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Im Tal des Windes: Roman (German Edition)

Im Tal des Windes: Roman (German Edition)

Titel: Im Tal des Windes: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Maly
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aufzurichten, und so ließ sie es zu, dass der Mann, den sie eigentlich hassen wollte, ihr half.
    Thomas legte ihr einen Arm um die Schulter, stützte sie und hielt ihr das Glas an die Lippen.
    Johanna leerte es und seufzte.
    » Danke. «
    » Du hast drei Tage gefiebert und warst nicht ansprechbar. Was hast du dir nur dabei gedacht, in den Wald zu gehen? «
    Er sagte es ohne Vorwurf. Johanna war unsagbar verzweifelt und konnte sich die Wahrheit kaum eingestehen. Hariata hatte sie ermahnt, sich nicht anzustrengen. Auch Thomas hatte ihr das verboten und sie sogar schwören lassen, sich zu schonen. Und was hatte sie getan? War bei strömenden Regen die Hänge hinaufgeklettert, hatte sich durch dichtes Unterholz gekämpft, um ihrem Mann die Stirn zu bieten. Und das alles wegen eines verdammten Baums. Sie hatte ihr Kind getötet, um einen Götzenbaum zu retten! Welch ein Wahnsinn war in sie gefahren?
    » Es tut mir leid « , kam es ihr langsam über die Lippen. Sie fühlte sich wie eine Verräterin, als trüge sie die alleinige Schuld. » Es tut mir so schrecklich leid! «
    Thomas drückte ihre Hand. » Mir auch, Johanna. «
    » Wo ist es? «
    » Wir haben es beerdigt. Eines Tages werden wir wieder einen Sohn haben. Schon bald, und er wird in ein neues Heim geboren werden. Weit weg von dieser jämmerlichen Hütte. «
    » Es war ein Junge? «
    Thomas nickte.
    » Das sagte Abigail. «
    Johanna würgte an ihrem Schmerz. Sie selbst war schuld daran. Sie hatte ihr eigenes Kind ermordet. Sie hatte gemordet, genau wie Thomas. Nur, dass sie keinen Fremden, sondern ihr eigenes Fleisch und Blut, ihr Kind auf dem Gewissen hatte. Ihr Sohn war gestorben, weil sie sich gegen ihren Ehemann gestellt hatte, um einen Götzenbaum zu retten. Thomas hatte einen Mann erschossen, um ebendiesen Baum zu fällen.
    Ich hätte niemals mit Hariata in den Wald gehen dürfen. Niemals!, dachte Johanna bitter.
    Womöglich war es Gottes Strafe dafür, dass sie sich mit Heiden und ihren Götzen abgegeben hatte, oder war es am Ende doch das Taonga des Waldes, von dem Hariata so oft gesprochen hatte?
    War das nun die Rache des Baumgottes, weil Thomas und sie immer nur genommen hatten? Weil sie seine Seele gestohlen hatten, ohne im Gegenzug etwas zurückzugeben?
    Es wirkt immer in zwei Richtungen, hatte sie gesagt. Und wenn man nicht freiwillig gab, so rächte sich das Taonga am Ende.
    Nun lag ihr toter Sohn in der Erde. In den gierigen Armen ebenjenes Waldgeistes, den sie so lange ignoriert hatte.
    Die Erkenntnis fraß sich mit spitzen Zähnen durch ihren Leib. Die ewige Verdammnis war ihr sicher. Was würde Father Blake nur dazu sagen? Johanna nahm sich vor zu beten, jeden Tag. Nicht für sich, sondern für ihren Sohn, der nun ungetauft in heidnischer Erde lag.
    » Ich lasse dich jetzt allein, Johanna « , sagte Thomas in die Stille hinein. Er beugte sich vor und drückte ihr liebevoll einen Kuss auf die Stirn. Sein Mund war weich. Johanna wollte nicht, dass er sie berührte, aber sie wollte auch nicht, dass er sie allein ließ. Das überraschte sie.
    » Wohin willst du? «
    » Ich reite zur Baustelle. Sobald ich nach dem Rechten gesehen habe, komme ich wieder zurück. Vorher habe ich mich nicht weggewagt. «
    » Ich warte auf dich « , erwiderte sie mit brüchiger Stimme, sie drehte sich von ihm weg und grub das Gesicht in die Kissen.

    Abigail ritt, als sei der Teufel hinter ihr her. Seit diesem Morgen war Johanna wieder bei Kräften und brauchte ihre Hilfe nicht mehr so dringend.
    Wie sie sich mit ihrem Mann versöhnen konnte, war Abigail schleierhaft. Verstand sie denn nicht, dass Waters an allem die Schuld trug? Der Tod des Kindes ging auf sein Konto, und er hatte rücksichtslos gemordet. An seinen Händen klebte Blut.
    Als sie ihm an diesem Morgen in die kalten Augen gesehen hatte, stand ihr Entschluss mit einem Mal fest. Ihre Liebe zu Tamati würde sie sich von diesem Mistkerl nicht zerstören lassen. Zuerst hatte sie die Entscheidung ihres Verlobten akzeptieren wollen. Pakeha und Maori passten nicht zusammen, die Welten waren zu verschieden. Doch seit heute wollte sie kämpfen, und wenn es bedeutete, vor Tamati auf die Knie zu fallen und ihn anzuflehen, bis er verstand, dass sie keine Schuld trug.
    Zuerst war Abigail nach Urupuia geritten. Dort war er nicht. Ganz gleich, wen sie fragte, sie bekam keine Antwort. Doch so leicht gab sie nicht auf. Schließlich hatte ihr Hariata verraten, wo sie Tamati finden würde, und sie gleichzeitig gewarnt, dass

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