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Im Tal des Schneeleoparden

Im Tal des Schneeleoparden

Titel: Im Tal des Schneeleoparden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steffanie Burow
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höchsten Gebirges der Welt – »Die Inder konnten noch nie fahren und sind mit Volldampf in die eurasische Platte hineingescheppert«, sagte er augenzwinkernd – und suchte gemeinsam mit ihr das Flussbett nach versteinerten Ammoniten ab, Meerestieren, die hier gelebt hatten, als die Berge noch den Boden des Tethysmeeres bildeten. Sie fanden keine, aber das machte nichts. Anna genoss den Nachmittag und freute sich auf alles Neue, das die nächsten Tage noch bringen mochten.

[home]
52
    A chal gab das Kommando, und die fünf Männer, unter ihnen auch der Inder Kimball, setzten sich lautlos in Bewegung. Sie hatten eine leichte Aluminiumleiter mitgebracht und legten sie an die hohe Mauer an. Einer nach dem anderen kletterten die Männer geschmeidig wie Katzen die Leiter hinauf und verschwanden im Dunkel des stillen Parks. Achal war der Letzte. Er zog die Leiter hoch und reichte sie einem der Männer auf der anderen Seite, dann winkte er Tara aufmunternd zu und sprang ebenfalls außer Sicht. Tara zog sich in den Schatten des erneut geliehenen Taxis zurück, das jetzt keinen Außenspiegel mehr hatte, und beobachtete mit klopfendem Herzen die Villa hinter dem verschlossenen Gartentor. Hoffentlich lief alles nach Plan.
    Sie atmete tief durch, um ihr Zittern und ihre Angst in den Griff zu bekommen. Bisher hatten ihr die hektischen Vorbereitungen keinen Raum zum Nachdenken gelassen, doch nun, verdammt zur Untätigkeit, jagten alptraumhafte Vorstellungen durch ihren Kopf. Was, wenn es den Männern nicht gelang, die Wachen zu überrumpeln? Was, wenn geschossen, wenn jemand verletzt oder gar getötet wurde? Würde ihre Schwester die Frau des Bhoots in Schach halten können, die, obwohl sie um seine Machenschaften wusste, selbst dann noch loyal zu ihrem Mann gehalten hatte, als er Sapana als seine Geliebte ins Haus holte? Tara grübelte über diese Frau nach. Warum war sie geblieben? War sie vielleicht selbst zu stark verstrickt in seine Geschäfte und fürchtete die Konsequenzen? Liebte sie ihn? Tara schüttelte sich. Niemand konnte den Dämon auch nur ansatzweise mögen. Die Haushälterin tat es jedenfalls nicht – nachdem Achal herausgefunden hatte, das Akkim Bendig seinen Haushalt wieder aus dem Stadthaus in die Vorstadtvilla verlegt hatte, war Tara sofort zu dem Anwesen geeilt, um mit der freundlichen Frau Kontakt aufzunehmen. Die Frau willigte ein, Sapana zu helfen, und entschied sich spontan, ebenfalls die Gelegenheit zu nutzen und das Weite zu suchen. Von der Haushälterin erfuhr Tara auch von den drei Wachen im Haus und auf dem Grundstück.
    Entmutigt war Tara in die Wohnung in Jaisidewal zurückgekehrt, bis schließlich Sarungs Vater eine Entscheidung traf: Wenn sie Sapana nicht mit einer List befreien konnten, dann würden sie es mit Gewalt tun. In kürzester Zeit hatten sie genügend zum Handeln bereite Rebellen zusammengetrommelt. Die Männer waren so empört über das Gehörte, dass sie am liebsten gleich, am helllichten Tag, losgestürmt wären.
    Tara sah auf die Armbanduhr, die der Inder ihr geliehen hatte. Halb drei, die dunkelste Stunde der Nacht. Die anderen waren seit einer Viertelstunde auf dem Grundstück. Hatten sie die Wachen bereits unschädlich gemacht? Trotz der Kälte brach Tara der Schweiß aus. Sie musste sich zurückhalten, um nicht zum Tor zu rennen und zu schreien. Und dann entfuhr ihr doch ein Schreckensruf.
    Ein Jeep bog auf die Straße ein und kam im Schritttempo auf sie zu. Tara wich entsetzt auf den Bürgersteig zurück und drückte sich eng gegen das Taxi. Ihr Herz raste. Wer saß in dem Jeep? Akkim Bendigs Leute? Polizisten? Beides wäre eine Katastrophe: Seit der Sadhu wieder sprechen konnte, wusste sie, dass große, machtvolle Leute ihre schützenden Hände über den Bhoot hielten. Er konnte machen, was er wollte, ohne die Polizei fürchten zu müssen. Angstvoll lauschte sie auf das sich nähernde Motorengeräusch. Der Wagen schlich langsam an ihr vorbei, und sie wollte gerade aufatmen, als das Dröhnen plötzlich zu einem leisen Blubbern verebbte. Sie hatten angehalten! Zentimeter für Zentimeter schob Tara ihren Kopf hinter dem Heck des Taxis hervor. Sie hätte schreien mögen vor ohnmächtiger Wut: Gerade stieg einer der Insassen aus, schlenderte zum Tor und lehnte sich dagegen. Sie hörte das unverständliche Murmeln eines Gesprächs, dann flammte ein Feuerzeug auf. Der Mann aus dem Auto blieb stehen, redete, lachte. Unerträglich lange Minuten später schnippte er seine

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