Im Taumel der Herzen - Roman
diese Örtlichkeiten weckten bei Julia keine schönen Erinnerungen, und der See lag ebenfalls dort hinten – und beschwor vor ihrem geistigen Auge noch schlimmere Bilder herauf.
Julia versuchte sie auszublenden und stieß stattdessen hervor: »Hast du schon mit der Suche begonnen? Ich möchte keine Sekunde länger als nötig hierbleiben.«
Als Richard daraufhin die Augen verdrehte, errötete sie, weil ihr klar wurde, wie unlogisch ihre Frage war. »Man hat noch nicht einmal unser Gepäck ins Haus gebracht«, gab er zu bedenken. »Lass mich ein paar Tage mit meinem Bruder und meinem Neffen verbringen, denn wenn wir von hier wieder weggehen, werde ich in die Karibik zurückkehren.«
»Wohin?«
»In die Karibik. Dort bin ich inzwischen zu Hause.«
»Nicht in Frankreich?« Sofort schlug sie sich gegen die Stirn. »Nein, natürlich nicht! Wie dumm von mir! Das war ja nur deine falsche Identität.«
Richard runzelte leicht die Stirn. »Wahrscheinlich hätte ich das nicht erwähnen sollen, also behalte es bitte für dich. Ich möchte nicht, dass mein Vater weiß, wo er mich finden kann, wenn das hier vorbei ist.«
»Glaubst du nicht, dass er dich fragen wird, wo du all die Jahre gewesen bist?«
»Gewiss wird er das, aber ich würde mich nicht einmal dann zu einer Antwort verpflichtet fühlen, wenn ich tatsächlich so wunderbar verliebt wäre, wie wir ihm vorgaukeln.«
Wunderbar verliebt? Was für eine seltsame Formulierung! Das klang fast, als wünschte er sich, verliebt zu sein. Dabei war er es doch, wenn auch in eine andere. Oder hatte es sich dabei nur um eine alberne Schwärmerei für eine schöne, unerreichbare Frau gehandelt? Wahrscheinlich war der abenteuerlustige, charmante Richard, den Gabrielle beschrieben hatte, genau der Typ Mann, der sich ständig aufs Neue verliebte. Dieser Gedanke gefiel Julia auch nicht besser.
»Und du?«, fragte Richard. »Was wirst du tun, wenn das hier vorbei ist?«
Sie zog eine Braue hoch. »Du hast doch gehört, wie ich mit meinem Vater darüber gesprochen habe. Ich werde mein Leben weiterleben – endlich!«
»Was meinst du damit konkret?«
»Heiraten. Kinder kriegen. Ich werde einen Mann finden, der wie gemacht für mich ist, einen Mann wie Harry Roberts.«
Abrupt blieb Richard stehen und runzelte die Stirn. »Du hast dir schon einen Ehemann ausgesucht?«
Julia musste lachen. »Harry ist der Mann meiner besten Freundin. Ich habe diesen Vergleich nur gezogen, weil er als Ehemann praktisch perfekt ist. Harry vergöttert Carol. Im Gegensatz zu vielen anderen Ehemännern behandelt er seine Frau nicht wie eine bessere Haushälterin. In ihrer Ehe heißt es auch nie: ›Du machst das so, wie ich sage, sonst …‹ Er nimmt Carols Meinung immer ernst. Die beiden schließen oft einen Kompromiss, genau wie Geschäftspartner es tun. Das trifft es eigentlich recht gut. Ob du es glaubst oder nicht, er behandelt sie wie eine gleichberechtigte Partnerin, und sie liebt ihn dafür umso mehr. Das möchte ich auch: einen Mann, mit dem ich mein Leben teilen kann, und keinen, der mir vorschreibt, wie ich es zu leben habe. Natürlich darf er auch nichts dagegen haben, dass ich mich weiterhin an der Leitung des Familiengeschäfts beteilige.«
»Das ist ganz schön viel verlangt«, meinte Richard grinsend, während sie sich wieder in Bewegung setzten. »Hast du denn in Anbetracht eures Reichtums nicht Angst, an jemanden zu geraten, der es nur auf dein Vermögen abgesehen hat und dir erzählt, was du hören möchtest, nach der Heirat jedoch andere Saiten aufzieht?«
Sie versteifte sich. »Du bist also der Meinung, der Reichtum meiner Familie sei aus Männersicht das einzig Attraktive an mir?«
»Nein, natürlich nicht, aber du solltest dir dieser Gefahr zumindest bewusst sein.«
Julia ging durch den Kopf, dass sie niemals zum Heiraten kommen würde, wenn sie das auch noch in Betracht ziehen
musste. Wie viele Männer dort draußen waren wie Richard, der sich keinen Deut um ihr Geld scherte? Es überraschte sie, dass er sie darauf nicht auch noch hinwies.
Wie schnell eine Stimmung doch umschlagen konnte! Sie war gerade im Begriff, kehrtzumachen und zum Haus zurückzukehren, und zwar vorzugsweise allein, als Richard sie warnte: »Pass auf, Jewels, an diesem Hang gibt es ein paar Stolperstellen! «
»Hör endlich auf, mir diesen scheußlichen Namen zu geben, mit dem du mich schon schikaniert hast, als wir noch Kinder waren!«, fauchte sie.
Richard ignorierte ihren giftigen Ton. Er sah
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