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Im Tal des Windes: Roman (German Edition)

Im Tal des Windes: Roman (German Edition)

Titel: Im Tal des Windes: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Maly
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hoch. Es waren merkwürdige Tiere. Eines war schwarz und fett und hatte ein Gefieder, das wie dichtes Fell aussah, ein Kiwi. Die beiden anderen waren etwas kleiner, grünlich gelb, und hatten gekrümmte Schnäbel wie Raubvögel. Ihr stieg ein seltsamer Geruch in die Nase.
    » Was riecht denn da so komisch? «
    » Die Kakapo. « Tamati hielt ihr einen der grünen Vögel hin. Und wirklich. Aus dem Gefieder stieg ein Duft von Honig und Blumen auf. Irgendwo darunter verbarg sich metallisch und dumpf Blutgeruch. Die Stelle, wo das Tier vom Pfeil getroffen war, konnte sie nicht ausmachen.
    » Schmecken die so, wie sie riechen? « Die Vorstellung erschien ihr alles andere als schmackhaft.
    Tamati schüttelte den Kopf.
    » Sie haben fettes gutes Fleisch. Hast du Hunger? «
    Er drückte ihr den Kiwi in die Hand, lehnte Bogen und Köcher gegen die Wand und ließ sich neben ihr nieder. Dann zückte er ein kleines, scharfes Messer.
    Abigail drehte den Vogel in der Hand. Der Kiwi, den Arthur vor einigen Tagen geschossen hatte, war von Tamati zubereitet worden. Jetzt konnte sie dieses merkwürdige Tier genauer betrachten. Der Schnabel war lang und schmal, und am Schnabelgrund standen hauchfeine Federn ab, beinahe wie Schnurrhaare bei einer Katze. Die Flügel waren winzige Stummel.
    Abigail setzte sich neben Tamati, griff beherzt in die Federn und wollte sie herausreißen, wie sie es schon zahllose Male bei Gänsen und Hühnern getan hatte, als der Maori blitzschnell herumfuhr und ihre Hand festhielt.
    » Nicht! «
    Abigail blieb vor Schreck der Atem stehen. Langsam löste sie die verkrampfte Hand aus den Federn, Finger für Finger.
    Die Welt war für einen Moment stehen geblieben. Tamati berührte sie immer noch und sah sie aus nächster Nähe an. Seine Hand war warm.
    Blitzschnell schüttelte sie ihn ab.
    » Warum nicht? Ich dachte, ich soll dir helfen. «
    » Wir häuten sie. Dann lasse ich dir einen Umhang aus den Federn machen. Wie diesen. « Er strich mit den Fingern über sein eigenes exotisches Kleidungsstück.
    Abigail musste lachen.
    » So was musst du mir doch vorher sagen. Du hast mich zu Tode erschreckt! «
    » Entschuldige, das war nicht meine Absicht. «
    Abigail nickte nur. Als die Stille langsam unangenehm wurde, wandte sich Tamati einem der Kakapo zu, trennte mit geübtem Griff Füße und Kopf ab und zog die Haut ab. Abigail war dankbar für die Ablenkung. Sie nahm das Tier entgegen und entfernte sich einige Schritte, um es auszunehmen.
    Was ist nur in mich gefahren, dachte sie zornig. Ihr Körper war noch immer von einer seltsamen, flackernden Wärme erfüllt, die von Tamatis Berührung herrührte.
    Dieser Maori war ein Wilder, ein barbarischer Heide, und sie entwickelte plötzlich Gefühle für ihn, wie sie sie seit Langem nicht mehr empfunden hatte!
    Das musste sie schnellstmöglich wieder abstellen, bevor sie ihr Seelenheil riskierte.
    Sie wandte sich um. Die Lampe hatte sie bei Tamati an der Scheune zurückgelassen. Nun beleuchtete der flackernde Schein den wilden Krieger. Trotz der Nachtkühle trug er noch immer seine knappe Kleidung. Den Umhang hatte er zurückgeschoben, wohl damit er bei der blutigen Arbeit nicht schmutzig wurde. Abigail konnte genau sehen, wie sich seine Muskeln unter der goldbraunen Haut bewegten, und verspürte den innigen Wunsch zu fühlen, wie stark er war.
    Sie senkte ärgerlich den Blick, ging zurück zu ihm und reichte ihm den ausgenommenen Vogel. Ohne ihn anzusehen, nahm sie den nächsten entgegen.
    Während sie sich erneut ein Stück entfernte, spürte sie seine Augen im Rücken. Er beobachtete sie, auch während er kurz darauf in der Nähe der Scheune ein Feuer entzündete.
    Sollte sie wirklich wach bleiben und bei ihm am Feuer sitzen?
    Abigail zögerte, brachte dem Hofhund ein paar Innereien und sah zu, wie er sie gierig hinunterschlang. Nachdem sie den Vogel an einen Balken gehängt und sich die Hände gewaschen hatte, trugen sie ihre Beine schließlich wie von selbst zu dem munter prasselnden Feuer.
    Tamati stocherte in den Flammen. Kein anzüglicher Blick, keine Einladung, ihm Gesellschaft zu leisten.
    Abigail zog ihren Schal fester um die Schultern und setzte sich.
    Die Nacht war voller fremder Geräusche, unheimlicher Tierlaute, Rascheln und Knistern, doch hier beim Feuer und mit Tamati als Beschützer fühlte sie sich sicher, ja sogar richtig wohl.
    Sie starrte in die Flammen, die das Holz zu brockiger Kohle zerfurchten.
    » Wo hast du so gut unsere Sprache gelernt?

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