Im Tal des Windes: Roman (German Edition)
verspreche wiederzukommen, sobald ich Urlaub bekomme. «
Dezember 1847
Im Tal des Windes
T homas saß auf einem Pferd. Johanna mochte es noch immer nicht ganz glauben. Zwar wurde das Pferd geführt,und ihr entging auch nicht, dass er sich die ganze Zeit über mit beiden Händen am Sattel festhielt, doch er hielt sich oben.
Sie hatte der Rückkehr in ihr altes Heim mit Hoffen und Bangen entgegengesehen.
Noch wusste Thomas nicht, wie hoch der Preis gewesen war, den sie gezahlt hatte, um das Haus und einen Teil des Landes zurückzuerhalten. Ein neuer Vertrag war ausgehandelt worden, der sie endlich zu den rechtmäßigen Besitzern machte.
Die Maori hatten viel gefordert. Pferde, Schafe, Metall. Zwei Dutzend Gewehre, Axtblätter, kupferne Kessel und säckeweise Angelhaken.
Tamati und Father Blake hatten ihr bei den Verhandlungen zur Seite gestanden, sonst wäre der Preis noch viel höher ausgefallen.
Nun waren die Waters bis auf eine eiserne Reserve beinahe mittellos. So bald wie möglich wollte Johanna wieder umherreisen und Schnitzereien für die englischen Sammler aufkaufen.
Doch jetzt galt es erst einmal, Thomas gesund zu pflegen und ihm klarzumachen, dass sie von nun an als einfache Farmer leben würden. Pferde- und Schafzüchter, war das denn so schlecht?
Johanna sah sich um. Thomas bemerkte ihren Blick und lächelte. Er sah aus wie ein Geist. Totenblass, das Haar schweißfeucht an den Schädel geklebt. Unter den Augen hingen schattige Ringe. Das Fieber lauerte noch immer, folgte ihm wie ein Todesengel, doch sein Zustand hatte sich in den letzten zwei Wochen sehr gebessert. Erinnerungen an die Zeit seiner Krankheit hatte er nicht, die Begegnung mit Liam war für ihn wohl nicht mehr als ein schlechter Traum, ein Streich, den ihm sein fiebriger Geist gespielt hatte.
Die Sonne stand tief. Der schwindende Tag hatte Wind heraufbeschworen, der nun einen schnellen Wetterumschwung brachte. Es war Hochsommer, zwei Tage vor Weihnachten. Dunkle Wolken zogen am nachmittäglichen Himmel herauf und legten sich weich um die Berghänge. Auf dem zuvor spiegelglatten See kräuselten sich graue Wellen und spien kleine Gischtfetzen ans Ufer. Der schwüle Tag schien mit einem kräftigen Sommergewitter zu enden.
Johanna drängte zur Eile. Bald würde es regnen. Es war nicht mehr weit, eine kleine Biegung noch, und dann sahen sie es endlich.
Das Anwesen bot trotz des Feuers noch immer einen prachtvollen Anblick. Wie ein lichter Traum hob es sich von den grünen Wiesen und den Bergen dahinter ab. Den ausladenden Pohotukawa-Bäumen, die zu beiden Seiten standen, war, bis auf einige braune Zweige, nichts geschehen. Sie blühten sogar und machten ihrem Beinamen als Weihnachtsbaum alle Ehre. Feuerrot floss die Pracht über das dunkelgrüne Laub.
Thomas hatte diesen Palast für sie gebaut. Um mit ihr seinen Traum zu leben.
Leider sah seine Vorstellung von Glück, das er bereitwillig mit Blut bezahlte, anders aus als ihre. Er hatte mit seiner Rücksichtslosigkeit und Gier die gesamte Region in einen Hexenkessel verwandelt. Das war zwar vorbei, aber sie konnte das Verhalten ihres Mannes nicht mehr wie früher verdrängen, als sie noch nichts von Duncans Tod gewusst hatte und Thomas hinter ihrem Rücken seine mörderischen Machenschaften trieb. Arthur und seine Schergen hatten für ihn die Drecksarbeit erledigt. Johanna war erleichtert, dass zumindest Arthur sein gerechtes Ende gefunden hatte.
Ihr fiel es schwer, nicht an Liam zu denken, der nun fort war. In der ersten Zeit nach der Abreise ihres Geliebten hatte Johanna jeder Schritt, den sie tat, fast das Herz zerrissen, doch nach und nach war es besser geworden. Selbst der störrische Teil in ihr, der sein eigenes Glück über alles andere stellte, hatte akzeptieren müssen, dass der Mann, den sie liebte, vorerst nicht wiederkam.
Dann hatte sich mit einem Mal Thomas’ Zustand gebessert. Er war eines Morgens aufgewacht und bei klarem Verstand gewesen. Das Fieber kehrte zwar wieder, doch nicht mehr mit solcher Wucht wie in den Wochen zuvor. Johanna schien es, als hätte sie jemand in einen Albtraum zurückgestoßen. Die leise Hoffnung, der Tod würde sie aus der Ehe mit diesem Mörder befreien, war dahin. Erschöpft nahm sie ihre alte Position wieder ein. Vor ihr lagen noch Jahre und Jahrzehnte an seiner Seite.
» Endlich zu Hause! « , seufzte Thomas. Johanna wendete ihr Pferd und lenkte es neben ihn. Nein, sie konnte nicht mehr schweigen und alles hinnehmen.
» Das alles
Weitere Kostenlose Bücher