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Im Tal des wilden Eukalyptus

Im Tal des wilden Eukalyptus

Titel: Im Tal des wilden Eukalyptus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inez Corbi
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Nein, es wollte ihm nicht einfallen. Das Denken war schrecklich anstrengend.
    Von draußen drang das Knirschen von Rädern, ein Wiehern. Stimmen. Ein silbriges Aufblitzen, der Geruch von frischem Sägemehl. Erneuter Schmerz, als ein breites Band um seinen Oberschenkel geschlungen, nach oben geschoben und dann fest zugezogen wurde.
    Was hatten sie vor? Irgendetwas Entsetzliches ging hier vor sich … Dann fiel sein Blick auf die lange, gezahnte Säge, die der Arzt gerade auf einem niedrigen Tisch neben ihm platzierte, und endlich begriff er.
    Â»Nein, wartet …«, wollte er widersprechen, aber schon klemmte man ihm ein mit Leder umwickeltes Stück Holz zwischen die Zähne. Grobschlächtige Hände packten ihn und drückten ihn nieder.
    O Herrgott, hilf! Aus den Tiefen meiner Not rufe ich zu dir … Die Panik gab ihm Kraft, die pochenden Schmerzen waren plötzlich nebensächlich. Es gelang ihm, den Knebel auszuspucken, aber gegen die Männer kam er trotzdem nicht an.
    Durch den Schleier aus Panik und Schmerzen vernahm er laute Stimmen, dann wurde die Tür aufgerissen.
    Â»Dr. McIntyre?« Die Stimme des Chirurgen klang eher verärgert als überrascht. »Ich wollte gerade anfangen.«
    Noch nie in seinem Leben war Duncan so froh gewesen, den Doktor zu sehen. Die Erleichterung spülte ihn in einer Woge von Schwindel davon, kaum bekam er mit, dass weitere Menschen in den kleinen Raum quollen, dass sich die Hände, die ihn gepackt hielten, lösten.
    Eine schlanke Gestalt schob sich in sein Blickfeld, im nächsten Moment spürte er kühle Finger auf seinem glühenden Gesicht.
    Moira?
    Â»Madam, Ihr verlasst auf der Stelle diesen Raum! Frauen haben hier nichts zu suchen!«
    Ein paar Worte flogen hin und her, dann war Moira wieder fort. Erneut drohte er wegzugleiten, aber die nächsten Worte rissen ihn wieder zurück.
    Â»Ihr wollt amputieren, Dr. Emmerson?«, vernahm er McIntyres Stimme.
    Duncan zwang sich, die Augen zu öffnen, zuzuhören.
    Â»Ganz recht«, gab Emmerson zurück. »Und Ihr werdet mir sicher beistimmen, dass dies die einzig sinnvolle Behandlung ist.«
    Â»Ich bezweifle, dass der Patient seine Einwilligung dazu gegeben hat.«
    Emmerson erklärte, für eine solche Entscheidung fiebere sein Patient bereits zu stark. Um sein Leben zu retten, sei dieser Eingriff unvermeidbar.
    Â»Ihr gestattet, dass ich mir selbst ein Urteil bilde.«
    Ein Schatten fiel über Duncan, als McIntyre sich über ihn beugte. Das Fieber musste seine Sinne verwirren; für einen Moment hatte Duncan den Eindruck, als zitterten dem Doktor die Finger, während er wortlos nach seinem Puls fühlte.
    Er ächzte auf, als der Doktor die Aderpresse öffnete und das Blut mit tausend prickelnden Nadelstichen in sein Bein zurückströmte.
    Â»Wann ist das passiert?«, fragte McIntyre, sein fettiger Scheitel schwebte dicht über Duncans Bein.
    Â»Vor ungefähr zwei Wochen«, gab eine vertraute, tiefe Stimme zurück, bevor Duncan genug Kraft fand, um selbst zu antworten. »Als es schlimmer wurde, habe ich die Wun de aufgeschnitten.«
    Joseph? Er war hier?
    Der glühende Schmerz, als McIntyre begann, die Wunde zu untersuchen, ließ Duncan den Schweiß am ganzen Körper ausbrechen und nahm ihm schier den Atem.
    McIntyre ließ sich Zeit. Viel mehr Zeit, als Emmerson sich heute Nacht genommen hatte. Schließlich richtete der Doktor sich wieder auf und strich sich über seinen Backenbart. »Das ist kein Wundbrand«, sagte er. »Noch nicht. Wenn man das infizierte Gewebe herausschneidet, könnte man das Bein möglicherweise retten.«
    Â»Ein débridement ?«, entgegnete Emmerson zweifelnd. »Das dauert ungleich länger und hat weitaus weniger Aussicht auf Erfolg.«
    Â»Nennt Ihr ein amputiertes Bein einen Erfolg?«, gab McIntyre scharf zurück.
    Ein paar Minuten ging der Disput hin und her. Duncan verstand davon nur so viel, dass beide Ärzte gegenseitig ihre Diagnosen anzweifelten.
    Â»Wie Ihr meint, McIntyre«, schnaubte Emmerson schließl ich. »Aber ich möchte nicht verantwortlich sein, wenn der junge Mann hier am Wundbrand stirbt. Oder an Euren Operationsmethoden.«
    Er griff nach seinem Rock und rauschte hinaus.
    Duncan sah zu, wie McIntyre ein ledernes Etui aus seiner Arzttasche nahm, es entrollte und auf dem Beistelltisch platzierte. »Sir, Doktor …

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