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Im Tal des Windes: Roman (German Edition)

Im Tal des Windes: Roman (German Edition)

Titel: Im Tal des Windes: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Maly
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wog die Pistole nur kurz in der rechten Hand. Er kannte sie gut, er übte das Schießen mehrmals die Woche.
    » Bereit? « , fragte Arthur. Ein heimliches Lächeln umspielte seinen Mund.
    Die Duellanten nahmen Rücken an Rücken Aufstellung und gingen zwölf Schritte in die entgegengesetzte Richtung.
    Thomas’ Schritte waren steif, seine Lippen bewegten sich, zählten stumm. Nur einen Schuss, er musste nur einen Schuss überstehen. Gras raschelte unter seinen Füßen, nass vom Nebelder Themse. Die Feuchtigkeit kroch in seine Schuhe. Er blieb stehen, spannte den Hahn der Pistole und stellte sich seitlich, um Fitzgerald so wenig Zielfläche wie möglich zu bieten.
    Der Mond hatte sich hinter den Wolken verkrochen, und es war schwer, überhaupt etwas zu erkennen.
    Als Thomas die Waffe hob, begann es in seinen Ohren zu dröhnen. Für einen einzigen Augenblick erlangte die Angst vor dem Tod die Oberhand. Die Nacht gewann auf merkwürdige Weise an Schärfe. Wie durch ein Brennglas nahm er den Lauf von Duncans Pistole wahr.
    Langsam ließ Thomas die Luft aus seinen Lungen entweichen, er erstarrte, jede Faser seines Körpers gespannt wie der Finger am Abzugshahn. Die Zeit schien sich endlos zu dehnen, dann gab Arthur endlich das lang ersehnte Zeichen.
    Die Mündungsfeuer blitzten auf wie kleine Explosionen. Schüsse zerrissen die Nacht. Thomas fühlte etwas ganz nah an seinem Gesicht vorbeizischen, doch die Kugel traf ihn nicht.
    Auch Duncan stand noch und senkte die Waffe. Die Duellpistolen enthielten nur einen Schuss. Sie mussten nachladen und den Vorgang mit verringerter Distanz wiederholen. Duncan machte einen Schritt auf Thomas zu, dann geschah es. Arthur riss den Arm hoch. Ein dritter Schuss fiel, und der Schotte brach mit einem erschrockenen Aufschrei zusammen.
    Thomas rannte hinzu und starrte auf Duncan hinab, der sich im Gras wälzte.
    » Sie ehrloses Schwein! « , stöhnte er und presste eine Hand auf die Wunde.
    Die Kugel hatte ihn in der Hüfte erwischt. Blut quoll hervor und leuchtete selbst im Nachtdunkel. In diesem Moment waren Thomas’ Gefühle wie ausgeschaltet. Er reichte Arthur seine Pistole. » Lad nach! «
    Während sein Vertrauter Pulver und Kugel einfüllte, starrte Thomas auf Duncan hinab und bedauerte aus tiefstem Herzen, dass es nicht der ältere Fitzgerald war, der sich zu seinen Füßen krümmte.
    Schnell gab Arthur ihm die Waffe zurück.
    Der Verwundete verstand sofort. Ungläubig schaute Duncan auf, dann krachte der Schuss, und sein Augenlicht brach.

    Liam spornte seine Stute an, sobald er die gepflasterte Straße verlassen hatte. Sie streckte sich und raste halb blind los. In diesem Moment war es Liam gleich, ob sie stürzte und sich in einem Karnickelbau die Beine brach. Das Tier sah im Dunkeln besser als er, sie würde ihren Weg finden.
    Duncan, Duncan. Hoffentlich hatte er es nicht getan! Schon kamen der Bachlauf und die kleine Brücke in Sicht. Auf den Battersea Fields am südlichen Themseufer fanden oft Duelle statt. Nebel stand zwischen den Bäumen, und die Stämme verschwammen zu unheimlichen Zerrbildern.
    Ein Pferd wieherte.
    Liams Stute wurde langsamer und gab Antwort. Im nächsten Moment gebar die Nebelwand einen Braunen mit breiter Blässe, der mit erhobenem Kopf auf sie zutrabte. Cassio, das Pferd seines Bruders. Reiterlos, mit schleifenden Zügeln.
    » Duncan! «
    Keine Antwort. Liam sprang aus dem Sattel und zog, während er lief, seinen Säbel. Der Nebel umfing ihn, begleitet vom Gestank der Themse, dann kam ein anderer Geruch hinzu. Warm und metallisch– Blut.
    Liams Schritte wurden langsamer. Die Erkenntnis lähmte ihn. Er stolperte weiter, den Blick auf das wabernde Weiß fixiert, bis ein gnädiger Windstoß den Dunst zerriss.
    Ein verrenkter Körper lag im Gras, auf dem Stoff der Uniformjacke schimmerte das Mondlicht. Liams Kehle wurde eng. Eine eiserne Riesenfaust schien seinen Brustkorb zusammenzuquetschen, sein Herz schlug heftig.
    Im blonden Haar war Blut.
    Mit einem verzweifelten Stöhnen ließ er sich neben Duncans Leiche auf die Knie sinken. Der Degen fiel ins feuchte Gras. Die Welt um ihn herum schien anzuhalten.
    » Du dummer Hitzkopf, wie konntest du nur! « , klagte Liam mit rauer Stimme.
    Duncans Gesicht war aschfahl, die Augen blickten auch im Tode noch erstaunt.
    » Gib acht auf deinen kleinen Bruder. Sein Herz ist oft schneller als sein Verstand! « Liam erinnerte sich an die Worte seines Vaters, als sei es gestern gewesen. Damals vor drei Jahren hatte er

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