Im Tal des Windes: Roman (German Edition)
Rücken traf, so stoisch ertrugen sie ihr Elend.
» Halt an « , befahl Thomas. Missmutig spuckte der Kutscher ein Stück Kautabak aus und zog an den Zügeln. Sein Gesicht war wettergegerbt wie das eines gealterten Seemanns. Er rieb sich den struppigen Bart, seine Ratlosigkeit war ihm deutlich anzusehen.
» Willst du die Gäule zu Tode schinden? « , fuhr ihn Thomas an.
» Nein, Sir. Natürlich nicht, aber wir brauchen die Fuhre Kohlen. Was soll ich denn machen? « Er schien wirklich nicht zu verstehen. » Mit der dritten Dampfmaschine und allem… «
Thomas seufzte.
» Belade den Karren mit einem Drittel weniger. Die Pferde schaffen das mit Leichtigkeit. Nach der Fuhre machst du eine Pause, lass sie fressen und saufen. Dann holst du noch eine halbe Ladung. Zwei Fahrten innerhalb fast der gleichen Zeit, und wir haben mehr als genug Kohlen. «
» Daran habe ich nicht gedacht. Ich bin Seemann, Mr Waters. «
» Ich weiß « , seufzte dieser. » Wenn ich so was noch mal sehe… «
Der Mann bedankte sich noch einmal für den Ratschlag, doch Thomas hatte sich bereits abgewandt, als er Arthur eilig näher reiten sah. Ihm folgte ein vierschrötiger Kerl auf einem dürren Rappen, einer der Männer, die Thomas bezahlte, um die wirklich dreckige Arbeit zu erledigen.
Arthur sprang neben ihm vom Pferd, gab dem Reiter die Zügel seines Tieres und wartete, bis dieser davonritt. Dann trat er auf Thomas zu. In seinen Augen blitzte hündische Ergebenheit und ein wenig Furcht. Keine guten Vorzeichen.
» Was ist, habt ihr das Schattental geräumt? «
» Es gab Probleme. Die müssen irgendwas geahnt haben. Es waren Krieger dort. «
» Ihr seid in eine Falle gelaufen?! « Thomas war aufgebracht. Er hatte einen Trupp Männer losgeschickt, damit sie die Maori im Schattental von ihren Farmen vertrieben, notfalls mit Gewalt. Das Tal grenzte im Norden an seinen Besitz. Der Wald bedeutete gutes Holz, und das Farmland war fruchtbar. Die Höfe gehörten zwei Familien, die mit dem Iwi, der Dorfgemeinschaft von Urupuia, im Streit lagen. Von dort war keine Unterstützung zu erwarten. Ideal, um seine Ländereien unauffällig auf ihre Kosten zu erweitern, ohne Konsequenzen fürchten zu müssen. Thomas war auf diese List verfallen, nachdem ihm Johanna erzählt hatte, wie sehr sich die Maori vor Geistern fürchteten und Land mieden, auf dem es angeblich spukte. Arthur und seine Schergen sorgten im Verborgenen dafür, dass es mehr und mehr solcher verfluchter Orte mit unruhigen Toten gab. Noch zwei solcher Schachzüge, und ihm gehörte mehr Land, als die Chesters je besessen hatten.
Und jetzt hatte Arthur Mist gebaut. Er spuckte aus.
» Wir haben den Hinterhalt bemerkt, aber trotzdem einen Mann verloren. Mr Waters, da stimmt etwas nicht. Die planen etwas. «
» Woher weißt du das? «
Und dann erfuhr Thomas, dass Arthurs Trupp von gut ausgerüsteten Kriegern aus dem Norden erwartet worden war, die sich damit rühmten, schon unter dem legendären Maori-Häuptling Te Maamku gekämpft zu haben.
» Wir haben sie erledigt und die Farmen niedergebrannt. Keiner wird da so schnell wieder siedeln, die glauben, da wohnen jetzt Gespenster. « Arthur verzog das Gesicht zu einem bösartigen Grinsen. Thomas wusste, was das bedeutete. Sie hatten die Toten verstümmelt und alles Leben zunichtegemacht.
» Es war ein harter Kampf. Die Männer hatten sich eine Belohnung verdient. Eines der Mädchen hat Butch gefallen. Er hat sie mitgenommen, und wir hatten unseren Spaß mit ihr. «
Eigentlich wusste Arthur, dass Thomas solche Vorkommnisse zwar tolerierte, aber nichts darüber hören wollte.
» Warum erzählst du mir das? «
» Die Kleine hat geplaudert. Gedroht, dass wir alle sterben würden. Es seien Krieger unterwegs, die dein kleines Reich dem Erdboden gleichmachen wollen. Und weißt du was? Ich befürchte, sie hat nicht gelogen, was die Kämpfer betrifft. Diesmal ist es anders. Sie planen etwas. «
Thomas entfuhr ein deftiger Fluch. So wenige Männer wie in diesem Sommer hatte er schon lange nicht mehr in Lohn und Brot gehabt. Er hatte zu sehr darauf gebaut, dass die Maori immer weiter zurückweichen würden. Sie hatten doch noch genug Land, wo sie ihre verdammten Bäume anbeten konnten, oder etwa nicht?
Heiß fuhr die Angst um Johanna in seine Glieder. Ihr durfte nichts geschehen!
» Und du wirst nicht fahren! « , brüllte Thomas nun wohl schon zum zehnten Mal. Bevor Johanna antworten konnte, packte er sie an den Schultern, stieß sie in sein
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