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Im Tal des Schneeleoparden

Im Tal des Schneeleoparden

Titel: Im Tal des Schneeleoparden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steffanie Burow
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blähte sich auf den Dächern ein buntes Tuch, ein wattierter Cholo, ein Handtuch zum Trocknen im Wind. Alte Frauen spannen im Windschatten der Holzstapel grobe Yak-, Ziegen- und Schafwolle oder strickten, und kleine Kinder tollten herum, um sich warm zu halten, bis endlich die Sonne über die Bergkämme stieg und die Nachtkälte vertrieb.
    Direkt unter ihr trat Karsang in die Gasse und eilte mit einer leeren Kiepe auf dem Rücken davon. Anna verspürte einen Stich. Das junge Mädchen hatte sich gestern rührend um sie gekümmert, ihr Brühe gekocht, ihre Hand gehalten und ihr sogar einen Eimer mit warmem Wasser gebracht, damit sie sich waschen konnte. Am Nachmittag hatte sich Anna einigermaßen erholt gefühlt und den Weg in die Küche gefunden, einen großen, rußgeschwärzten Raum im Bauch des Hauses, wo sie herzlich willkommen geheißen und in eine mit Teppichen bedeckte Ecke komplimentiert wurde. Es ging zu wie in einem Taubenschlag. Träger und Dorfbewohner, ein tauber Hirtenjunge und neugierige Nachbarinnen kamen und gingen, ließen sich Tee anbieten und bezahlten ihn mit dem neuesten Klatsch und Tratsch. Anna fühlte sich dank der robusten Herzlichkeit der Leute ausnehmend wohl, auch wenn sie kein Wort verstand.
    Lediglich Karsang sprach ein wenig Englisch, und sie fand immer wieder ein paar Minuten zwischen Kochen, Putzen und Organisieren, um sich zu Anna zu setzen. Die beiden Frauen brauchten eine kleine Ewigkeit, sich über die simpelsten Dinge auszutauschen, trotzdem erfuhr Anna nach und nach die Lebensgeschichte der stämmigen jungen Nepalesin mit dem dicken schwarzen Zopf, den schräg stehenden Augen und kälteroten Wangen: Als zweitjüngstes von sieben Kindern war Karsang im Alter von acht Jahren aus ihrem drei Tagesmärsche entfernten Dorf zum Arbeiten nach Kagbeni geschickt worden. Seitdem schuftete sie in dem Gasthaus und hatte sich zu einer exzellenten Köchin und Organisatorin entwickelt, die aus einfachen Zutaten und ein paar Gewürzen schmackhafte Gerichte zauberte, eine Seltenheit in Nepal, wie Anna mittlerweise wusste. Den Hausherrn bezeichnete Karsang konsequent als ihren Besitzer und beharrte auch darauf, als Anna entsetzt nachhakte, ob sie nicht ein falsches englisches Wort benutzte.
    Offenbar war Karsang vor ein paar Jahren an Gelbsucht erkrankt und musste in Kathmandu behandelt werden. Der Herbergsbesitzer hatte ihre Behandlung unter der Voraussetzung bezahlt, dass sie die Summe abarbeitete, und so war sie auf Jahre, vielleicht Jahrzehnte als Schuldsklavin an ihn gebunden.
    Karsangs Geschichte hatte Anna lange wach gehalten. Niemals hätte sie geglaubt, dass es noch solche Zustände gab, aber sie musste sich eingestehen, bisher viel zu wenig über den europäischen Tellerrand geschaut zu haben, um sich wirklich ein Bild von anderen Teilen der Welt machen zu können.
    Über ihren Grübeleien war Karsang zurückgekehrt und winkte Anna aus den Tiefen der Gasse zu. Ihre Kiepe war mit Stroh vollgestopft, Futter für die beiden rehkleinen Kühe im Innenhof. Wenige Minuten später trat die fleißige Nepalesin neben Anna aufs Dach und bat sie um Hilfe. Anna folgte ihr in einen Raum neben der Küche. Sie traute ihren Augen nicht.
    In dem Raum stand eine blank polierte, strahlend weiße Waschmaschine.
    Vor zwei Jahren war eine Stromleitung vom Tiefland bis nach Kagbeni gezogen worden, und ihr Besitzer hatte die Waschmaschine kurz darauf angeschafft, gab Karsang mit viel Lachen und Gestikulieren zu verstehen. Vier Träger hätten sie heraufgebracht. Die Maschine sei – vorausgesetzt genügend Strom und Wasser war vorhanden – wirklich ein Segen, doch leider seit drei Wochen kaputt. Ob Anna vielleicht wüsste, wie man eine solche Maschine wieder zum Laufen brachte?
    Anna wusste es nicht, ließ sich aber das Handbuch geben, das wundersamerweise noch nicht verfeuert worden war, und fand tatsächlich eine englischsprachige Gebrauchsanweisung. Kopfschüttelnd entzifferte sie die Liste der möglichen Krankheiten, die eine Waschmaschine im hohen Himalaya befallen konnte: eingefrorene Wasserrohre, kein Wasser, Steinschlag, von Tieren angefressene Leitungen und Kabel … Anna und Karsang krochen gerade um die Waschmaschine, um alle Leitungen zu überprüfen, als Achim den Raum betrat.
    »Ich suche dich überall«, sagte er barsch. »Was machst du hier?«
    Anna erhob sich. Sie spürte leichten Ärger aufkeimen, und dementsprechend patzig fiel ihre Antwort aus: »Wonach sieht es denn aus?«
    »Nach

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