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Im Tal des Schneeleoparden

Im Tal des Schneeleoparden

Titel: Im Tal des Schneeleoparden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steffanie Burow
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einzuschätzen, und außerdem hätten Sylvain und Achim doch ihren einheimischen Freund dabei.
    Eine betörend schöne Inderin in einem pinkfarbenen Kaftan mit dazu passender Hose wurde in die Mitte der Statisten geführt, und dann ging es los.
    Stunden später betrat Bärbel aufgeregt plaudernd mit Jutta und Manfred die Annapurna Lodge. Die Filmaufnahmen hatten sich als ein ziemlich verrücktes Erlebnis erwiesen und würden der gesamten Hippiegemeinde noch lange Gesprächsstoff bieten. Nachdem sie sich von den beiden verabschiedet und die Treppe zum zweiten Stock erklommen hatten, entdeckte Bärbel eine dunkle Gestalt, die vor ihrer Zimmertür kauerte. Ihr Herz machte einen Sprung.
    »Sylvain«, flüsterte sie.
    Ein Feuerzeug flackerte auf, und Bärbel wich erschrocken zurück. Die Flamme erhellte den Kopf eines Berggeists mit wildem Bart und verfilzten Haaren, eingesunkenen Wangen und leeren Augen. Erst auf den zweiten Blick erkannte sie in dem müden Geist ihren Freund Achim. Bestürzt eilte sie zu ihm.
    »Was ist dir zugestoßen? Wo ist Sylvain?«
    »Babsi, endlich.« Seine erschöpfte Stimme stand im Einklang mit seinem heruntergekommenen Aussehen. Mühsam rappelte er sich hoch. »Lass uns in dein Zimmer gehen.«
    »Was ist? Warum ist Sylvain nicht hier? Wann kommt er?« Ihre Stimme überschlug sich beinahe. Achim nahm ihre Hände, und jetzt sah Bärbel zu ihrem Entsetzen eine Träne seine Wange hinablaufen. Eiskalte Angst krallte sich in ihre Eingeweide.
    »Sylvain kommt nicht mehr, Babsi. Er ist tot«, sagte Achim leise.
    »Nein!« Bärbels Schrei zerteilte die stille Nacht, brach sich an den Häuserwänden, weckte die Krähen, prallte am schwarzen Himmel ab und verebbte schließlich in den dunklen Winkeln und Nischen der uralten Stadt.
    Stunde um Stunde wiegte Achim Bärbel in seinen Armen, sprach leise auf sie ein, erzählte ihr von den Dörfern mit ihren freundlichen und neugierigen Einwohnern, von der Mühsal des Weges, von Klöstern und Mönchen und wie sie immer höher hinaufgestiegen waren in die abweisende Welt der grauen Steine, und von dem späten Schnee, der sie überrascht hatte. Er erzählte von Moons und Sylvains Streit um eine Lappalie, auf dem schmalen Weg hoch oben in den Bergen, und wie Sylvain plötzlich den Halt verloren hatte und in die Tiefe gestürzt war, sein zerschmetterter Körper unerreichbar für seine schreckensstarren Begleiter. Er berichtete von Moon, der sich, obwohl schuldlos, untröstlich in sein Dorf geflüchtet und sich geweigert hatte, nach Kathmandu zurückzukehren. Von seinem eigenen Rückmarsch, der ihn an seine körperlichen Grenzen geführt hatte.
    Irgendwann schliefen sie aneinandergeklammert ein, hatten nicht einmal die Kraft gefunden, ihre Schuhe auszuziehen, und Bärbel träumte vom Fallen.

[home]
26
    T ot«, sagte Anna tonlos. »Arme Mami.« Sie fuhr sich mit den Händen übers Gesicht. Was für eine schlimme Geschichte. Im nächsten Moment traf sie die Erkenntnis wie ein Blitz. »Das Kind«, sagte sie, »was ist mit dem Kind geschehen? Lebt es?«
    Ingrid nickte und blickte auf ihre ineinander verkrampften Hände. »Es lebt. Es ist zu einer schönen jungen Frau herangewachsen.«
    »Hat Mami es nach der Geburt weggegeben? Wo ist die Frau?«
    »Du willst es nicht wahrhaben, oder?«
    »Was will ich nicht wahrhaben?«, fragte Anna zögernd. Ein Gedanke nahm Gestalt an, aber noch weigerte sich ihr Verstand, das Ungeheuerliche zu akzeptieren. »Das kann nicht sein. Eddo ist mein Vater!« Als Ingrid nicht gleich antwortete, griff Anna über den Tisch und packte ihr Handgelenk. »Ich bin 1971 geboren, nicht 1970. Ich bin ein Jahr jünger als diese Frau!« Wütend schüttelte sie Ingrids Arm.
    »Beruhige dich«, sagte Ingrid müde. »Ich habe dir gleich gesagt, dass es nicht einfach wird.« Sie holte tief Luft. »Du hast mich gestern gefragt, ob dein Name tatsächlich Annapurna sei. Er ist es. Babsi hat dich nach der Göttin Annapurna benannt – und nach der Lodge, in der sie die glücklichste Zeit ihres Lebens verbracht hat. Es ist wahr: Sylvain ist dein Vater.«
    Anna ließ Ingrids Arm frei und sank betäubt in ihren Stuhl zurück. »Aber was ist mit meiner Geburtsurkunde? Der Heiratsurkunde? Mami und Papi haben doch im November 1970 geheiratet«, flüsterte sie. Es war ein Strohhalm, gleich würde Ingrid ihr sagen, dass sie sich einen Scherz erlaubt hatte. Doch auch diese letzte Hoffnung wurde zerschlagen.
    »Alles gefälscht. Deine Eltern kannten sich im Jahr 1970

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