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Im Tal des Windes: Roman (German Edition)

Im Tal des Windes: Roman (German Edition)

Titel: Im Tal des Windes: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Maly
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waren zu hören. Die Landschaft wirkte leer ohne die Schafe und Pferde, mit denen sie viele Erinnerungen verband. Lake Tarapunga lag da wie tot, quecksilberträge und glänzend.
    Johanna seufzte, rückte einen Stuhl heran, setzte sich und stützte die Arme auf die Lehne. Die Nacht hatte gerade erst begonnen.
    Johanna schreckte hoch, als sie Geschirr klappern hörte. Sie hatte nicht geschlafen, nicht wirklich. Ihr Rücken schmerzte, als sie sich nach dem Geräusch umdrehte. Heeni brachte eine Tasse mit dampfendem Tee.
    » Du bist noch hier, Mädchen? « , fragte Johanna ungläubig und nahm das Getränk entgegen.
    Heeni nickte schnell. Das Tablett in ihrer Hand zitterte kurz, dann hatte sie ihre Angst wieder im Griff.
    » Sie im Stich zu lassen, kommt nicht infrage. Ich bringe den anderen auch etwas Warmes. Rufen Sie mich, wenn Sie etwas brauchen. «
    » Danke. « Johanna nippte am Tee, dann wandte sie sich wieder dem Fenster zu. Die Dunkelheit drückte schwarz und schwer gegen das Glas. Erst als Heeni mit ihrer kleinen Lampe im Flur verschwunden war, besserte sich die Sicht.
    Die Wolken zogen schnell über den Himmel. Für einen Moment brach das Mondlicht hindurch, und dann sah sie sie. Dort bewegten sich Schatten an der Hecke entlang. Metall glänzte, sicher ein Gewehrlauf.
    » Thomas?! «
    » Ja, ich sehe sie auch « , tönte es aus dem Zimmer nebenan. Er eilte zu ihr, und im gleichen Moment erklangen Schritte auf der Treppe. Männer kamen herauf und verteilten sich auf die Fenster.
    » Was ist mit der Rückseite? « , fragte Thomas einen blonden, grobschlächtigen Kerl.
    » Bislang nichts. Nur vorn. «
    Johannas Herz schlug ihr bis in die Schläfen. Immer mehr Maori-Krieger sammelten sich dort draußen, und Thomas hatte unrecht. Sie hatten Gewehre, und nicht wenige! Bis zu diesem Moment hatte sie noch immer gehofft, mit den Angreifern reden zu können und doch noch eine friedliche Lösung zu finden. Der Anblick der Furcht einflößenden Krieger machte ihre Hoffnung zunichte.
    » Verschwinde vom Fenster, Johanna! « Thomas fasste sie an der Schulter und zog sie fort. Er drückte ihr einen Kuss auf die Stirn.
    » Du… du musst versuchen, mit ihnen zu reden, Thomas, bitte « , flehte sie ihn an.
    » Sehen die aus, als wollten sie reden? « , knurrte er. In diesem Moment erschien Hariata in der Tür. Sie schüttelte den Kopf. Johanna war klar, was das bedeutete. Ihre Hoffnung war dahin. Die alte Maori hatte keinen der Angreifer erkannt. Die Männer waren nicht aus Urupuia, es gab niemanden, der sich auf eine Verhandlung einlassen würde. Dennoch verspürte sie Erleichterung. Die Krieger dort draußen waren Fremde, niemand, den sie kannte, plante ihren Tod.
    Thomas’ fester Griff an ihren Schultern riss sie in die Gegenwart zurück. Er sah sie beschwörend an. » Weißt du noch, welche Munition für die Gewehre und welche für die Pistolen ist? «
    Sie nickte schnell und hockte sich auf den Boden, während die Männer die Fenster besetzten.
    » Billy, bist du so weit? « , rief Thomas dem Blonden zu, dann ging alles ganz schnell. Sie stießen die Fenster auf. Die Maori füllten die Nacht mit Kriegsgeschrei, dann zerriss Gewehrfeuer das schaurige Geheul.
    Johanna hätte sich am liebsten die Ohren zugehalten, doch schon ließ Thomas ein leer geschossenes Gewehr fallen und griff nach dem nächsten.
    Johanna zog es zu sich. Der Lauf war warm geworden. Sie sah sich hektisch um. Für einen kurzen Moment glaubte sie, vergessen zu haben, welche der Pulverflaschen für die Gewehre war, dann erinnerte sie sich. Rasch füllte sie Pulver nach, ließ die Bleikugel und ein Stoffstückchen in den Lauf gleiten, schob den Ladestock hinterher und schlug damit die Kugel fest.
    Thomas lud ein zweites Gewehr selber nach. Seinen kostbaren Hinterlader, den niemand außer ihm berühren durfte. Für die neumodische Waffe hatten sie kaum Munition. Hastig schob sie das Gewehr zurück zu ihm. Hier ging es längst nicht mehr um Thomas’ Streit mit den Eingeborenen, sondern ums nackte Überleben. Die Angst machte in Johanna auch die letzten Zweifel zunichte, ob es richtig war, Thomas zu helfen. Wenn sie nicht gewannen, würden sie sterben, das war die schlichte wie entsetzliche Wahrheit. Die Krieger da draußen würden Johanna nicht freundlich gesonnen sein und sie nicht verschonen.
    Im Nachbarraum schoss der Blonde und traf. Schreie drangen herauf, die anders klangen als die wütenden Herausforderungen zuvor. Jemand starb qualvoll. Ein Albtraum

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