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Im Tal des Schneeleoparden

Im Tal des Schneeleoparden

Titel: Im Tal des Schneeleoparden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steffanie Burow
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violettlackierten Mercedesbusses und seiner abenteuerlichen Klamotten ziemlich erdverbunden wirkende Lothar machte nicht den Eindruck, als würde er seine Freundin gern mit anderen Männern teilen.
    Lothar bemerkte das sich anbahnende Techtelmechtel vorerst nicht oder wollte es nicht bemerken. »Dann ist es beschlossene Sache«, sagte er zufrieden. »Morgen geht es gemeinsam nach Kabul!«
     
    »Das ist nicht dein Ernst.«
    »Mein voller Ernst. Ich betrete jetzt dieses Hotel und bestelle mir etwas Europäisches und ein Bier. Wer nicht mitkommen will, ist selbst schuld.« Ingrid wartete. Marten bedachte sie mit einem abfälligen Blick: Man fuhr doch nicht nach Afghanistan, um im Hotel Intercontinental zu essen! Überhaupt Marten, dachte Ingrid. Er ging ihr mit seinem albernen Purismus mehr und mehr auf die Nerven. Seit er sich auf dem Teheraner Campingplatz mit einem frischgebackenen deutschen Guru angefreundet hatte, dem es eine Herzensangelegenheit war, im Ruhrpott die frohe Botschaft seines indischen Meisters zu verkünden, war Marten kaum noch zu ertragen. Wenn er die Annehmlichkeiten Kabuls nicht zu schätzen wusste, bitte, es war sein Problem. Sie jedenfalls gedachte, die heitere Stadt mit ihren freundlichen Einwohnern zu genießen. Und außerdem zur Feier ihres Geburtstages ein Bier. Wer wusste schon, wann sie das nächste bekämen.
    »Ich komme mit«, sagte Pieter.
    »Wir auch.« Lothar, Sabine und Babsi nickten.
    »Da gibt’s doch gar nichts zu diskutieren.« Achim stieß die Tür auf, und sofort folgten ihm die anderen im Gänsemarsch. Auch Marten.
    Sie blieben zwei Wochen in Kabuls Chicken Street, die von billigen Absteigen voller zugedröhnter Hippies gesäumt war. Marten ließ sich von einem weiteren europäischen Erleuchteten die Vor- und Nachteile der unterschiedlichen Aschrams erklären, Achim, Pieter und Lothar beschäftigten sich mit den Bremsbelägen der Busse und anderen technischen Malaisen, und die Frauen erkundeten die mittelalterlich anmutende Stadt. Die Abende verbrachten sie mit ihren neuen Hippiefreunden, redeten, lachten, kifften und lauschten hingerissen den Geschichten aus Kathmandu, der mittelalterlichen Königsstadt im Himalaya, dem Traumziel aller Suchenden, und in ihren Ohren hörte es sich an wie eine Filiale des mythischen Shangri-La.
     
    Sie sammelten die Franzosen irgendwo auf der Straße zwischen Lahore und Delhi ein. Es grenzte an ein Wunder, dass sie die beiden überhaupt bemerkt hatten: Die Männer waren zu Fuß unterwegs und hatten sich nicht einmal die Mühe gemacht, die Daumen rauszuhalten. Sonnenverbrannt, mager und dunkelhaarig, ähnelten sie ohnehin mehr den Indern, die zu Hunderten die Seitenstreifen der Grand Trunk Road bevölkerten, und Ingrid wäre wohl achtlos an ihnen vorbeigefahren, wenn nicht das Schicksal ihr einen Ochsenkarren vor den Bus geschoben hätte.
    Babsi, die sich selbst nicht ans Steuer traute, aber, wie meist, wenn Ingrid fuhr, ihr in der Fahrerkabine Gesellschaft leistete, streckte den Kopf zum Seitenfenster hinaus, um den Besitzer des Karrens zu beschimpfen, nicht aus Bosheit, sondern als Zeitvertreib und weil alle es machten, wenn jemand es wagte, den Verkehr aufzuhalten. Sie hatte gerade den ersten lachenden Fluch in Richtung des Karrens geschickt, als sie die jungen Europäer entdeckte. Ingrid bemerkte, dass etwas nicht stimmte, weil sich ihre Freundin plötzlich nicht mehr rührte. Sie zupfte an Babsis Batikrock.
    »Was ist los?«
    Keine Reaktion. Sie zupfte erneut, stärker diesmal. Babsi zog den Kopf wieder ins Auto.
    »Da stehen zwei Männer«, sagte sie atemlos. »Zwei Europäer.«
    »Ja, und?«
    »Wir müssen sie mitnehmen.«
    »Wir haben kaum noch Platz.«
    »Unsinn.« Babsi drehte sich nach hinten. »Macht mal die Tür auf.«
    Sie stieß die Beifahrertür auf und winkte die beiden heran. Der Größere der beiden kletterte sofort nach hinten, der Kleinere quetschte sich neben sie in die Fahrerkabine und stellte sich vor. Er hieß Sylvain und sprach Deutsch mit einem bezaubernden französischen Akzent.
     
    »Warum hast du sie mitgenommen?« Achim war so wütend, wie Ingrid ihn bisher selten erlebt hatte. Nachdem sie die Fahrzeuge – sie fuhren immer noch mit Sabine und Lothar im Konvoi, und Achim hatte den Tag bei den beiden im Bus verbracht – mit Einverständnis des Besitzers auf einem brachliegenden Feld abgestellt hatten, war Achim erst ziemlich erstaunt über ihre neuen Begleiter gewesen, hatte sie aber herzlich willkommen

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