte, dass Debbie entgegen ihrer ruppigen Worte durchaus noch Gefühle für Ryan hegte. Sie mochte sich selbst dafür hassen, aber er war ein guter Freund, dieser Tatsache konnte sie sich nicht entziehen. Er war da gewesen, als es ihr nach dem Überfall so hundeelend ging. War immer wieder aufgekreuzt, hatte sie getröstet, sie im Arm gehalten, ihrem Weinen zugehört. Hatte für sie gekocht und sie geduldig ermutigt zu essen. Er hatte einen Anteil an ihrem psychischen Überleben. Er mochte den größten Mist unter der Sonne bauen, aber er würde da sein, wenn sie ihn brauchte. Das war seine andere Seite.
»Also – dann morgen?«, fragte Nora.
Debbie nickte. »Ich muss vormittags arbeiten, und ich will keinen Verdacht erregen, indem ich fehle. Ich bin um zwölf Uhr fertig. Ich nehme an, da Ryan flüchtig ist, werden Sie und Ihre Wohnung bewacht?«
»Das ist ein Problem, ja. Der Beamte ist mir, glaube ich, auch heute Abend gefolgt. Kann aber sein, dass er mich unterwegs verloren hat.«
»Darauf, dass er Sie verliert, können wir uns aber morgen nicht verlassen. Auch bei mir fährt in regelmäßigen Abständen eine Streife vorbei, weil man offenbar glaubt, Ryan könnte hier auftauchen. Passen Sie auf, es ist umständlich, aber ich sehe nur diese Möglichkeit: Sie fahren morgen Mittag wieder zu mir. Seien Sie gegen halb eins hier und kommen Sie in meine Wohnung. Wir klettern aus dem Fenster und
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