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Im Tal des Vajont

Im Tal des Vajont

Titel: Im Tal des Vajont Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mauro Corona
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Tränken lag die Axt. Sie hatten sie dort hineingelegt, um das Blut abzuwaschen. Ich sagte zu Bastianin, nun sei auch sein Leben am Ende, weil er ins Gefängnis müsse. Da sei er eh schon seit langer Zeit, erwiderte er; seitdem sie in die Irrenanstalt kam, sei es aus mit ihm, und mit seinem Kopf befände er sich seit Langem schon im Schmerzenskerker, und mehr als einsperren würden sie ihn schließlich auch nicht. Wieder kam mir dabei die Hexe Melissa in den Sinn, und ich brachte all das geschehene Unglück mit ihr in Verbindung. Und obwohl es August war, spürte ich, wie mir plötzlich ein kalter Schauer von den Füßen bis in die Haarspitzen hinaufkroch. Zum ersten Mal spürte ich wirkliche Angst, und hatte ich bisher auch nichts darauf gegeben, jetzt begann mich der Fluch der Hexe zu beunruhigen.
    Einige Freunde rieten Bastianin zur Flucht, solange noch Zeit dazu war, denn die Gendarmen würden nicht mehr lange auf sich warten lassen. Doch mein Bruder erwiderte, er würde nirgendwohin gehen, und bewegte sich nicht von der Stelle. Bortolomeo della Taja, genannt Mio, bot ihm an, er könne ihn in seinem Haus auf dem Col delle Cavalle verstecken, wo man ihn nicht einmal mit Spürhunden auffinden würde. Aber Bastianin sagte Nein, er sei jetzt mit sich selbst im Frieden und wolle sich seinem Schicksal stellen und dafür bezahlen, was er getan hatte.
    Um sechs trafen die Gendarmen ein, um ihn abzuführen und ins Gefängnis von Udine zu bringen. Es war das letzte Mal, dass ich ihn sah. In Udine wurde er schließlich zu zwanzig Jahren Gefängnis verurteilt. Ich sperrte das Haus meines Bruders ab und fragte mich, ob er selbst es jemals wieder aufsperren würde. Zwanzig Jahre sind eine lange Zeit für jemanden, der es gewohnt ist, immer draußen unter freiem Sternenhimmel zu leben.
    Das war für mich der härteste Schlag, härter noch, als sie und die Kinder verloren zu haben, die getötet worden waren, und all meinen Frieden. Ich ging sogar zum Begräbnis von dem aus Valdapont, aber von ihm möchte ich nicht einmal den Namen aussprechen.
    Ich hatte meinen kleinen Bruder sehr gemocht und auch geglaubt, ihn gut zu kennen, und nie hätte ich gedacht, dass er so von Rachegedanken erfüllt war. Die ganze Zeit, ohne irgendetwas zu sagen, und ihn dann töten!
    Nach diesem Unglück weidete ich weiter meine Ziegen, aber gleichzeitig begann ich auch zu trinken. Immer häufiger trank ich jetzt Wein, um der Meute von schlechten Erinnerungen zu entfliehen, die dann allerdings, war der Rausch einmal vorüber, schlimmer als zuvor zurückkehrten. Hin und wieder kamen mir mein Vater, meine Mutter und die alte Tante, die mit den Ameisen im Mund starb, wie auch die andere aus Mailand und natürlich Bastianin in den Sinn, und ich fragte mich, warum das Leben so schlecht verlaufen war und so verdorben wie ein Käselaib mit Würmern. Aber vielleicht wusste ich es ja jetzt, so wie ich sicher war, dass die alte Melissa an allem nicht unbeteiligt war, im Gegenteil, sie war die Ursache.

Nur wenige Tage später machte Raggio ernst, und ich fing mir einen Stockhieb auf eine Schulter ein, dass ich länger als einen Monat den Arm verbunden in einer Schlinge tragen musste. Ich war kaum von den Hochweiden von Bozzìa heimgekehrt und musste noch Paol dal Fun Filippin zur Käserei Galvana begleiten, um dort die beiden Kühe abzuholen, die ich ihm als Leihgabe überlassen hatte. Es war der 7. September und zugleich auch das Ende der Almsaison. Hoch oben auf den Bergkämmen begannen die Bäume sich langsam zu verfärben, und es war noch warm.
    Bei der Käserei angekommen, waren dort auch schon andere Leute, die ebenfalls ihre Kühe abholen gekommen waren. Da bemerkte ich auch Raggio unter ihnen. Von Lodina kommend, hatte Raggio mit seiner Ziegenherde die gesamte Garofola und den Chiampón überquert, um sie dann frei unterhalb der Forcella del Mus weiden zu lassen. Von dort war er wieder aufgestiegen, über die Forcella hinüber, dann über die Porgaithöhe und schließlich hinunter zur Käserei, um beim Senn einzukehren.
    Als er mich bemerkte, schwollen seine Augen an wie Kröten, wenn sie pfeifen. Ich blieb auf Abstand zu ihm, denn ich wusste, es war ein schlechter Tag, und ich wollte keinen Ärger riskieren.
    Es war so gegen Mittag.
    Der Senn, Valentin Sortàn de Nesto, hatte Polenta gekocht, und weil es in diesem Jahr die letzte Polenta auf der Galvanaalm war, bot er allen eine Scheibe davon zusammen mit einem Stück Käse an. Ich war hungrig, also ging

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