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Im Tal des wilden Eukalyptus

Im Tal des wilden Eukalyptus

Titel: Im Tal des wilden Eukalyptus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inez Corbi
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ihn zu halten. Aber das würde sich rasch geben, sobald das Kind sich erst einmal an sie gewöhnt hatte.
    Ein starkes Gefühl von Zuneigung durchfuhr ihn, als er die winzige, eingewickelte Gestalt und den mit flaumigem dunklem Haar bedeckten Schädel betrachtete. In den erste n Tagen hatte der Kleine viel geschrien, aber mittlerweile schien er sein neues Zuhause anzunehmen.
    Â»Ich werde dir ein guter Vater sein, Henry«, flüsterte Alistair und verscheuchte eine Fliege, die sich auf der Wiege niederlassen wollte.
    Der kleine Junge runzelte im Schlaf die Stirn und seufzte. Das Kind sollte Henry heißen, nach Alistairs Vater. Nicht Joey, wie Moira entschieden hatte. Das war das einzig ­Ärgerliche an dieser Geschichte: dass Moira den Jungen bereits hatte taufen lassen. Katholisch! Reverend Marsden hatte geschäumt vor Wut. Ob es überhaupt möglich war, diese Taufe rückgängig zu machen und den Jungen in die Kirche von England aufnehmen zu lassen?
    Aber das waren müßige Überlegungen. Viel lieber schmi edete Alistair Pläne für die Zukunft.
    Â»Henry Charles McIntyre«, murmelte er, und ein plötzliches Glücksgefühl weitete seinen Brustkorb.
    Sein Sohn. Nicht sein eigenes Fleisch, sein eigenes Blut, aber vor dem Gesetz doch sein Sohn. Es erstaunte ihn, wie leicht es ihm fiel, so von dem Kind zu sprechen, und welch tiefe, allumfassende Zufriedenheit es in ihm weckte. Als wäre er endlich dort angekommen, wo er hingehörte. Zum ersten Mal seit langer Zeit fühlte er sich vollständig. Fast schon glücklich.
    Vorsichtig strich er dem Kleinen über den Scheitel. Solange der Junge schlief, wollte er ihn nicht aus der Wiege nehmen, auch wenn er ihn gerne gehalten hätte.
    Er würde Henry beibringen, was er über das Leben wissen musste. Er würde ihn zu einem großen Wissenschaftler und Forscher heranziehen und ihm alles ermöglichen, was dafür nötig war. Die besten Lehrer, die teuersten Universitäten. Sein Sohn. Sein Erbe.
    Diese Aussicht beflügelte ihn. Er würde seine seit Monaten brachliegenden Forschungen wieder aufnehmen. Er würde endlich den Artikel für das London Medical Journal fertigschreiben und nach England senden. Ja, das würde er tun.
    Später, sobald Henry größer war und mehr Platz brauchte, würde er das Haus ausbauen lassen. Hinten konnten gut und gerne zwei weitere Zimmer entstehen. Oder er würde sich gleich ein neues Haus kaufen. Am Geld sollte es nicht scheitern. Vor wenigen Wochen war sein Sold, den er als Arzt des Straflagers bezog, erhöht worden. Was leider nicht bedeutete, dass ihm der Dienst im Lazarett erlassen wurde.
    Als Henry sich jetzt im Schlaf bewegte und dabei ein leises Schnaufen ausstieß, bemerkte Alistair zum ersten Mal, wie ähnlich der Kleine seinem Vater sah. Jäh durchfuhr ihn die Erkenntnis, die er bis jetzt immer verdrängt hatte: Dieses Kind war von Duncan gezeugt worden. Duncan, der Alistair noch immer den Schlaf raubte.
    Duncan, der seit einigen Tagen verschwunden war.
    Oder war er mittlerweile wieder aufgetaucht? Wahrscheinlich nicht, denn Alistair konnte sich nicht vorstellen, dass der junge Ex-Sträfling ihm widerstandslos seinen Sohn überlassen würde.
    Was war bloß passiert? Bei der Vorstellung, dass dem jungen Mann etwas zugestoßen sein könnte, krampfte sich Alistairs Magen schmerzhaft zusammen, und seine väterliche Zufriedenheit schwenkte plötzlich um in den kalten Griff der Angst.
    Dann hörte er es an der Haustür pochen und kurz darauf, wie Ann Mrs Harris öffnete. Wenig später erschien die Amme in der Küche.
    Â»Guten Abend, Doktor.« Sie knickste und wischte sich mit dem Handrücken über die Stirn. »Noch immer so heiß heute.«
    Â»Guten Abend, Mrs Harris. Ja, es ist sehr warm.«
    Â»Sir, da draußen steigt gerade ein britischer Offizier vom Pferd.« Die Amme deutete in Richtung Eingang. »Ich glaube, er will zu Euch.«
    Alistair hob eine Braue. Mit Penrith hatte er nicht mehr gerechnet.
    Dann zog er seinen Rock glatt und nickte. »Danke, Mrs Harris. Ich gehe schon.«
    *
    Â»Aargh!« Captain Penrith drehte den Kopf zur Seite und schob Alistairs Hand fort. »Verdammt noch mal, McIntyre, wie lange braucht Ihr für so einen lächerlichen Zahn?«
    Â»Eine Weile wird es schon noch dauern«, gab Alistair un gerührt zurück. »Ihr sagtet doch, dass ich ihn nicht

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