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Im Tal des wilden Eukalyptus

Im Tal des wilden Eukalyptus

Titel: Im Tal des wilden Eukalyptus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inez Corbi
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vielversprechenden Doktor der Medizin, verlassen hatte und mit einem ehemaligen Sträfling zusammenlebte, noch dazu einem Katholiken. Moira verzog das Gesicht. Zu einem anderen Zeitpunkt hätte diese unverhohlene Ablehnung sie sehr verletzt, aber jetzt war das alles in den Hintergrund gerückt.
    Ein Geräusch ließ sie aufblicken. War Duncan schon wieder zurück? Nein, es war nur die Katze. Moira sah zu Noel hinüber, der auf dem Tisch lag und sich mit Hingabe das rote Fell putzte, eine Pfote beleckte und sich dann mehrmal s damit über den Kopf fuhr. Das Tier war zu einem stattlichen Kater herangewachsen. An Tagen wie diesem wünschte Moira sich, einfach nur existieren zu können wie dieser Kate r und nicht denken zu müssen. Nicht daran denken zu müssen, was Joseph drohte.
    Erneut tauchte sie die Feder in die Tinte, warf ein paar Worte aufs Papier und strich sie gleich wieder durch. Fast hätte sie den Bogen zusammengeknüllt und weggeworfen, aber Papier war teuer, und so legte sie nur die Feder fort und verschloss das Tintenfass. Sie musste Ivy nicht heute schreiben. Es gingen noch genug Schiffe nach Europa, die den Brief zu einem späteren Zeitpunkt mitnehmen konnten.
    Nach einer Weile hörte sie Hufschläge und kurz darauf Artemis’ Wiehern. Nach Major Penriths dramatischem Tod war die Tatsache, dass Moira nun von ihrem Gemahl geschieden war, fast untergegangen. Dennoch war nicht daran zu rütteln, dass McIntyre nach Penriths Einmischung die Stute zustand. Vorerst brauchte er das Pferd allerdings nicht und hatte es Moira und Duncan als Leihgabe überlassen – weniger aus Großzügigkeit, als um sicherzustellen, dass Duncan schnell bei ihm sein konnte, schließlich würde dieser demnächst öfter bei McIntyre arbeiten.
    Â»Der Gouverneur ist nun doch bereit, uns zu empfangen«, sagte Duncan, während er Decke und Schaffell vom Pferderücken nahm. »Morgen.«
    Â»Sehr gut.« Moira versuchte, eine Zuversicht zu verströmen, die sie nicht empfand. »Immerhin hört er uns an. Und bei Mrs King hast du sowieso einen Stein im Brett.«
    Duncan stieß lediglich ein dumpfes Schnauben aus und trug das Deckenbündel in ihre Hütte.
    Moira folgte ihm. »Es war schließlich eine Art von Notwehr. Dein Vater wollte nur Ningali schützen – und nicht Penrith umbringen.«
    Â»Wirklich nicht?« Duncan warf Decke und Schaffell in eine Ecke. »Hat er nicht sogar gesagt, er würde den Major mit eigenen Händen ermorden? Hier, an diesem Tisch?«
    Moira schwieg. Joseph hatte bei der Verhandlung nicht die geringste Reue gezeigt, sondern sich sogar noch gefreut, dass Pemulwuys Mörder seine gerechte Strafe erhalten habe.
    Sie hatte Duncan selten so mutlos gesehen. Und wenn sie ehrlich war, dann hatte er auch allen Grund dazu. Es war etwas anderes, ob man lediglich wegen Rebellion und Flucht angeklagt war, wie er selbst damals, oder ob man in Pemulwuys Gefolge Angst und Schrecken unter den Siedlern verbreitet und zudem einen britischen Offizier getötet hatte. Die Chancen, Joseph vor dem Galgen zu retten, standen ausgesprochen schlecht.
    *
    Die kahle Zelle war eine Zumutung. Noch nie hatte Moira ein Gefängnis von innen gesehen, und was sie hier erblickte, entsetzte sie. Von dem warmen Tag, der draußen herrschte, merkte man hier drinnen nichts; es war kalt und feucht, und es stank nach Fäkalien. In diesem Gefängnis hatte auch Duncan einst auf sein Urteil warten müssen.
    Joseph sah nicht gut aus. Im fahlen Licht, das durch das hoch oben angebrachte, vergitterte Fenster in die Zelle fiel, wirkte seine Haut wie von grauer Farbe überzogen. Die westliche Kleidung, die ihm Elizabeth vor Monaten gegeben und die er für seinen Besuch in Parramatta angelegt hatte, war inzwischen verschmutzt und wirkte fremd an ihm.
    Man hatte Josephs letztem Wunsch entsprochen und sie beide zu ihm gelassen – allerdings erst, nachdem der Gefängniswärter ihn an die Wand gekettet hatte.
    Â»Es tut mir leid«, murmelte Duncan, nachdem die Männer sich umarmt hatten. Er sah fast genauso erschöpft aus wie sein Vater.
    Joseph hustete, wobei ein tiefes Rasseln in seiner Lunge zu hören war. »Ich weiß, mein Junge, ich weiß. Aber mach dir keine Vorwürfe. Hast du wirklich erwartet, der Gouver neur würde den Mann begnadigen, der dem großen Pemulwuy geholfen hat?« Er klang beinah stolz bei diesen

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