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Im Tal des Schneeleoparden

Im Tal des Schneeleoparden

Titel: Im Tal des Schneeleoparden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steffanie Burow
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Und nun diese Soldaten. Er wollte gerade eine Diskussion vom Zaun brechen, als der seltsame Heilige mit dem erstaunlich gut gefüllten Bankkonto das Wort ergriff und die Situation rettete. Verständnis heuchelnd für die Anweisungen der Soldaten, verwickelte er sie in ein freundliches Gespräch, segnete sie mit einer Tika aus rotem Farbpulver, von dem er wie durch Zauberei plötzlich einen kleinen Beutel in der Hand hielt, und trat schließlich den Rückzug an. Kim folgte ihm und Tara mit widerstreitenden Gefühlen. Natürlich wäre ein Kräftemessen unvernünftig gewesen, doch alles in ihm strebte nach Norden, zu Anna. Zumindest vermutete der Sadhu sie irgendwo in Mustang, wenn Kim der Grund dafür auch ziemlich abenteuerlich vorkam. Noch hegte er die Hoffnung, der Alte würde sich lediglich wichtig machen und hätte alles nur erfunden. Andererseits wirkte auch er gehetzt und am Rande der Verzweiflung.
    Sobald sie außer Hörweite der Soldaten waren, stieß der Sadhu einen ärgerlichen Ruf aus.
    »Merde«, zischte er. »Ich dachte, die Rebellen hätten das Gebiet unter Kontrolle. Die Soldaten müssen mit Flugzeugen nach Jomsom gebracht worden sein.«
    »Und nun?«, fragte Kim. Er hätte schreien mögen ob der eigenen Ohnmacht.
    »Nun müssen wir warten, bis es dunkel ist und Kagbeni schläft, damit wir sicher an dem Posten vorbeischleichen können. Wir verlieren Stunden!«
    »Die wir wieder aufholen, wenn wir die Nacht durchmarschieren«, warf Tara ein. »Lasst uns etwas essen und ausruhen, damit wir später umso mehr Kraft haben.«
    Die Tür eines großen Hauses öffnete sich, und ein appetitlicher Duft drang heraus. »Wenn das kein Fingerzeig der Götter ist«, sagte der Herr der Vögel und ergänzte, nach einem Blick auf das Schild über der Tür: »Ein Gasthaus. Wir sind richtig.«
    Wenig später, das Pferd stand zufrieden Heu knabbernd neben zwei winzigen Kühen im Innenhof des Gasthauses, saßen sie in einer behaglichen Ecke der großen Küche, schlürften gesalzenen Buttertee und besprachen leise ihre Situation. Im Hintergrund hantierte ein junges Mädchen mit Töpfen und Pfannen, es zischte und brutzelte, und bald darauf füllte sie ihre Teller mit Reis, Linsen, Gemüse, Rühreiern und gebratenen Pilzen.
    Tara schnupperte an dem Essen. »Du bist eine phantastische Köchin«, bemerkte sie. »Wenn ich Zeit hätte, würde ich dich bitten, mir deine Geheimnisse zu verraten. Ich bin übrigens Tara«, fügte sie hinzu und deutete dann nacheinander auf ihre beiden Begleiter. »Kim und Khagendra.«
    »Ich heiße Karsang«, sagte das Mädchen strahlend. »Vielen Dank für dein Lob.«
    Das Mädchen freute sich so sehr, dass Tara nachhakte: »Das musst du doch jeden Tag hören.«
    »Ach nein. Die Leute hier haben sich an mein Essen gewöhnt, und mit den Ausländern spreche ich kaum.« Ihre Miene wurde ernst, beinahe traurig. »Wobei mir gerade gestern tatsächlich eine Ausländerin ein Kompliment gemacht hat. Sie war sehr nett, ganz anders als ihr Begleiter. Der war mir unheimlich.«
    Kim horchte auf. »Die Ausländerin, wie sah sie aus? Kennst du ihren Namen?«, fragte er.
    »Ja, natürlich. Sie saß ja den ganzen Nachmittag und Abend genau da, wo du jetzt sitzt. Sie hieß Anna und –«
    »Anna! Sie war hier!«, schrie Tara so laut, dass der Herr der Vögel erschrocken zusammenfuhr.
    »Nicht so laut, Mädchen«, brummte er, dann wandte er sich an die verdatterte Karsang. »Setz dich und erzähle uns alles.«
    Beunruhigt lauschten Kim und seine Freunde Karsangs Bericht über Annas Krankheit und die seltsamen Männer, die sie begleiteten. »Ich glaube, es waren keine Träger«, sagte Karsang und blickte sich nervös um, als erwartete sie im nächsten Moment einen der Männer aus dem Dunkel hervorspringen zu sehen. »Sie jagten mir Angst ein mit ihren Gewehren und ihrem Gerede. Sie waren furchtbar grob und unhöflich.«
    »Gerede?«, fragte der Herr der Vögel mit hochgezogenen Augenbrauen. »Worüber sprachen sie?«
    Karsang wich dem Blick des heiligen Mannes aus und starrte auf ihre Hände. Die anderen schwiegen erwartungsvoll, bis sie sich räusperte und vorbeugte. »Ich habe sie heute Morgen, kurz bevor sie aufbrachen, belauscht. Sie sprachen über den Pangje«, flüsterte sie kaum hörbar. »Ich weiß nicht, was sie mit ihm zu schaffen haben, aber sie sprachen von Rache, von Gewalt und Tod. Und sie äußerten sich abfällig über Anna. Ich wollte Anna warnen, aber die Zeit reichte nicht mehr. Mein Englisch ist

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