Im Tal des Windes: Roman (German Edition)
Glühen in ihrem Unterleib zu verdrängen, kroch wie kalter Nebel heran, der das Glück verschlang, doch Tamati war schneller.
Er sah ihr einfach nur in die Augen, und plötzlich löste sich das Schamgefühl so schnell auf, wie es gekommen war. Denn dort las sie es, in seinen Augen. Für ihn war sie wirklich schön, und was zählte da noch, was sie oder andere dachten?
Er küsste Abigail und hob sie hoch. Sie schlang die Arme um seinen starken Nacken, versank in diesem Kuss. Als er sie zu seinem Lager trug, gehörte jeder Zweifel der Vergangenheit an.
Als Abigail erwachte, lag sie noch immer fest in Tamatis Arm gekuschelt. Seine Wärme hüllte sie ein, wie der Duft der Lust, die sie geteilt hatten. Sein und ihr Geruch hatten sich unumkehrbar miteinander zu diesem betörenden Duft vermischt, den sie, wenn sie aufwachte, nicht mehr missen wollte. Tamati hatte nicht geschlafen. Seine Finger malten Muster auf ihren Oberarm. Unsichtbare Linien und Spiralen in Blauschwarz.
Sie drehte sich um. Er lächelte.
» Bist du glücklich, Abigail O’Mara? «
» Ja. « Sie hatte geantwortet, bevor sie darüber nachdenken konnte.
» Dann bleib bei mir, als meine Frau. Und wenn es dir wichtig ist, kann der alte Blake auch seinen Segen über uns sprechen. «
Es verschlug ihr die Sprache. Er wollte sie heiraten? Abigail richtete sich auf, sah ihm tief in die dunkelbraunen Augen, die sie vom ersten Moment an so verzaubert hatten, und küsste ihn.
» Wann? «
Abigail wäre am liebsten den ganzen Weg zurück zur Farm getanzt. Um ihre Schultern lag ein Federumhang, ähnlich dem von Tamati, doch viel bunter und reicher geschmückt. Ein Geschenk des tohunga ta moko, des Meistertätowierers von Urupuia, an seine zukünftige Frau. Mit jedem Schritt erinnerte sie die Mischung aus Wohlgefühl und leisem Schmerz in ihrem Unterleib an die Wonne, die sie mit ihm geteilt hatte. Es war wie ein Wunder gewesen, eines, nach dem sie sich schon jetzt wieder zu sehnen begann.
Die Leichtigkeit schwand, je näher sie der kleinen Farm kam. Als sie schließlich durch die Stalltür trat und Hariata und Johanna entdeckte, kam sie sich töricht vor. Wie jemand, der in einem Märchenreich verschollen gewesen war und nun plötzlich in die Realität zurückkehrte.
Wie musste sie aussehen? Eine irische Magd mit zerzaustem roten Haar und einem grün schillernden Umhang aus Kakapo-Federn. Lächerlich!
Als sie versuchte, die Bänder zu öffnen, um Tamatis Geschenk auszuziehen, raschelten die Federn protestierend. Hariata hörte es und wandte sich um. Einen Moment war die Maori erstaunt, dann lächelte sie über das ganze Gesicht.
» Komm her und lass dich anschauen! «
Johanna richtete sich ebenfalls auf, in den Armen ein kleines Lamm, dessen Fell noch nass von der Geburt war.
Abigail ging zu ihnen und wurde von Hariata genötigt, sich zu drehen und den Umhang vorzuführen. Als sie mit rotglühenden Wangen stehen blieb, umarmte und herzte sie die Maori. » Oh, ich freue mich so für euch, ich habe ja nicht geahnt, dass du die Glückliche bist. «
» Woher wusstest du davon? «
» Der Umhang. Er hat mich gefragt, wer ihm einen solchen Umhang machen kann, für seine Braut. «
Johanna sah verständnislos von einer Frau zur anderen.
» Würde mir mal bitte jemand sagen, was hier los ist? «
» Ich heirate « , sagte Abigail leise und konnte es selbst noch gar nicht fassen. » Im Herbst heirate ich Tamati Maunga. «
Johanna bekreuzigte sich hektisch und hätte dabei beinahe das Lamm fallen lassen, das nun in ihren Armen heftig zu strampeln begann.
Nachdem sie sich von dem ersten Schreck erholt hatte, gratulierte Johanna der strahlenden jungen Frau von ganzem Herzen. Der Neid, der in ihr aufkeimte, schmälerte die mitempfundene Freude nicht. Für Abigail ging ein Traum in Erfüllung. Entgegen aller gesellschaftlichen Regeln durfte sie den Mann heiraten, dem sie ihr Herz geschenkt hatte. Und warum sollte es kein Glück zwischen einem Maori und einer Weißen geben? Alle Einwohner von Urupuia, denen Johanna bislang begegnet war, schienen herzensgute, ehrliche Menschen zu sein, die ihr weit besser gefielen als Thomas’ Arbeiter. Liam kam ihr in den Sinn, und sie schob die Erinnerung wehmütig beiseite.
» Es wird eine wunderbare Hochzeit! « , rief Hariata aus. » Die Maungas sind eine angesehene Familie, sie werden es sich nicht nehmen lassen, ein riesiges Fest zu feiern. «
Sie herzte Abigail noch einmal, die angesichts Hariatas Aussage verblüfft zu
Weitere Kostenlose Bücher