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Im Tal des Schneeleoparden

Im Tal des Schneeleoparden

Titel: Im Tal des Schneeleoparden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steffanie Burow
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Willenskraft in Schach gehaltenen Schmerzen kehrten zurück und raubten ihm den klaren Blick. Aber er ging weiter, zäh und beharrlich wie ein Yak. Kurze Zeit später verschnaufte er am Fuß einer Steilwand vor einer tiefeingeschnittenen, kaum drei Armlängen breiten Schlucht. Das Bett des Flusses, der sich während der Schneeschmelze durch die Felsen fraß, lag trocken, trotzdem wäre kein unbedarfter Wanderer auf die Idee gekommen, sich in die Schwärze zu wagen. Zu eng standen die steilen Wände beieinander, und es war nicht abzusehen, welche Hindernisse in den Tiefen lauerten. Im Grunde schreckte schon der Eingang der Schlucht: Ein riesiger Steinblock war vor langer Zeit von der Felskante gebrochen und hatte gemeinsam mit kleineren Brocken eine natürliche Barriere geschaffen, durch die sich das Wasser viele Wege gesucht hatte.
    Der Herr der Vögel setzte sich mit untergekreuzten Beinen auf den Boden und schloss die Augen, eine Pause nur, ein winziges Ausruhen, sonst würde er zusammenbrechen. Schon nach wenigen Minuten regulierte sich seine Atmung, und er rappelte sich so unvermittelt wieder auf, dass sich ein kleines Nagetier erschrocken davonmachte. Er kniete sich vor den großen Block, suchte und fand eine kleine Öffnung zwischen den Felsbrocken und zwängte sich hinein. Direkt dahinter weitete sich der Gang, so dass sich ein unverletzter Mensch im Vierfüßlergang fortbewegen konnte. Der gebrochene Arm des Sadhus verbot diese Haltung, und so rutschte und kroch er voran, keuchend vor Schmerz.
    Kurz darauf gab der Fels ihn frei, und er fand sich am Grund der nachtschwarzen Schlucht wieder. Sofort knipste er seine Taschenlampe ein und stürmte weiter, ohne den tanzenden Schatten auf den glatt polierten Felswänden Beachtung zu schenken.
     
    Er sah die taumelnde Gestalt schon von weitem und kniff die Augen zusammen, um besser erkennen zu können, wer sich näherte. Es musste ein Freund sein, denn niemand Fremdes hätte den Weg durch die Schlucht gefunden. Und doch kroch dem Pangje eine Gänsehaut über den Körper: Seine Vorahnung hatte ihn also nicht getrogen. Dieser Mensch dort unten in den Feldern brachte schlechte Nachrichten in sein friedliches Tal. Es konnte gar nicht anders sein. Im nächsten Moment verließ er den Vorplatz seines Hauses und verschmolz mit den Schatten des Dorfes. Trotz seines Humpelns erinnerten seine lautlosen und fließenden Bewegungen an die einer Katze. Schnell durchquerte er das Dorf und verbarg sich hinter dem Stamm einer zerzausten Weide. Der Eindringling war deutlich zu hören, sein Keuchen, sein Stöhnen, das Schlurfen seiner müden Füße über den Schotter. Der Pangje verließ seinen Lauscherposten, gerade rechtzeitig, um den Stürzenden aufzufangen.
    »Beeil dich«, flüsterte der Herr der Vögel. Der Pangje spürte beinahe körperlich, wie viel Mühe dem anderen das Sprechen bereitete. »Achim ist auf dem Weg hierher. Verzeih mir … Ich habe ihm sagen müssen, wer du bist und wo er dich finden kann.«
    »O nein!« Der Pangje beugte sich dicht über Khagendras Gesicht. »Er hat dich geschlagen«, stellte er bestürzt fest.
    Khagendra nickte matt. »Verzeih mir.«
    »Natürlich. Ich habe immer befürchtet, dass er es eines Tages herausbekommen würde. Aber dass er sich an dir vergreifen würde …«, zischte der Pangje mit mühsam beherrschtem Zorn.
    »Das ist noch nicht alles. Er hat Dipendus Tochter Tara in seiner Gewalt. Und Anna«, presste der Sadhu hervor.
    »Ich kenne das Sternenmädchen. Aber wer ist Anna?«, fragte der Schneeleopard verwundert und hüllte den zitternden Sadhu in seine Decke.
    »Anna ist –« Ein Hustenanfall unterbrach den Herrn der Vögel. Als der Anfall vorüberging, suchte er den eisgrünen Blick des anderen und hielt ihn fest.
    »Anna ist deine Tochter.«
     
    Es dauerte keine Viertelstunde, bis sich alle Dorfbewohner beim Haus des Pangje versammelt hatten. Ihre Mienen versteinerten, als der Herr der Vögel ihnen von Achims Ankunft berichtete. Kurz darauf brach der Schneeleopard mit acht Männern auf. In grimmiger Stille schlüpften sie davon in Richtung der Schlucht, während sein ältester Sohn Dzangbu und zwei weitere Männer die Pferde des Dorfes über den längeren Höhenweg aus dem verborgenen Tal herausführten.
    Die verbliebenen Dorfbewohner blickten ihnen stumm nach. Vor einundzwanzig Jahren war die Sache des Schneeleoparden auch zu der ihren geworden, und nun würde es endlich zu der lang erwarteten Konfrontation kommen. Das Böse

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